Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Das möchte ich noch ein wenig nutzen.«
»Wollt Ihr es nicht einmal versuchen? So zur Probe für ein Jahr? Der Anfang wird wohl ein wenig schwer werden. Neue Umgebung, neue Herren. Ich weiß, dass das jetzt überraschend kommt. Ihr sollt Euch das natürlich gründlich überlegen. Ich gebe Euch einen Monat Zeit zum Nachdenken. Wie findet Ihr den Vorschlag?«
Warum sollte Ludolf in diese Gegend hier ziehen? Ihn war es bisher noch nicht in den Sinn gekommen, Amtmann oder Ähnliches zu werden. Als Professor an einer Universität zu arbeiten, war sein Traum. Nur leider hatte er bisher von keiner gehört, an der es einen Lehrstuhl für die Wissenschaften der Natur gab.
»Ich weiß noch nicht so recht, verehrter Bischof. Ich nehme die Bedenkzeit an. Ich würde Euch dann in der ersten Woche des Oktobers Bescheid geben.«
»Ich würde mich freuen, wenn Ihr Euch dazu durchringen könntet, meinem Bruder und mir zu dienen. Ach übrigens: Habt Ihr eine Verlobte, die Ihr dann als Eheweib mitbringen würdet?«
»Mein Vater will, dass ich die Tochter eines anderen Verwalters heirate.«
Agnes schlug das Herz bis zum Hals. Dabei konnte es ihr egal sein, wen Ludolf heiraten sollte. Denn sie wusste, dass er und sie niemals zueinanderkommen konnten. Dies war die schlimmste Art, jemanden zu vermissen: Du stehst neben ihm und weißt, dass er nie zu dir gehören wird. Es tat so weh.
Ludolf sah Agnes an. Auch er litt, aber er wusste, dass Agnes ihr einmal gegebenes Wort niemals brechen konnte und wollte. Das hätte sie sich nie verziehen. So beugte er sich aus Liebe zu ihr ihrem Wunsch.
Schließlich durchbrach Agnes die Stille, wohl mehr, um das Thema zu wechseln. »Euer Gnaden, versteht Ihr den Kustos? Ich kann immer noch nicht glauben, warum er gemordet hat.«
»Der menschliche Geist ist oft genug nicht zu ergründen. Es kommt so vieles zusammen, was einen Menschen ausmacht. Wie man veranlagt ist, wie man erzogen wurde, was man erlebt hat.«
»Was Caspar wollte, war eigentlich gut. Natürlich gebührt der Kirche die ihr zustehende Ehre. Aber sein Weg war falsch. Er ist zu weit gegangen. Der Mord war nicht zu rechtfertigen. Warum hat er es dann getan? Er war klug, hat eine gute Ausbildung genossen.«
»Er glaubte, er sei das Werkzeug des Schicksals. Er sei von Gott beauftragt worden.«
»Gott ist ein Gott der Liebe. Er kann unmöglich wollen, dass eine unschuldige Frau erschlagen wird.«
»Agnes, erinnert Euch an das, was der Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer schrieb:
Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, aber nicht gemäß genauer Erkenntnis; denn weil sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten, sondern ihre eigene aufzurichten suchten, unterwarfen sie sich nicht der Gerechtigkeit Gottes
. Er verstand einfach das achte Gebot falsch: non furtum facies – Du sollst nicht stehlen.«
Um diese Zusammenkunft nun zum endgültigen Ende zu bringen, bestimmte Otto, dass die beiden sich das Geld, das er ihnen durch die Cousine hatte geben lassen, teilen sollten. Für ihre Mühen und als Belohnung für ihren Erfolg. Sie bedankten sich herzlich. Er wünschte ihnen eine gute Heimreise, und trug ihnen Grüße an die Äbtissin Heilwig von Solms und an ihre jeweiligen Eltern auf.
Im Hinausgehen fragte der Bischof noch einmal Ludolf: »Das mit dem Amtmann: Ich erwarte Eure Antwort. Ich hoffe, Ihr überlegt Euch das noch.«
»Ihr werdet es bestimmt als Erster erfahren.«
Der Bischof lächelte und schaute den beiden nach.
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