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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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verschwindet ihr. Alle! Zieht euch hinter das Dorf zurück, und ich lasse ihn frei.
     Eure Gefangenen lasst ihr hier.» Sie starrten mich bloß an, und da ließ ich Schlangenhauchs Klinge noch einmal zucken, sodass
     Sven erneut aufheulte. «Verschwindet!», brüllte ich.
    Sie gingen, schnell und voller Angst. Bolti betrachtete seine geliebten Töchter mit Scheu. Ich sagte jedem der Mädchen, dass
     sie ihre Sache gut gemacht hatten, und hieß sie, eine Handvoll Münzen vom Tisch mitzunehmen. Dann gingen sie zurück zu ihrer
     Mutter, Silber in der einen und ein blutiges Schwert in der anderen Hand. «Das sind gute Mädchen», sagte ich zu Bolti, und
     er erwiderte nichts, beeilte sich aber, ihnen zu folgen.
    «Ich konnte ihn nicht töten», sagte Hild. Sie schien sich ihrer Überempfindsamkeit zu schämen.
    «Das ist nicht wichtig», sagte ich. Ich drückte mein Schwert an Svens Kehle, bis ich sicher war, dass sich alle seine Männer
     ein gutes Stück ostwärts zurückgezogen hatten. Ihre Gefangenen, die meisten waren heranwachsende Jungen und Mädchen, blieben
     im Dorf, doch niemand von ihnen wagte sich in meine Nähe.
    In diesem Moment kam ich in Versuchung, Sven alles zu erzählen, ihn wissen zu lassen, dass er von seinem alten Feind erneut
     gedemütigt worden war, doch dann schien mir die Geschichte von Thorkild dem Leprösen zu gut, |62| um sie einfach an ihn zu vergeuden. Ich war auch versucht, ihn nach Thyra, Ragnars Schwester, zu fragen, doch ich fürchtete,
     falls sie noch lebte und ich Interesse an ihr zeigte, wären ihre Tage gezählt. Also erwähnte ich sie nicht. Stattdessen packte
     ich Svens Schopf und zerrte seinen Kopf zurück, sodass er mich ansehen musste. «Ich bin auf diese Mittelerde gekommen», sagte
     ich zu ihm, «um dich und deinen Vater zu töten. Ich werde dich wiederfinden, Sven Kjartanson, und das nächste Mal werde ich
     dich umbringen. Ich bin Thorkild, und ich wandere durch die Finsternis, und keiner kann mich töten, weil ich schon eine Leiche
     bin. Richte also deinem Vater meine Grüße aus und erzähle ihm, dass der Totenkrieger mit dem Schwert nach ihm ausgesandt wurde
     und dass wir alle drei auf
Skidbladnir
zurück nach Niflheim segeln werden.» Niflheim war das grässliche Reich der Finsternis, in dem die unehrenhaften Toten endeten,
     und
Skidbladnir
war das Götterschiff, das zusammengefaltet und in einem Beutel verborgen werden konnte. Dann ließ ich Sven los und trat ihn
     so fest in den Rücken, dass er aufs Gesicht fiel. Er hätte wegkriechen können, doch er wagte nicht, sich zu rühren. Er war
     genauso gut wie ein geprügelter Hund, und obwohl ich ihn immer noch gerne umgebracht hätte, glaubte ich, es sei noch besser,
     ihn meine unheimliche Geschichte seinem Vater überbringen zu lassen. Kjartan würde mit Sicherheit erfahren, dass Uhtred von
     Bebbanburg in Eoferwic gesehen worden war, aber er würde auch von dem Totenkrieger hören, der gekommen war, um ihn zu töten,
     und ich wollte, dass ihn die schrecklichsten Träume plagten.
    Sven bewegte sich auch nicht, als ich mich zu seinem Gürtel hinabbeugte und ihn um seinen schweren Münzbeutel erleichterte.
     Dann streifte ich ihm die silbernen |63| Ringe von den Armen. Hild schnitt ein Stück von Gelgills Umhang ab und knotete es zu einem Beutel, in den wir die Münzen aus
     dem Holzkasten des Sklavenhändlers schütteten. Ich gab ihr den Helm meines Vaters in die Hand und schwang mich wieder in Witneres
     Sattel. Dann klopfte ich ihm den Hals, und er warf seinen Kopf mit einer prächtigen Bewegung zurück, als verstünde er, wie
     gut er sich an diesem Tag als Kampfhengst bewährt hatte.
    Gerade wollte ich davonreiten, da wurde dieser eigenartige Tag noch sonderbarer. Einige der Gefangenen, als glaubten sie jetzt
     erst, dass sie wahrhaftig frei waren, rannten in die Richtung der Brücke, während andere so verwirrt oder verloren oder verzweifelt
     waren, dass sie den bewaffneten Männern ostwärts gefolgt waren. Dann waren mit einem Mal psalmodierende Mönche zu hören, und
     aus einem der niedrigen torfgedeckten Häuser, das ihr Gefängnis gewesen war, tauchte eine Prozession Geistlicher auf. Es waren
     sieben an der Zahl, und sie hatten an diesem Tag das unfassbarste Glück gehabt, denn wie ich feststellte, war Kjartan der
     Grausame wirklich ein Christenhasser, und er tötete jeden Priester und jeden Mönch, dessen er habhaft wurde. Diese sieben
     entkamen ihm nun. Bei ihnen befand sich ein junger Mann in

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