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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Händlern wie dem, den du umgebracht hast. Oder wir fangen sie selbst.»
    «Behaltet ihr sie in Dunholm?»
    Tekil schüttelte den Kopf. «Dorthin werden nur die jungen Mädchen geschickt, die anderen kommen nach Gyruum. Wir haben zwei
     Mannschaften in Gyruum.» Das ergab Sinn. Ich war zuvor schon einmal in Gyruum. An diesem Ort hatte früher ein berühmtes Kloster
     gestanden, bevor es von Ragnar dem Älteren zerstört worden war. Die Stadt war klein und lag am Südufer des Tine in der Nähe
     des Meeres, sodass sich der Ort sehr gut dazu eignete, Sklaven zu verschiffen. Auf einer Landzunge, die zu Gyruum gehörte,
     lag eine alte Römerfestung, aber diese Festung war viel schwerer zu verteidigen als Dunholm. Allerdings spielte das kaum eine
     Rolle, denn falls sich ein Angriff abzeichnete, konnte die Mannschaft von Gyruum leicht mitsamt den Sklaven nach Süden ziehen
     und sich in der wesentlich stärkeren Festung von Dunholm verschanzen. «Und Dunholm», sagte Tekil, «kann nicht bezwungen werden.»
    «Nein?», fragte ich ungläubig.
    «Ich habe Durst», sagte Tekil.
    «Rypere!», rief ich. «Ich weiß, dass ihr da draußen seid! Bringt Bier!»
    Ich gab Tekil einen Humpen Bier, etwas Brot und kaltes Ziegenfleisch, und beim Essen sprach er von Dunholm und versicherte
     mir, es sei wirklich uneinnehmbar.
    «Wenn die Streitmacht groß genug ist, kann man es besetzen», sagte ich.
    Er lachte spöttisch auf. «Die einzige Möglichkeit ist, von Norden zu kommen», sagte er, «und der Zugang ist eng und steil,
     deshalb kannst du auch mit dem größten Heer |128| der Welt immer nur ein paar Mann gleichzeitig gegen die Verteidiger führen.»
    «Hat es schon mal jemand versucht?»
    «Ivarr ist gekommen, hat uns vier Tage lang in Augenschein genommen und ist wieder abgezogen. Davor war Graf Ragnars Sohn
     da, und er ist noch kürzer geblieben. Man könnte die Festung aushungern, nehme ich an, aber das dauert ein Jahr, und wer kann
     sich schon die Verpflegung einer Belagerungstruppe über ein ganzes Jahr hinweg leisten?» Er schüttelte den Kopf. «Dunholm
     ist wie Bebbanburg. Uneinnehmbar.»
    Und dennoch sollte mich mein Schicksal an diese beiden Orte führen. Ich dachte schweigend nach, bis Tekil die schweren Ketten
     hochhob, als wolle er feststellen, ob er sie zerreißen könne. Er konnte es nicht. «Und jetzt sage mir, wie ich sterben werde.»
    «Ich habe noch eine Frage.»
    Er zuckte mit den Schultern. «Dann frage.»
    «Thyra Ragnarsdottir.»
    Er war überrascht und blieb einen Moment stumm, dann ging ihm auf, dass ich Thyra natürlich als Kind gekannt haben musste.
     «Die liebliche Thyra», sagte er höhnisch.
    «Lebt sie noch?»
    «Sie war von Anfang an als Svens Frau vorgesehen», sagte Tekil.
    «Und ist sie es geworden?»
    Er lachte. «Er hat sie auf sein Lager gezwungen, was glaubst du denn? Aber inzwischen rührt er sie nicht mehr an. Sie ängstigte
     ihn. Also ist sie eingesperrt worden, und Kjartan lässt sich ihre Träume erzählen.»
    «Ihre Träume?»
    «Die Götter sprechen durch sie. Das glaubt jedenfalls Kjartan.»
    |129| «Und was glaubst du?»
    «Ich glaube, das Weib ist verrückt.»
    Ich starrte ihn durch die Flammen hindurch an. «Aber sie lebt?»
    «Wenn man das leben nennen kann», sagte er trocken.
    «Verrückt?»
    «Sie verletzt sich selbst», sagte Tekil und zog seine rechte Handkante über den linken Arm. «Sie jammert, ritzt sich das Fleisch
     auf und spricht Verwünschungen aus. Kjartan fürchtet sich vor ihr.»
    «Und Sven?»
    Tekil zog ein Gesicht. «Er fürchtet sich noch mehr vor ihr. Er will ihren Tod.»
    «Und warum ist sie dann nicht tot?»
    «Weil ihr die Hunde nichts tun», sagte Tekil, «und weil Kjartan glaubt, dass sie in die Zukunft schauen kann. Sie hat ihm
     gesagt, der Totenkrieger mit dem Schwert würde ihn umbringen, und er hat ihr halb geglaubt.»
    «Der Totenkrieger mit dem Schwert wird Kjartan umbringen», sagte ich, «und morgen werde ich dich umbringen.»
    Er nahm sein Schicksal an. «Haselruten?»
    «Ja.»
    «Und ich habe ein Schwert in der Hand?»
    «In beiden Händen, wenn du willst», sagte ich, «weil dich der Totenkrieger mit dem Schwert so oder so umbringen wird.»
    Er nickte, dann schloss er die Augen und lehnte sich wieder mit dem Rücken an die Wand. «Sihtric», erklärte er mir, «ist Kjartans
     Sohn.»
    Sihtric war der Junge, den ich mit Tekil gefangen hatte. «Er ist Svens Bruder?», fragte ich.
    «Sein Halbbruder. Sihtrics Mutter war ein sächsisches

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