Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
gemeinten Schritten hin zu einer sozialen Reform, halbgaren Rezepten für eine quasi-sozialistische Industrieplanung, Regeln zum Verbraucherschutz, Wohlfahrtsprogrammen zur Unterstützung derer, die es in der Krise am schwersten getroffen hatte, höheren Löhnen für die einen, niedrigeren Löhnen für die anderen; einerseits ein Konjunkturprogramm der Regierung, andererseits ein öffentliches Sparprogramm. Nur wenige Elemente waren gut durchdacht, einige waren widersprüchlich und ein großer Teil von ihnen erwies sich als wirkungslos. Zwar waren viele der neuen Gesetze sehr lobenswert, weil sie auf die Schaffung sozialer Gerechtigkeit abzielten und den Menschen ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Sicherheit verschafften, die dergleichen bisher nicht gekannt hatten, aber sie hatten doch wenig mit einer Ankurbelung der Wirtschaft zu tun. Allerdings gab es im Anhang an den Agricultural Adjustment Act einen Schritt, der erfolgreicher war als irgendjemand es sich hätte träumen lassen. Dabei handelte es sich um die vorübergehende Abschaffung des Goldstandards und die Abwertung des Dollars.
Die Rettung der Banken war durch eine der seltsamsten Partnerschaften in der Geschichte der Wirtschaftspolitik ermöglicht worden – zwischen einem demokratischen Finanzminister und seinem republikanischen Vorgänger. Die Abwertung stellte eine der merkwürdigsten Konfrontationen in dieser Geschichte dar. Auf der einen Seite stand die Elite der Wirtschaftsberater des Präsidenten, eine brillante Gruppe junger Männer, die meisten davon neu in der Regierung, die in der Presse als die »Männer der harten Währung« bezeichnet wurden. Im Finanzministerium war es Woodins Stellvertreter, der gebildete und weltläufige 40-jährige Dean Acheson, Sohn des protestantischen Bischofs von Connecticut, Absolvent von Groton, Yale und der Harvard Law School, Schützling von Felix Frankfurter und Assistent des Richters Louis Brandeis am Obersten Gerichtshof. Obwohl er wenig über Wirtschaft wusste – und mit dem Schnurrbart eines englischen Oberst und seinen Tweedanzügen einen sehr altmodischen Eindruck machte –, hatte Acheson den Ruf eines herausragenden Unternehmensjuristen, eines Pragmatikers mit messerscharfem Verstand und dem Talent, komplexe Probleme lösen zu können.
Der Berater des Präsidenten in Währungsfragen war der 37-jährige James Warburg, ein Sohn Paul Warburgs, des Vaters des Federal Reserve-Systems. Nach dem Studium in Harvard machte der lässig-elegante Warburg eine steile Karriere im Bankwesen, wurde der jüngste Unternehmenschef an der Wall Street, fand dabei aber immer noch Zeit, seine Gedichte in Atlantic Monthly zu veröffentlichen und das Libretto für das Broadway-Musical Fine and Dandy zu schreiben. Er hatte Achesons Job als Stellvertreter des Finanzministers abgelehnt und übte seinen Einfluss lieber als Präsidentenberater ohne Gehalt und ohne Titel aus. Der Präsident nannte ihn gern das »weiße Schaf der Wall Street.«
Der kompromissloseste Vertreter einer harten Währung war aber der 38-jährige Haushaltschef Lewis W. Douglas. Er stammte aus einer Familie von Minenbesitzern in Arizona, hatte in Amberst gelehrt und saß seit 1927 im Kongress, wo er sich während der Depression für Einsparungen durch die Regierung und ausgeglichene Budgets stark gemacht hatte.
Der Sprecher der Wall Street hätte eigentlich Eugene Meyer als Leiter des Federal Reserve Board sein sollen. Allerdings war er bei der neuen Regierung völlig in Ungnade gefallen und reichte Ende März seinen Rücktritt ein. Folglich fungierte Harrison von der New Yorker Fed als wichtigste Verbindungsperson zwischen den Bankiers und dem Weißen Haus.
Jeder von Roosevelts Beratern einschließlich Harrison glaubte, nach der erfolgreichen Stabilisierung des Bankensystems könne man sich auf die traditionellen Maßnahmen verlassen – Kreditexpansion, Operationen am offenen Markt –, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Vor allem aber sah keiner von ihnen irgendeinen Grund, sich vom Goldstandard zu verabschieden.
Dieser stattlichen Menge an ökonomischem Fachwissen stand ein einziger Mann gegenüber – der Präsident selbst. Roosevelt gab nicht einmal vor, die Einzelheiten der internationalen Finanzen vollständig zu verstehen. Aber im Gegensatz zu Churchill weigerte er sich, sich von den fachlichen Aspekten des Themas auch nur im Geringsten einschüchtern zu lassen. Wenn einer seiner Berater ihm sagte, etwas sei unmöglich, antwortete
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