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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Bewegungen – seine Meetings in der New Yorker Fed, an denen sogar Staatssekretär Henry Stimson teilnahm, seine Reise nach Washington, sein Besuch im Weißen Haus, das Mittagessen mit Finanzminister Mellon – wurden bis in die kleinste Einzelheit untersucht. Er legte einen wunderbaren Auftritt hin, wobei er extra für die Reporterschar, die ihn verfolgte, besonders dick auftrug. Er sah eher wie »der Dirigent eines Orchesters aus als wie ein derart bedeutender Bankier« und wünschte ihnen »mehr Glück beim nächsten Mal«, wenn sie versuchten, ihm Aussagen über den Zweck seines Besuchs zu entlocken. Als sie ihn baten, wenigstens einen kleinen Einblick in die finanzielle Situation der Welt zu geben, veralberte er sie, indem er mit bedeutungsschwerer Stimme verkündete, dass seiner Meinung nach die kürzliche Abreise des spanischen Königs Alfonso ins Exil keine Auswirkungen auf die internationalen Finanzen haben werde. Aber trotz der zahlreichen Treffen glaubten sogar seine hingebungsvollsten Anhänger bei der Presse, hinter seiner Reise stecke weit weniger, als allgemein vermutet wurde.
    Noch vor Normans Ankunft in den USA hatte J. P. Morgan & Co., in der Regel seine wichtigste Stütze, signalisiert, man habe nicht die Absicht, eine »künstliche Agentur« oder irgendeine »Form einer internationalen Kreditorganisation« zu unterstützen. Die New Yorker Fed hatte telegrafiert, man halte den ganzen Plan für zu »visionär und inflationär.«
    Norman versuchte seine amerikanischen Gastgeber von der »sehr düsteren Situation« Europas zu überzeugen. Die einzige Hoffnung für Großbritannien sei nun eine drastische Reduzierung der Löhne. In Ost- und Mitteleuropa sei die Lage noch verzweifelter. »Russland war die größte Gefahr«, sagte er Stimson. Deutschland und Osteuropa erhielten nicht genug »Hilfe vom kapitalistischen System, um es sich leisten zu können, den Kapitalismus aufrechtzuerhalten … und während diese Länder schwankten und unschlüssig waren, wurde ihnen von Russland signalisiert, dass sie zu seinem System überwechseln sollten.« Das Schreckgespenst des Kommunismus, das später eine ganze Generation von Amerikanern dazu verleiten sollte, riesige Summen nach Europa zu transferieren, vermochte dies 1931 noch nicht.
    Die USA steckten in ihrer eigenen Depression, hatten in den 17 Jahren zuvor inklusive Kriegskrediten schon etwa 15 Milliarden Dollar für Europa bereitgestellt und wollten weitere Verstrickungen auf der anderen Seite des Atlantiks unbedingt vermeiden. Norman kam mit leeren Händen zurück. Im Mai, als Thomas Lamont nach London kam, beklagte sich Norman bei ihm, dass »die USA blind sind und keinerlei Maßnahmen ergreifen, um die Welt und den Goldstandard zu retten.«
    Für die meisten Kommentatoren wurde offensichtlich, dass der beständige Goldstrom nach Frankreich schließlich zu einem Zusammenbruch des internationalen Zahlungsmechanismus führen würde. Wie üblich stellte es Keynes am anschaulichsten dar: »Fast auf der ganzen Welt ist Gold aus dem Geldkreislauf verschwunden. Es geht nicht mehr von Hand zu Hand, und die gierigen Finger der Menschen bekommen das Metall nicht mehr zu spüren. Die kleinen Haushaltsgötter, die in Geldbörsen und Strümpfen und kleinen Blechschachteln hausten, wurden in jedem Land von einem einzigen goldenen Götzenbild verschlungen, das unter der Erde lebt und unsichtbar bleibt. Gold ist aus dem Blickfeld verschwunden – ist wieder in den Erdboden zurückgekehrt. Aber wenn die Götter nicht länger sichtbar bleiben und in ihrem gelben Prunk über die Erde wandeln, werden wir sie erklären müssen, und bald wird nichts mehr davon übrig sein.« Die Goldreserven, die das Kreditsystem der Welt stützten, vergraben in unterirdischen Gewölben – oder im Fall der Banque de France unter Wasser, weil sich ihre Tresorräume unterhalb eines unterirdischen Wasserlaufs befanden – waren für die Öffentlichkeit unsichtbar. Sie hatten eine beinahe metaphysische Existenzform angenommen. Keynes nahm an, Gold werde vielleicht an Bedeutung verlieren, da seine Nützlichkeit eine Sache der Vergangenheit war. Er verglich die Situation mit dem Übergang der Regierungsgewalt von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie. Letztlich sollte er Recht behalten, zuvor aber gab es noch schmerzliche Umwälzungen.
    Anfang 1931 begann ein ähnlich heimtückischer Lähmungsprozess auch das amerikanische Bankensystem zu befallen. Er ging vom dafür unwahrscheinlichsten

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