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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Lage, die Forderungen der Sieger zu erfüllen, wenn es seine früheren Kolonien nicht zurückbekäme. Auf noch provokativere Weise forderte er, dass auch der Korridor von Danzig zurückgegeben werden sollte, der umstrittenste Streifen Land in ganz Europa, den man Deutschland weggenommen hatte, um Polen Zugang zum Meer zu verschaffen.
    Ohne Erlaubnis, ja sogar ohne Wissen seiner eigenen Regierung hatte Schacht im Alleingang versucht, einer als rein finanzielle Verhandlung geplanten Konferenz etwas aufzuladen, was auf eine territoriale Revision des Vertrags von Versailles hinauslief. Die Entspannung zwischen Deutschland und den Alliierten, die man seit dem Rückzug aus dem Ruhrgebiet fünf Jahre zuvor auf so sorgfältige Weise erreicht hatte, beruhte auf dem Prinzip, dass Deutschland nicht versuchen würde, die politischen und territorialen Klauseln der Einigung von 1919 zu kippen. Und nun versuchte Schacht mit einem einzigen Schlag, die ganze zerbrechliche Basis des Friedens in Europa zu erschüttern.
    Es blieb immer im Dunkeln, was Schacht damit erreichen wollte. Er hatte eine Art, Dinge anzustoßen, ohne zu wissen, wo dies alles enden würde. Aber er muss gewusst haben, dass kein Teilnehmer der Young-Konferenz ermächtigt war, entscheidende Teile des Vertrags von Versailles neu zu verhandeln und dass sein Manöver daher scheitern musste. Manche dachten, er setze sich nur für die Deutschen in Szene, um nach seiner Rückkehr eine politische Karriere vorzubereiten. Andere meinten, er versuche nur eine Krise zu provozieren, um nicht beschuldigt zu werden, sich auf eine für Deutschland schlechte Vereinbarung eingelassen zu haben.
    Schachts Vorschlag wurde zunächst mit verblüfftem Schweigen aufgenommen. Nachdem die anderen Delegierten Zeit gehabt hatten, seine Forderungen zu verdauen – die er wie ein Ultimatum vorgetragen hatte –, löste sich die Verhandlungsrunde in einem Tumult auf, unter Ausrufen des Befremdens und des Zorns. Moreau war so wütend, dass er mit der Faust auf den Tisch schlug und dann in einem Tobsuchtsanfall seinen Tintenlöscher durch den Raum warf.
    Die Konferenz stand nun kurz vor dem Kollaps, und Pierre Quesnay von der Banque de France sagte einem der Amerikaner, französische Kontoinhaber würden bis Mittag am nächsten Tag 200 Millionen Dollar aus deutschen Banken abziehen. Es war unklar, ob das eine Drohung oder eine Vorhersage sein sollte. Jedenfalls begann Deutschland nun immer schneller sein Gold einzubüßen – 100 Millionen Dollar in den folgenden zehn Tagen, was die Reichsbank dazu zwang, die Zinsen auf 7,5 Prozent zu erhöhen, obwohl Deutschland tief in der Rezession steckte und zwei Millionen Arbeitslose zählte.
    Schacht interpretierte dies als erste Salve in einem Wirtschaftskrieg und beschuldigte die Banque de France, diese Geldabzüge im Geheimen organisiert zu haben, um ihn unter Druck zu setzen. Er drohte, dass er, falls die deutschen Reserven weiter schrumpfen würden, keine andere Wahl habe, als sich auf die Transferklausel des Dawes-Plans zu berufen und alle weiteren Reparationszahlungen einzustellen. Eine solche Maßnahme zu diesem Zeitpunkt hätte zu einem globalen finanziellen Zusammenbruch geführt. Deutsche Banken, Kommunen und Unternehmen schuldeten jedem Geld – den britischen Banken 500 Millionen Dollar, den französischen Banken mehrere Hundert Millionen und amerikanischen Gläubigern etwa 1,5 Milliarden Dollar. Hätte es nun die Reparationszahlungen eingestellt, dann hätte jede Finanzinstitution mit Investitionen in Deutschland versucht, so viel Geld wie möglich aus dem Land herauszuziehen. Deutschland hätte die Zinszahlungen auf sämtliche Handelskredite einstellen müssen, was einen Dominoeffekt rund um den Globus ausgelöst hätte. Die Hälfte der Londoner Banken wäre untergegangen. Großbritannien mit seinen ohnehin schon erschöpften Reserven hätte den Goldstandard verlassen müssen. Das finanzielle Chaos wäre katastrophal gewesen.
    Die Banque de France hatte in der Tat einen solchen finanziellen Erstschlag gegen Deutschland erwogen, wies diese Idee nun aber als zu riskant zurück. Moreau wollte nicht an einem weltweiten wirtschaftlichen Zusammenbruch schuld sein. Zweifellos holten einige französische Banken manche Konten tatsächlich ins Land zurück, aber das war nur kaufmännische Sorgfalt angesichts der immer schlechteren Entwicklung der Ereignisse. Derweil hatten Norman und George Harrison begonnen, Geld zur Unterstützung der Reichsbank zu

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