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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Zielen hin und her gerissen: der weiteren Stützung Europas und der Kontrolle der Spekulation an der Wall Street. Sie versuchte, beides zu tun und erreichte weder das eine noch das andere Ziel. Ihre Versuche zur Eindämmung der Spekulation waren zu halbherzig, um die Aktienkurse wieder auf den Boden der Realität zu holen, aber kraftvoll genug, um einen Kollaps der Kreditvergabe an Deutschland zu verursachen. Das trieb den größten Teil Mitteleuropas in die Depression und setzte im gesamten Rest der Welt deflationäre Kräfte in Gang. In der letzten Oktoberwoche 1929 platzte die Spekulationsblase schließlich, was die USA in ihre eigene Rezession stürzte. Die Blase am US-Aktienmarkt hatte somit einen Doppeleffekt. Auf dem Weg nach oben führte sie zu einer internationalen Kreditklemme, die Deutschland und andere Teile der Welt in die Rezession trieb. Und auf dem Weg nach unten erschütterte sie die amerikanische Wirtschaft.
    All die Bemühungen, den kränkelnden Goldstandard aufrechtzuerhalten, machten vielleicht eine Art finanzielle Gesundschrumpfung unvermeidlich. Es war allerdings unnötig, dass sich die Krise zu einer weltweiten Katastrophe auswuchs. Die europäischen Zentralbankiers hatten schon seit mehr als einem Jahrhundert mit Finanzkrisen zu tun gehabt. Eine wichtige Lektion hatten sie längst verinnerlicht: Während die Wirtschaft, geführt von einer unsichtbaren Hand, die meiste Zeit sehr gut funktioniert, scheint diese Hand in Zeiten der Panik ihren Halt zu verlieren. Die Märkte, vor allem die Finanzmärkte, wurden irrational und ängstlich. Um unter solchen Umständen zur Vernunft zurückzukehren und wieder eine Art Gleichgewicht herzustellen, war ein gut sichtbarer Kopf erforderlich, der die unsichtbare Hand führte. Mit anderen Worten: Führerschaft war gefragt.
    Nach 1929 fiel die Verantwortung für die Finanzen der Welt in die Hände einer Gruppe von Männern, die davon nichts verstanden, deren Vorstellungen über die Wirtschaft bestenfalls überholt und schlimmstenfalls einfach falsch waren. Strong starb 1928. Sein Nachfolger George Harrison versuchte sein Bestes, ihn gleichwertig zu ersetzen, aber er hatte weder die Persönlichkeit noch das Format, um die Kontrolle zu übernehmen. Stattdessen ging die Verantwortung innerhalb der Fed an eine Gruppe unerfahrener und schlecht informierter Opportunisten über, die glaubten, die Wirtschaft werde automatisch wieder in das richtige Fahrwasser kommen und man müsse nichts gegen die deflationären Kräfte tun, außer sie auszusitzen. Sie wurden nicht einmal der grundlegendsten Verantwortung von Zentralbankiers gerecht: als letzter Kreditgeber zu fungieren und in Zeiten der Panik das Bankensystem zu stützen.
    Norman und Schacht verstanden beide, dass ein Finanzsystem im freien Fall aktive Interventionen der Zentralbanken benötigt. Aber ihre beiden Zentralbanken, die Bank of England und die Reichsbank, litten beide unter chronischem Goldmangel und hatten daher keinen Spielraum. Trotz Normans enormen Ansehens und Schachts Kreativität waren folglich beide durch das Diktat des Goldstandards gelähmt und zur engen Zusammenarbeit mit den USA gezwungen, ungeachtet der amerikanischen Deflationspolitik.
    Als einziger Zentralbankier außerhalb der Fed verfügte Émile Moreau von der Banque de France über genügend Gold, um unabhängig handeln zu können. Aber nachdem er unversehens in eine Position der finanziellen Dominanz hineingestolpert war, schien er die neue Stärke Frankreichs eher für politische als für wirtschaftliche Zwecke einsetzen zu wollen. Und so wurden die anfangs moderaten und korrigierenden Rezessionen in den USA und in Deutschland durch schiere Dummheit und Kurzsichtigkeit zu einer weltweiten Katastrophe.
    1934 sagte Irving Fisher, Wirtschaftsprofessor in Yale, vor einem Komitee des Repräsentantenhausen aus, dass, als Strong starb »seine Politik mit ihm starb. Ich war immer der Meinung, dass wir heute in einer anderen Situation wären, wenn er noch lebte.« Er war der erste von vielen Wirtschaftswissenschaftlern und Historikern, die die Theorie vertraten, die Dinge hätten sich anders entwickelt, wenn Strong nicht gestorben wäre. Obwohl Strong für die Fehler im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung des Goldstandards und für die Politik des leichten Geldes verantwortlich war, die zur Spekulationsblase am Aktienmarkt führte, besteht kaum ein Zweifel daran, dass er Anfang 1931 entschiedener und erfolgreicher gehandelt hätte als sein

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