Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Kampfflugzeugen von Messerschmitt – eine wacklige Maschinerie, geplagt von Mangelerscheinungen und extrem abhängig von der Rationierung rarer Konsumgüter.
Schacht, der früher so sehr an ein offenes, im Westen integriertes Deutschland geglaubt hatte, rechtfertigte sich mit dem Argument, er sei durch ein verwirrtes internationales System zu einer Politik gezwungen worden, die sich vor allem nach innen richtete: »Die ganze moderne Welt ist verrückt. Die Politik der geschlossenen nationalen Grenzen ist selbstmörderisch … jeder hier hat den Verstand verloren. Und das gilt auch für mich. Noch vor fünf Jahren hätte ich gesagt, es sei unmöglich, mich derart verrückt zu machen. Aber ich werde zur Verrücktheit gezwungen.«
Als er an die Macht kam, pflegte Schacht zu sagen, er sei bereit, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen, um die Wirtschaftskraft Deutschlands wiederherzustellen. Ende der 1930er-Jahre begann er zu befürchten, dass er exakt dies getan hatte. Er wurde nie Mitglied der Nazipartei oder des inneren Kreises um Hitler. Aber als der Machtmissbrauch des Regimes zunahm, war er immer weniger mit denjenigen einverstanden, die dieses Regime leiteten. Gegenüber anderen Nazi-Größen wie Himmler, Göring oder Goebbels hatte er immer Distanz gewahrt, hatte sie oft mit Verachtung behandelt und sich dabei auf Hitlers Protektion verlassen. Nun kam es zum offenen Konflikt mit ihnen, speziell wegen Korruption.
In Berliner Cocktailzirkeln kursierte das Gerücht, Schacht lasse die Banknoten markieren, die an die von Göring, Goebbels und Himmler geleiteten Ministerien ausgegeben wurden, was ihm zu kontrollieren erlaubte, wie viel davon auf ausländischen Konten landete. Immer öfter hörte man ihn über die Nazis als eine Bande von »Kriminellen« und »Gangstern« reden; sogar Hitler bezeichnete er als »Betrüger und Schuft«.
Schacht war sich nicht zu schade, den verbreiteten irrationalen Hass und das Misstrauen gegen die Juden auszunutzen, indem er seine Reden mit antisemitischen Bemerkungen würzte. Dennoch bekämpfte er viele der extremeren Maßnahmen der Regierung gegen die Juden; weniger wegen moralischer Bedenken, sondern eher wegen sehr pragmatischer Befürchtungen, sie könnten der Wirtschaft schaden. 1938 gehörte er zu den Architekten eines Plans, in den folgenden drei Jahren 400 000 Juden die Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen. Ihr Eigentum sollte enteignet und in eine Treuhandgesellschaft als Sicherheit für Anleihen investiert werden, die man an reiche Juden außerhalb Deutschlands verkaufen wollte. Das so aufgebrachte Geld sollte dazu verwendet werden, deutsche Juden im Ausland neu anzusiedeln und deutsche Exporte zu subventionieren – ein makabrer, verbrecherischer Plan, der letztlich nur zur Ausbeutung dieser verzweifelten Menschen dienen konnte. Er stürzte die internationale jüdische Gemeinschaft in ein Dilemma: Sollte man wirklich einem Plan zustimmen, der implizit die Enteignung jüdischen Besitzes in Deutschland und Österreich absegnete, der dem Nazi-Regime Geld zukommen ließ und einen Präzedenzfall für weitere Erpressungen anderswo in Europa schuf, der allerdings möglicherweise Menschenleben retten würde? Schacht verteidigte sich später mit der Behauptung, dieser Plan hätte Hunderttausende Menschen retten können – er schien sich absolut nicht über das damit verbundene moralische Dilemma im Klaren zu sein. Jedenfalls scheiterte der Plan aus Mangel an Geld und an Ländern, die bereit gewesen wären, die Flüchtlinge aufzunehmen.
1937 machten sich die Belastungen bemerkbar, die durch die übereilte Wiederbewaffnung und die Defizitfinanzierung ausgelöst worden waren. Die Knappheit in bestimmten Bereichen wurde schmerzlich spürbar. Schacht versuchte Hitler dazu zu bewegen, das Wiederbewaffnungsprogramm zu verlangsamen und stattdessen die Versorgung mit Konsumgütern zu fördern. Im September 1937, nach einem heftigen Streit mit Hermann Göring, wurde Schacht von Hitler als Wirtschaftsminister entlassen und durch Walter Funk ersetzt, einen homosexuellen Alkoholiker. Zwei Jahre später, als Schacht sich gegen die weitere Finanzierung des ständig wachsenden Haushaltsdefizits durch die Reichsbank wehrte, entfernte man ihn auch aus diesem Amt, wobei Funk wiederum sein Nachfolger wurde. Obwohl ihm Hitler die Stellung eines Ministers ohne Ressort einräumte, war dies größtenteils der Wirkung nach außen geschuldet. In der internationalen Bankengemeinde genoss Schacht
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