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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Stirn,
     doch er erhob keinen Einspruch. Guthreds Verständnis von seiner neuen Religion war noch etwas grob, aber größtenteils sagte
     er das, was Eadred hören wollte. «Und wir werden ein Königreich der Gerechtigkeit haben!», sprach Guthred sehr laut weiter.
     «Ein Königreich, in dem jeder Mann Gott und dem König vertraut, aber in dem nicht jeder Mann denselben Gott verehrt.» Nun
     hörten ihm alle zu, und zwar mit voller Aufmerksamkeit. Jænberht und Ida wollten bei Guthreds letzter Bemerkung aufbegehren,
     doch Guthred redete weiter. «Und ich werde nicht der König eines Landes sein, in dem manchen Männern die Gebräuche anderer
     Männer aufgezwungen werden, und es gehört zu den Gebräuchen dieser Männer», er deutete auf Tekil und seine Gefährten, «mit
     einem Schwert in der Hand zu sterben, und deshalb sei es so. Und Gott sei ihren Seelen gnädig.»
    |133| Kein Laut war zu hören. Dann wandte sich Guthred zu Eadred um und senkte seine Stimme. «Hier gibt es Leute», sagte er auf
     Englisch, «die glauben, wir können die Dänen nicht im Kampf besiegen. Also sollen sie es jetzt sehen.»
    Eadred erstarrte und zwang sich dann zu einem Nicken. «Wie Ihr befehlt, Herr König», sagte er.
    Also wurden die Haselzweige geholt.
    Die Dänen kennen die Regeln dieses Kampfes, der innerhalb eines Feldes ausgetragen wird, dessen Ausmaße entlaubte Haselruten
     anzeigen. Bei diesem Kampf überlebt nur einer der beiden Gegner, und wenn einer der Männer aus dem angezeigten Bereich flieht,
     darf ihn jeder töten. Dann ist er zu einem Nichts geworden. Guthred wollte selbst gegen Tekil antreten, aber ich spürte, dass
     er diesen Vorschlag nur machte, weil er von ihm erwartet wurde, und Guthred in Wahrheit nicht gegen einen erfahrenen Krieger
     kämpfen wollte. Und außerdem war ich nicht in der Stimmung, mir etwas abschlagen zu lassen. «Ich übernehme sie alle», bestimmte
     ich, und er widersprach nicht.
    Heute bin ich alt. So alt. Manchmal vergesse ich sogar, wie alt, aber es muss wohl achtzig Jahre her sein, dass meine Mutter
     bei meiner Geburt gestorben ist, und nur wenige Männer leben so lange, und nur wenige, die im Schildwall kämpfen, leben halb
     so lange. Ich bemerke die Blicke der Leute, die jederzeit mit meinem Tod rechnen, und ich werde ihre Erwartungen bestimmt
     bald erfüllen. Sie senken ihre Stimme, wenn sie mir näher kommen, weil sie mich nicht stören wollen, und das ist ein Ärgernis,
     denn ich höre nicht mehr so gut wie früher, und ich sehe auch nicht mehr so gut wie früher, und ich muss die ganze Nacht pissen,
     und meine Knochen sind steif, und meine alten Narben schmerzen, und jeden Abend, wenn ich mich hinlege, überprüfe ich, dass
     ich Schlangenhauch oder ein |134| anderes meiner Schwerter neben mir habe, sodass ich den Griff packen kann, wenn der Tod mich holen kommt. Und in der Nacht,
     wenn ich den Wellen zuhöre, die schäumend auf den Strand rollen, und dem Wind, der das Strohdach zaust, erinnere ich mich
     daran, wie es war, jung zu sein und groß und stark und schnell. Und überheblich.
    Denn das alles war ich. Ich war Uhtred, der Bezwinger Ubbas, und 878, dem Jahr, in dem Alfred Guthrum besiegte, und dem Jahr,
     in dem Guthred den Thron Northumbriens bestieg, war ich gerade einundzwanzig, und mein Name war überall bekannt, wo Schwerterklingen
     gewetzt wurden. Ich war ein Krieger. Ein Schwertkrieger, und ich war stolz darauf. Tekil wusste das. Er war gut. Er hatte
     in vielen Schlachten gekämpft, aber als er über die Haselruten trat, wusste er dennoch, dass er ein toter Mann war.
    Ich will nicht behaupten, ich wäre nicht aufgeregt gewesen. Männer haben mich auf den Schlachtfeldern ganz Britanniens kämpfen
     sehen und sich gefragt, ob ich keine Angst kenne, aber natürlich kannte ich die Angst. Wir alle kennen die Angst. Wie ein
     Tier kriecht sie in dir herum, schlägt ihre Krallen in deine Eingeweide, schwächt deine Muskeln, will die Herrschaft über
     deine Därme bekommen und versucht, dich zum Zittern und zum Jammern zu bringen. Aber die Angst muss beiseitegeschoben werden,
     und dann muss sich das Handwerk des Kämpfens entfalten, und Wildheit durchrauscht dich, und obwohl viele Männer versucht haben,
     mich zu töten, um damit prahlen zu können, Uhtred getötet zu haben, hat mich diese Wildheit bis jetzt überleben lassen. Und
     inzwischen denke ich, bin ich zu alt, um im Kampf zu sterben, und stattdessen werde ich mich ins Nichts hinübersabbern. Wird
    

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