Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
solches Wirtschaftswachstum während der Amtszeit eines Präsidenten hatte es in Friedenszeiten noch nie gegeben. Diese Expansion war weder geradlinig noch einförmig. Das Vertrauen in die Wirtschaft war noch immer fragil, und daher verlief die Erholung nicht ohne zwischenzeitliche Unterbrechungen. Die Investitionen erholten sich nicht so stark wie der Konsum, weil sich einige politische Maßnahmen des New Deal negativ auf die Unternehmensgewinne und auf das Vertrauen in die Unternehmen auswirkten. Die Beschäftigtenzahl war von allen Wirtschaftsindikatoren derjenige, der sich am langsamsten erholte. Obwohl sich die Produktion innerhalb von vier Jahren verdoppelte, blieben die Arbeitslosenzahlen hartnäckig auf hohem Niveau. 1936 hatten immer noch zehn Millionen Menschen keinen Job. Viele von Roosevelts Maßnahmen, durch die Politik der Regierung die Preise oder die Löhne zu steigern, erhöhten die Arbeitskosten und hemmten die Erholung. Weil der vorherige Rückgang so tief war, brauchte die Wirtschaft noch weitere zehn Jahre, um ihren ehemaligen Trend wieder aufzunehmen.
Die Erholung wurde durch einen Überfluss an Geld zu niedrigen Zinssätzen gefördert, aber die Fed hatte ihre Führungsrolle eingebüßt. Wegen ihres Versagens während des Zusammenbruchs hatte sie jegliches Ansehen verloren, das sie zuvor genossen hatte.
1935 beschloss der Kongress eine Reform der Federal Reserve. Die Verfügungsgewalt für sämtliche wichtigen Entscheidungen lag nun in der Hand eines restrukturierten Verwaltungsrats, des Board of Governors. Den regionalen Federal Reserve-Banken wurde ein großer Teil ihrer Entscheidungsgewalt entzogen, die Verantwortung für die Offenmarktgeschäfte übertrug man einem zwölfköpfigen Komitee, das die sieben Gouverneure und abwechselnd fünf Chefs der regionalen Banken umfasste. Diese Chefs wurden nun Präsidenten genannt. Der Finanzminister und der Chef der Währungskommission hatten nun keinen Sitz mehr im Board, was ihm theoretisch eine noch größere Unabhängigkeit von der Regierung verlieh. Diese Maßnahmen erhöhten zwar die Effizienz der Entscheidungsfindung innerhalb der Fed, aber ironischerweise kamen sie zu einer Zeit, als es nicht viel zu entscheiden gab. 1934 hatte Marriner Eccles, ein Mormone und Bankier aus Utah, den Vorsitz des Federal Reserve Board übernommen. Eccles trug immer noch schwer an der Erfahrung, während der großen Depression eine Bank geleitet zu haben, und da die Arbeitslosigkeit immer noch hoch und das Vertrauen in die Wirtschaft schwach war, sah er die wichtigste Aufgabe der Fed darin, die Zinsen so niedrig wie möglich zu halten.
Obwohl die New Yorker Fed einen großen Teil ihres Einflusses verlor und nun vom Board in Washington dominiert wurde, tat George Harrison noch für weitere acht Jahre pflichtbewusst seinen Dienst als deren Präsident. 1941 nahm er seinen Abschied und wurde Chef der New York Life Insurance Company. Im Zweiten Weltkrieg bat ihn sein alter Freund Henry Stimson, der nun als Kriegsminister amtierte, sein spezieller Assistent für die Angelegenheiten zu werden, die mit dem Manhattan-Projekt zu tun hatten – was der Deckname für das amerikanische Atomwaffenprogramm war. Harrison diente im Interimskomitee, einer im Mai 1945 gegründeten geheimen Projektgruppe. Sie beschäftigte sich mit den Problemen des Baus einer Atombombe und deren Einsatz gegen Japan. Am 16. Juli, nach der erfolgreichen Detonation der weltweit ersten Atomwaffe in der Wüste von New Mexico, verfasste Harrison das berühmt gewordene Telegramm an Minister Stimson und Präsident Truman, die sich in Potsdam aufhielten: »Operation heute morgen. Diagnose unvollständig, aber die Ergebnisse sehen befriedigend aus und übertreffen bereits alle Erwartungen.«
Nach dem Krieg kehrte er zur New York Life Company zurück. Wie so viele Zentralbankiers heiratete er spät. Mit 53 Jahren nahm er Mrs. Alice Grayson zur Frau, die Witwe seines alten Freundes Admiral Grayson, der Woodrow Wilsons Arzt gewesen war und ihn zur Friedenskonferenz in Paris begleitet hatte. Harrison starb 1958 im Alter von 71 Jahren.
22. Die Karawanen ziehen weiter
1933 bis 1944
Wenn ein Mensch mit Gewissheiten beginnt, wird er in Zweifeln enden; wenn er sich aber damit zufrieden gibt, mit Zweifeln zu beginnen,
wird er zu Gewissheiten gelangen.
Francis Bacon
Der Weg aus der Sackgasse des Goldstandards war der Schlüssel zur wirtschaftlichen Erholung. Großbritannien vollzog ihn 1931, und die Erholung
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