Die Herren des Nordens
die schmutzigen Gesichter schweifen und suchte
nach einem Zeichen der Unsicherheit, das die Götter gegen uns aufbringen könnte, und mit einem Mal stellte ich fest, dass
wir nicht zu zwölft waren, sondern zu dreizehnt. Der dreizehnte Mann hielt seinen Kopf gesenkt, sodass ich sein Gesicht nicht
erkennen konnte, also stieß ich meinen Speer gegen seinen Stiefel, und er sah zu mir auf.
Sie sah zu mir auf. Es war Gisela.
Ihr Blick war trotzig und bittend zugleich, und ich war entsetzt. Es gibt keine unheilvollere Zahl als die Dreizehn. Denn
einst gab es in Walhalla ein Fest für zwölf Götter, aber der listenreiche Gott Loki kam, ohne eingeladen zu sein, und er spielte
den anderen bösartige Streiche, und er stiftete den blinden Hoder dazu an, einen Mistelzweig nach seinem Bruder Baldur zu
werfen. Baldur war der beste Gott von allen, der gute Gott, aber er konnte durch einen Mistelzweig sterben. Und so warf sein
blinder Bruder den Zweig, und Baldur starb, und Loki lachte, und seit jener Zeit wissen wir, dass die Dreizehn Unheil bringt.
Dreizehn Vögel am Himmel sind ein Unglückszeichen, dreizehn Kiesel in einem Kochtopf vergiften jegliche Speise in dem Topf,
und dreizehn Esser an einer Tafel heißt, den Tod an seinen Tisch zu laden. Dreizehn Speere gegen eine Festung konnte nur unsere
Niederlage bedeuten. Sogar die Christen wissen, dass die Dreizehn Pech bringt. Pater Beocca hat mir erklärt, es käme daher,
dass beim letzten Abendmahl Christi dreizehn Männer am Tisch saßen, und |411| der dreizehnte war Judas. Deshalb starrte ich Gisela nur voller Entsetzen an, und damit sie verstand, was sie getan hatte,
legte ich meinen Speer weg und hob zehn Finger, dann zwei, und dann deutete ich auf sie und hob einen weiteren Finger. Sie
schüttelte den Kopf, als wolle sie nicht hinnehmen, was ich ihr mitteilte, doch ich deutete ein zweites Mal auf sie und dann
auf den Boden, damit sie verstand, dass sie bleiben musste, wo sie war. Es würden zwölf nach Dunholm gehen, nicht dreizehn.
«Wenn das Neugeborene nicht trinken will», sagte eine der Frauen hinter der Palisade, «dann reib seine Lippen mit Schlüsselblumensaft
ein. Das hilft immer.»
«Und deine Brustwarzen kannst du auch damit einreiben», sagte eine andere Stimme.
«Und seinen Rücken kannst du mit einer Paste aus Asche und Honig beschmieren», riet eine dritte Frau.
«Noch zwei Kübel», sagte die erste Stimme, «dann kommen wir endlich aus diesem Regen heraus.»
Es war Zeit zu gehen. Ich deutete erneut auf Gisela und bedeutete ihr mit wütenden Gesten noch einmal, dass sie bleiben musste,
wo sie war, dann nahm ich meinen Speer in die linke Hand und zog Schlangenhauch. Ich küsste die Klinge und richtete mich auf.
Es fühlte sich fast unnatürlich an, wieder aufrecht zu stehen, sich im Tageslicht zu bewegen und um die Brunnenpalisade herumzugehen.
Ich fühlte mich nackt und schutzlos unter dem Festungswall und wartete auf den Ruf eines aufmerksamen Wächters, doch er kam
nicht. Vor mir, gar nicht weit, war das Tor, und es stand kein Wächter in dem geöffneten Durchlass. Sihtric eilte zu meiner
Linken entlang. Der Weg bestand aus nacktem Stein, er war nass und schlüpfrig. Ich hörte eine der Frauen hinter uns aufkeuchen,
doch immer noch erklang kein Warnruf vom Festungswall, dann war ich |412| durch das Tor, und ich entdeckte einen Mann zu meiner Rechten, und ich schwang Schlangenhauch herum, und mein Schwert fuhr
in seine Kehle, und ich zog es zurück, und das Blut schoss hellrot in das graue Morgenlicht. Er fiel rücklings gegen den Wall,
und ich trieb meinen Speer in seine zerfetzte Kehle. Ein zweiter Torwächter sah mich von etwa zehn Schritt Entfernung beim
Töten. Sein Harnisch bestand aus der langen Lederschürze eines Schmiedes, und seine Waffe war eine Holzfälleraxt, doch er
war unfähig, sie zu heben. Reines Erstaunen malte sich auf seinem Gesicht, und er rührte sich auch nicht, als Finan auf ihn
zukam. Dann wurden seine Augen noch größer, er verstand, in welcher Gefahr er schwebte, drehte sich um und wollte flüchten,
doch Finans Speer brachte ihn zum Stolpern, und dann stand der Ire über ihm und stieß ihm sein Schwert ins Rückgrat. Ich hielt
die Hand hoch, damit alle ruhig blieben. Wir warteten. Kein Feindesruf ertönte. Regen tropfte aus den Strohdächern. Ich zählte
meine Männer und kam auf zehn, dann trat Steapa durch das Tor und zog es hinter sich zu. Wir waren zwölf und
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