Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
lokalen wirtschaftlichen Situation, dass jedes Jahr etwa 500 von ihnen aufgeben mussten. Infolge der immer schwieriger werdenden Zeiten hatten in den ersten neun Monaten des Jahres 1930 700 Banken ihre Türen geschlossen. Im Oktober, zwei Monate vor der Krise der BUS, hatte die schreckliche Dürre im Mittleren Westen und im Süden zum Zusammenbruch der Investmentbank Caldwell and Company aus Tennessee geführt. Sie kontrollierte die größte Bankenkette im Süden der USA, was eine ganze Reihe weiterer Pleiten auslöste – insgesamt 120 in ganz Tennessee, Kentucky, Arkansas und North Carolina.
Nach der Schließung der BUS verhinderte die Fed mit Erfolg eine Kettenreaktion unter den lokalen Banken. Im Dezember 1930 und im Januar 1931 kam es zu einem kurzen Anstieg der Anstürme auf Banken in New York und Pennsylvania, aber die Panik legte sich schnell wieder. Dennoch markierte das Scheitern der BUS einen tief greifenden Wandel der öffentlichen Meinung Amerikas, was Banken betraf.
Erschüttert durch eine derart aufsehenerregende Pleite, wurden die Bankkunden vorsichtiger damit, wo sie ihr Geld einzahlten. Da sie nicht sagen konnten, ob eine Bank gesund war oder nicht, begannen sie ihr Geld ohne Unterscheidung aus allen Banken abzuziehen, ob diese gut waren oder schlecht. Zunächst war es nur eine leichte Tendenz – in den Monaten nach den beiden Pleiten verließen 450 Millionen Dollar das Bankensystems, weniger als ein Prozent der Gesamteinlagen.
Wegen der Funktionsweise der Banken hatten diese Geldabflüsse allerdings einen negativen Multiplikationseffekt. Um ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen ihrer eigenen Liquidität und ihren Kreditportfolios zu bewahren, mussten die Banken für jeden abgehobenen Dollar in bar drei oder vier Dollar an Krediten einziehen. Wenn ihre Kredite gekündigt wurden, zogen die Schuldner zudem ihr Geld von anderen Banken ab. Folglich weitete sich das Gerangel um Liquidität auf das gesamte System aus. In diesem Klima verspürten alle Banken das Bedürfnis, sich durch den Aufbau von Barreserven zu schützen und kündigten noch mehr Kredite. Mitte 1931 war das Volumen der Bankkredite um fast fünf Milliarden Dollar geschrumpft, was zehn Prozent der ausstehenden Kredite und Investitionen entsprach.
Abbildung 7: US-Bankkredite: 1922 bis 1936 (in Milliarden Dollar)
Zusammenbruch der Bank of United States
Nach einer ruhigen Phase im Frühling begannen im Mai der Ansturm auf die Banken erneut. In den Vorstädten von Chicago platzte eine Immobilienblase, und 30 Chicagoer Banken mit Einlagen in Höhe von 60 Millionen Dollar wurden ausgelöscht. Im Sommer breitete sich der Virus auf Toledo aus – alle großen Banken bis auf eine wurden geschlossen, und diese wurde nur gerettet, weil in letzter Minute Lastwagen der Federal Reserve Bank of Cleveland vor ihren Türen vorfuhren, die mit elf Millionen Dollar in druckfrischen neuen Banknoten beladen waren. 70 Prozent der Guthaben der Stadt waren eingefroren, der Einzelhandel kam zum Stillstand und sogar der Inverness Golf Club wurde geschlossen, wo die letzten U. S. Open stattgefunden hatten.
Innerhalb der Fed waren sich die Verantwortlichen über die Belastungen des Finanzsystems völlig im Klaren – das Horten von Geld, die wachsenden Probleme mit den Bankpleiten, die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe und die Preise, die mit einer Rate von 20 Prozent pro Jahr sanken. Aber irgendwie waren sie unfähig, alle Teile dieses Puzzles zusammenzusetzen. Im Federal Reserve Board drängte Meyer auf eine aggressivere Politik, und sogar Adolph Miller, der mit seiner natürlichen Neigung zum Widerspruch so oft in der Minderheit zu sein schien, schloss sich ihm an. Aber das Board war vom Gesetz her nicht ermächtigt, Handlungen einzuleiten.
Derweil weigerten sich die Gouverneure der verschiedenen Federal Reserve-Banken, die die Initiative hätten ergreifen können, zu handeln. Viele der problembehafteten Banken, vor allem die kleinen, waren keine Mitglieder des Federal Reserve-Systems. Nur die Hälfte der 25 000 Banken im Land hatten sich dem System angeschlossen, obwohl auf sie etwa drei Viertel aller Einlagen entfielen. Die regionalen Bankgouverneure verspürten keinerlei Verantwortung für die Banken, die keine Mitglieder waren, trotz ihrer Bedeutung für die allgemeine Kreditversorgung im Land.
Das eigentliche Problem für die Gouverneure war, dass viele der Banken, die ihre Türen schlossen – nach einer Schätzung fast
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