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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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solle die ganze Konfusion ignorieren und direkt auf den Kern der Angelegenheit zugehen – explizit anerkennen, dass Deutschland einfach nicht bezahlen konnte, was man von ihm verlangte, abzuschätzen, wie viel es bezahlen konnte und diesen Betrag dann empfehlen.
    Young war der Meinung, die einfache und direkte Methode werde nicht funktionieren. Die Gesamtsumme der Reparationen, 12,5 Milliarden Dollar, war politisch zu sehr aufgeladen, vor allem in Frankreich. Sie anzutasten würde unweigerlich zur Konfrontation führen. Die Franzosen in diesem Stadium der Verhandlungen herauszufordern, würde genau zu der Art von Gerangel führen, das schon seit drei Jahren keine Ergebnisse gebracht hatte. Young schlug vor, das Komitee solle sich stattdessen auf das sehr begrenzte, aber erreichbare Ziel konzentrieren, den Betrag, den Deutschland in nächster Zukunft zu zahlen hatte, auf ein erträglicheres Niveau zu reduzieren.
    Er argumentierte, das Komitee solle das ganze Konzept der »Zahlungsfähigkeit« fallen lassen. Diese Zahl war unmöglich zu ermitteln. Zu viele Unwägbarkeiten gingen in die Berechnung ein, darunter Fragen wie diese: Wie stark könnte man die Steuern erhöhen, ohne Massenproteste auszulösen? Wie stark könnte man die Importe begrenzen, ohne einen Zusammenbruch der Produktion zu verursachen? Wie stark könnte man die Löhne reduzieren, ohne Arbeiterunruhen zu provozieren? Niemand konnte sich auf die Antworten auf diese umfassenden Fragen einigen. Man brauchte eine ganz neue Zugangsweise zu diesem Problem.
    Er schlug ein alternatives Kriterium vor: Die Deutschen sollten ebenso hohe Steuern schultern müssen wie die Briten und die Franzosen. Großbritannien und Frankreich mussten ihre Steuereinnahmen anzapfen, um die Zinsen für ihre internen Schulden bezahlen zu können. Die Deutschen hatten daher einen natürlichen Überschuss, aus dem Reparationen zu zahlen sie sich leisten konnten. Dieses Prinzip war einfach zu quantifizieren, es würde vor dem Gerichtshof der Weltöffentlichkeit als fair gelten, und Deutschland konnte kaum etwas dagegen sagen. Es brachte »sowohl das Element der Neuheit als auch ein zu rechtfertigendes moralisches Prinzip« in die ganze Diskussion.
    Nach der Ankunft in Le Havre am 7. Januar fuhren die Amerikaner mit dem Zug nach Paris, wo sie sich im Ritz einquartierten. Am 14. Januar hielt das zehnköpfige Expertenkomitee seine erste Besprechung in den Büros der Reparationskommission ab, das im Hotel Astoria untergebracht war, einem Luxushotel aus der Belle Époque am oberen Ende der Champs-Élysées neben dem Arc de Triomphe. Vor dem Krieg war das Hotel bei reichen Einkaufstouristen beliebt gewesen. Aber seine bequeme, zentrale Lage und der wundervolle Blick auf den Arc de Triomphe verdammten es dazu, in den folgenden 30 Jahren von jeder Regierung requiriert zu werden, die gerade an der Macht war. In den deutschen Invasionsplänen von 1914 war es als Pariser Hauptquartier des Kaisers vorgesehen. Im August 1914 wurde es von den französischen Behörden geschlossen, weil man den Eigentümer verdächtigte, ein deutscher Spion zu sein. 1919 war es eines der Quartiere der 200-köpfigen britischen Delegation bei der Friedenskonferenz. 1921, als alle anderen Luxushotels vom enormen Touristenstrom profitierten, den der billige Franc nach Paris lockte, wurde das Astoria vom Reparationskomitee übernommen. 24
    Obwohl die Europäer über die technischen Details der Reparationen am meisten wussten, dominierten die Amerikaner die Verhandlungen. Dawes besaß nicht die finanzielle Expertise, das Knäuel von Ansprüchen und Gegenansprüchen zu entwirren, und er gab auch nicht vor, sie zu besitzen. Er war der Cheerleader des Komitees, sein Gesicht in der Öffentlichkeit. Er nutzte ein ausgedehntes Netzwerk von Freunden in Frankreich, das er im Krieg geknüpft hatte, um die Beziehungen zu den reizbaren Franzosen leichter zu machen. Die Presse liebte ihn. Mit seiner seltsamen Pfeife und seiner bildhaften Sprache – er nannte die deutschen Nationalisten »diese stinkenden, Aas liebenden Geier« und machte sich über Wirtschaftsexperten und ihre Meinung als einer »undurchdringlichen und kolossalen Nebelwand« lustig – machte er großen Eindruck.
    Young war das Gehirn der Operation. Zu ihm und Dawes kam noch ein dritter Amerikaner, Oberst James Logan, Strongs Mitbruder aus The Family, der 1914 erstmals nach Paris gekommen, nach dem Krieg dort geblieben und inzwischen amerikanischer Beobachter für die

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