Die Herren des Krieges
Gnade und Schonung geführt worden. Damals hätte er keine Sekunde an den Gedanken verschwendet, daß ein Mensch Sympathie für einen Urianer empfinden könnte. Aber jetzt waren sechstausend Jahre vergangen. Er schämte sich nun für seine alten Kameraden, für sich selbst und für beide Rassen. Er dachte an die Befriedigung, die er empfunden hatte, als er wußte, daß das Monster auf Uria sicher abgesetzt war.
»Aber ich bin kein Kriegsverbrecher«, sagte er schließlich. »Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinn. Ich habe zwar an einem längst vergangenen Krieg teilgenommen, aber niemand hat mich nach meiner Meinung gefragt. Ich wurde in eine Welt geboren, in der Kriegszustand herrschte. Als ich alt genug war, wurde ich eingezogen, ausgebildet und in den Kampf geschickt. Ich habe nicht versucht, mich meiner Verantwortung zu entziehen, indem ich durch die Zeit sprang. Ich wurde durch einen Unfall in die Zukunft geschleudert, einfach, weil ein Versuch fehlschlug. Ich würde gerne jedes Verhör auf mich nehmen, solange man mir persönlich nichts tut. Ich glaube, meine Geschichte würde jeden unparteiischen Richter überzeugen.«
In Antonellas Augen standen Tränen.
»Ich würde dir gerne glauben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich gelitten habe, als sie mir sagten, was du bist? Ich habe dich geliebt, seit wir uns das erste Mal begegnet sind. Ich habe geglaubt, ich hätte nie den Mut, diesen Auftrag auszuführen.«
Er faßte sie bei den Schultern und küßte sie.
Über eines war er sich jetzt sicher. Er würde sie in der Zukunft wiedersehen. Er würde sie zu einem Zeitpunkt wiedersehen, wo sie ihm noch nicht begegnet war. Irgendwie konnte er es nicht völlig verstehen, daß ihre Schicksale miteinander verbunden waren. Heute hatte er sie zum ersten Mal gesehen, aber sie hatte ihn bereits gekannt. Genau das Gegenteil würde eines Tages geschehen. Es war zwar etwas kompliziert, aber auch verrückt.
9.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. Er sagte sich, daß sie wohl so außer sich war, daß sie seine Frage nicht vorausgesehen hatte.
»Eine zentrale Behörde? Nein, die gibt es auf Uria schon seit tausend Jahren nicht mehr. Auch auf anderen fortschrittlichen Planeten gibt es das nicht. Regierungen gehören zur primitiven Phase der Menschheit. Wir haben Maschinen, die sich zum Beispiel mit der Verteilung der Güter befassen. Es gibt auch eine Polizei, aber die tut kaum etwas.«
»Was ist mit dem Sicherheitsbüro?«
»Die überwachen nur die Verbindungen. Oh … und, so glaube ich, die Erschließung neuer Planeten.«
»Wer hält denn die Verbindung zwischen Uria und dem Büro aufrecht?«
»Da gibt es einen Rat. Drei Menschen und ein Urianer.«
»Arbeitest du für diesen Rat?«
Sie schien geschockt. »Ich arbeite für niemanden! Sie baten mich, mich mit dir zu treffen, das war alles. Ich habe dich davor gewarnt, was dir geschieht, wenn du versuchst, den Planeten zu verlassen.«
»Warum hast du ihre Bitte erfüllt?«
»Weil du deine Persönlichkeit verlieren würdest, wenn du versuchst, Uria zu verlassen. Deine Zukunft würde sich ändern, und wir würden uns nie mehr sehen.« Ihre Lippen bebten.
»Das ist ein persönlicher Grund«, meinte Corson, »aber warum ist der Rat an mir interessiert?«
»Das hat man mir nicht gesagt. Ich glaube, sie denken Uria brauche deine Hilfe. Sie fürchten, daß eine Gefahr den Planeten bedroht, und sie sind überzeugt, daß nur du diese Gefahr abwenden kannst. Warum weiß ich auch nicht.«
»Ich kann es mir schon denken«, meinte Corson. »Kannst du mich zum Rat bringen?«
Antonella schien über diese Frage bestürzt zu sein.
»Das wäre ziemlich schwierig«, sagte sie. »Sie leben dreihundert Jahre in der Zukunft. Ich selbst habe keine Mittel, um eine Zeitreise zu machen.«
10.
Corson brach plötzlich das Schweigen, das Antonellas Ausführungen gefolgt war.
»Willst du mir damit sagen, daß du drei Jahrhunderte aus der Zukunft kommst?«
Sie nickte.
»Und welche Aufgabe hat dieser Rat für mich geplant?«
Sie schüttelte den Kopf, daß ihr das Haar um die Schultern flog. »Das weiß ich nicht. Sie wollen einfach, daß du auf diesem Planeten bleibst.«
»Ich kann also die Gefahr abwenden, indem ich hier herumlungere?«
»So ähnlich wird es sein.«
»Schön. Und im Augenblick übt niemand auf diesem Planeten irgendeine verantwortliche Tätigkeit aus?«
»Nein. Der Rat überwacht etwa einen Zeitraum von siebenhundert Jahren. Das ist nicht
Weitere Kostenlose Bücher