Die Herren von Buchhorn
Wut und Entschlossenheit. Obwohl seine beiden Gegner jünger waren als er, schien der Ausgang des Kampfes offensichtlich.
»Such den Bogenschützen. Töte ihn! Keine Gefangenen!«, keuchte Udalrich rau, ohne die Aufmerksamkeit von dem Kampfgeschehen zu nehmen. Sein Schwert sauste nieder.
Gerald wandte sich ab und floh in den Wald. Er musste nicht lange suchen, der Mann hatte sich hinter einen Baum geduckt und beobachtete von dort aus den Kampf. Als er Gerald sah, begann er zu zittern. Am liebsten hätte der junge Mann den feigen Kerl angespuckt. Wortlos hob er den Dolch. Der Mann sank auf die Knie. »Bitte, ich … ich hab nichts getan.«
»Meine Eltern waren also nichts?« Geralds Stimme war tonlos.
»Ich war das nicht. Ich … ich …« Ein dünnes Rinnsal aus Blut floss aus seinem Mundwinkel. Er starrte auf den Dolchgriff in seiner Brust, dann kippte er lautlos ins Laub.
Gerald presste die Hand vor den Mund und würgte. Im nächsten Augenblick fühlte er, wie er an der Schulter gepackt wurde. Wieder umgab ihn der Geruch von Schweiß und Rauch, aber er empfand ihn nicht mehr als bedrohlich. Müde sah er in die hellen Augen seines Onkels. »Du bist doch ihr Sohn. Willkommen, Neffe.«
Sekundenlang lehnte Gerald sich kraftlos an die Schulter des alten Mannes, dann machte er sich los. Auf der Lichtung sah er Udalrich, der schwer atmend auf dem Boden hockte. Er hob den Kopf und nickte Gerald zu. »Du hast tapfer gekämpft.«
»Ich … ich …«
»Dein erstes Mal? Das geht vorbei. Leider, aber es ist notwendig.« Er beugte sich über die beiden Männer, die er getötet hatte. »Kennst du die?«
»Ich weiß nicht genau.« Gerald kam näher. Er musste sich zwingen, in die gebrochenen Augen zu blicken. Er war froh, dass Sigurds Opfer ein Stück entfernt lag. »Es könnten die Männer des Junkers sein.«
»Ludowig?«
»Ja, Herr.«
Der Graf murmelte einen Fluch, den Gerald nicht verstand, und versetzte einem der beiden Toten einen Tritt. Dann richtete er sich auf. »Und ich kenne dich«, sagte er hart. »Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, woher du mir bekannt vorkommst, aber als ich dich habe kämpfen sehen, ist es mir eingefallen. Du warst damals siebzehn oder achtzehn.«
Gerald befeuchtete die Lippen mit der Zunge. »Sechzehn«, flüsterte er.
»Egal, alt genug, um mir in den Krieg zu folgen.« Udalrich hob sein Schwert und zeigte mit der Spitze der Klinge auf Geralds Hals. »Du hast mir die Waffentreue verweigert, die dein Vater mir geschworen hat. Dafür könnte ich dich auf der Stelle töten. Du bist davongelaufen.«
»Ja, Herr.«
»Ist das alles, was du zu sagen hast? Ja, Herr?«
»Es gibt nicht mehr zu sagen. Ich bin weggelaufen. Ihr könnt mich töten.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe das akzeptiert, als ich dem Fürstbischof geschworen habe, Euch zu suchen.«
Udalrich musterte ihn sekundenlang, ohne sich zu regen. Plötzlich senkte er mit einem Ruck das Schwert. »Sechs Jahre in der Gefangenschaft machen härter, aber auch milder. Ich verdanke dir vielleicht mein Leben, daher mag die Vergangenheit vergessen sein. Auch wenn du deinem Vater großen Kummer bereitet hast. Bist du vor ihm geflohen oder vor mir? Nun, sei’s drum. Nur eines kann ich nicht verzeihen.« Sein Blick wurde kalt.
Gerald stockte der Atem. »Herr?«
»Dass du mir auf den Fuß getreten bist. Du hast mir beinahe alle Zehen gebrochen.«
Gerald blickte Hilfe suchend auf Sigurd.
Der Alte kicherte. »Auf den Fuß getreten! Das erzähl ich den Blättern. Ach, die haben das ja gesehen.« Er lachte schallend.
Auch um den Mund des Grafen begann es, zu zucken. Er hieb Gerald auf die Schulter und reichte ihm sein Schwert. »Da, mach das sauber«, sagte er lachend. »Danach hilfst du Sigurd, die Toten in den Meiler zu schaffen.«
»Ich mach sie zu Kalk, Herr!« Sigurd grinste.
»Nein, nur lagern, nicht verbrennen!« Udalrich lehnte sich gegen einen Baumstamm. Jetzt, da die Anspannung verflogen war, wirkte sein Gesicht grau vor Erschöpfung. Gerald musterte ihn unauffällig, doch der Graf bemerkte den Blick. »Vor sechs Jahren hätte ich dich auspeitschen lassen«, sagte er ausdruckslos. »Heute bin ich dir zu Dank verpflichtet. Einer wie du hätte mir im Krieg vielleicht einiges erspart.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Herr.«
»Dann sag auch nichts! Dein Vater war ein ehrlicher Mann. Beweis dich, red nicht.«
Geralds Lippen zitterten. »Ja, Herr. Ich werde mein Bestes tun, mich meines Vaters und Eurer Gnade würdig
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