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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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bekanntesten Passagieren auf den Ozeanschiffen, die in der folgenden Woche ablegen würden – in der Regel waren das Beilagen zu den Gesellschaftsseiten, die sich intensiv mit Botschaftern, Filmstars und dem europäischen Adel beschäftigten.
    Die Nachricht, dass der Präsident der Bank of England in die USA reiste, führte zwangsläufig zu Gerüchten: Eine Einigung über die Kriegsschulden stand unmittelbar bevor! Oder Großbritannien würde noch in dieser Woche den Goldstandard wieder einführen! Um alle diese unbegründeten Spekulationen zu vermeiden, begann Normans Sekretär Edward Skinner Normans Schiffspassagen unter seinem Nachnamen zu buchen.
    Irgendwann wurde bei Normans Fahrten über den Atlantik aus dem einfachen alten Skinner Professor Clarence Skinner. Es gibt die Geschichte – eine von vielen –, dass bei einer dieser Reise ein Professor Clarence Skinner, Professor für angewandtes Christentum am Tufts College in Medford, Massachusetts, ebenfalls an Bord war. Er war ein bekannter Universalist, der sich öffentlich dafür eingesetzt hatte, die Statuten des Blasphemieverbots außer Kraft zu setzen. Die Reporter am West Side Pier in Manhattan, die nach einem Interviewpartner suchten, hielten Norman mit seinem professoralen Auftreten für Professor Clarence Skinner. Norman tat nichts, um diesen Irrtum aufzuklären. Auch der echte Professor, der recht amüsiert zu sein schien, tat nichts dergleichen. Der ganze Vorfall sprach Normans charakteristischen, schrulligen Sinn für das Absurde so sehr an, dass er danach immer unter dem Pseudonym Professor Clarence Skinner reiste. Im Lauf der Zeit wurde das Pseudonym von der Presse aufgedeckt. Norman machte dennoch so weiter, und Gespräche über Professor Skinner und seine Reisen wurden zu einem beliebten Scherz unter den Eingeweihten.
    Normans Abneigung gegen jegliche Art von Presseberichten über ihn und seine Versuche, seine Aktivitäten vor den Reportern zu verbergen, stachelten deren Neugier nur noch mehr an. Selbst die normalsten Ereignisse in seinem täglichen Leben wurden aufgebauscht und nährten Spekulationen. Die Ergebnisse konnten komisch und manchmal absurd sein.
    Typisch dafür war ein Vorfall im März 1923, nur wenige Tage, nachdem Frankreich das Ruhrgebiet besetzt hatte: Norman war wie üblich für einen Monat in den Urlaub nach Südfrankreich gefahren, wo er meist entweder bei seinem Halbonkel in Costabelle nahe Hyères oder im Hotel Hermitage in Nizza wohnte. Diesmal beschloss er, für ein paar Tage in Paris zu bleiben, um Gespräche mit seinen Kollegen in der Banque de France zu führen. Er versuchte nicht, aus diesem Aufenthalt ein Geheimnis zu machen und wohnte im prominenten, berühmten Hôtel Crillon an der Place de la Concorde. Weil ihn das Hotel irrtümlich als Norman Montagu registriert hatte, behaupteten die Zeitungen dennoch, er versuche sich inkognito in Paris aufzuhalten. Als man beobachtete, dass sein Kammerdiener Zugfahrkarten kaufte, und zwar nicht im Büro des Hotels, und man gehört haben wollte, dass der Diener den Hotelportier nach Zügen nach Berlin fragte, wurde in einem telegrafischen Bericht spekuliert, Norman wolle nach Deutschland reisen und auf eigene Faust verhandeln, um eine Einigung über die Reparationszahlungen zu erzielen. Die Geschichte stand in der Hälfte aller Londoner Zeitungen und wurde von vielen amerikanischen Zeitungen aufgegriffen, darunter die New York Times , die Washington Post und die Chicago Tribune .
    Winston Churchill, der Norman in den folgenden Jahren noch besser kennenlernen sollte als ihm lieb war, porträtierte ihn später so im Sunday Pictorial : »Mr. Normans Abneigung gegen Publizität in jeder Form hat ihn mit einer geheimnisvollen Aura umgeben, was dazu geführt hat, dass gewöhnliche und zufällige Geschehnisse in seinem Alltagsleben von den Kapitalmärkten dieser Welt intensiv untersucht und aufgebläht werden. … Je mehr er nach Privatheit strebt, desto bedeutender werden seine Handlungen. Er reist unter falschem Namen und wird sofort erkannt. Er bleibt in der Abgeschiedenheit seines Landhauses, und man durchsucht die USA, ob er nicht etwa dort ist. In der Tat hat sich genau dieser Prozess der Selbstauslöschung als subtilste und effektivste Form der Reklame erwiesen, was seine Abneigung noch erhöht hat. … Es ist gut möglich, dass ein wenig klarere Aussagen … seinem wirklichen Ziel mehr gedient hätten als so viel Schweigen und Vorsicht.«
    Nicht jeder war von Normans Charme

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