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Die Herren von Everon

Die Herren von Everon

Titel: Die Herren von Everon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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halbverbrannten Zweig auf und benutzte ihn dazu, das Feuer zu schüren. „Ich bin ein John Smith, weil ich die Arbeit eines John Smith tue – und zwar auf die einzige Art, die mir oder irgendeinem anderen möglich ist.“
    „Warum kannst du deine Arbeit nicht so tun, wie man es von dir erwartet? Wer hindert dich daran?“
    „Die menschliche Rasse hindert mich daran“, erwiderte Martin. „Jarji hat dir die Wahrheit über die Menschen gesagt, die eine neue Welt kolonisieren. Aber so geht es nicht nur auf Everon zu. Diese Probleme gibt es auf allen bewohnten Welten – besonders auf der Welt, die wir Erde nennen. Wenn du dir das vor Augen hältst, wirst du einsehen, daß ich meine Aufgaben nicht so erfüllen kann, wie es nach deiner Meinung und der phantasiebegabter Berichterstatter von der Regenbogenpresse richtig wäre.“
    „Ich verstehe ja, daß du Schwierigkeiten hast“, wandte Jef ein. „Ich verstehe nur nicht, warum du überhaupt nicht daran denkst, deine dir vom Gesetz verliehene Macht einzusetzen.“
    Martin seufzte leise und blickte in das Feuer.
    „Du bist auf der Erde aufgewachsen. Wie geht es dort zu? Ich weiß, es ist nicht leicht, etwas mit dem notwendigen Abstand zu betrachten, wenn man selbst mitten drinsteckt. Aber du bist jetzt seit kurzer Zeit hier auf Everon, und du erhebst den Anspruch, dadurch über dich selbst hinausgewachsen zu sein. Sag mir, was du von deinem jetzigen Standpunkt aus über die Erde denkst.“
    „Nun, natürlich ist sie dicht bevölkert“, antwortete Jef, „besonders im Vergleich zu einer völlig offenen, neuen Welt wie dieser. Das versteht sich von selbst.“
    Er hielt inne. Weder Martin noch Jarji sagten etwas.
    „Natürlich ist sie dicht bevölkert“, setzte Jef von neuem an. „Wenn du willst, ist sie überbevölkert – per Definition. Es gibt zu viele Menschen und nicht genug Raum. Deshalb werden den Leuten zu viele Beschränkungen auferlegt. Deshalb ist der Konkurrenzkampf unglaublich hart, und es ist nur sehr wenig davon übriggeblieben, was die wilde Erde früher einmal war – verglichen mit einer Welt wie dieser, wo alles noch reine Natur ist. Wir leben zu Hause auf Beton und innerhalb von Wänden. Es geht nicht anders. Wir atmen künstlich gereinigte Luft, weil es keine atembare Luft gibt, die nicht künstlich gereinigt wurde. Das Wetter muß kontrolliert werden, damit die Ernten gesichert sind. Dem allen müssen die Menschen sich anpassen, oder wir hätten ein Chaos.“
    Jef sprach mit einem Gefühl der Erleichterung, das er gar nicht in sich vermutet hätte. Er sprach Dinge aus, die er nie zuvor erwähnt hatte, und ihm kam plötzlich der Gedanke, daß er sich seit vielen Jahren gewünscht hatte, darüber zu reden.
    „Die Menschen …“ fuhr er fort. „Vielleicht ist es nicht ihre Schuld, aber wenn der Konkurrenzkampf hier schon hart ist, dann ist er auf der Erde doppelt so hart. Nur wird er hier mit heißem Blut geführt und dort mit kaltem. Auf der Erde trampelt man über seine Mitmenschen hinweg, weil man weiß, die Maschinerie wird den verschlingen, der unten liegt, und wenn es nicht der andere ist, dann wirst du es sein. Niemand spricht dort über Nachbarschaftshilfe – das Wort selbst ist unbekannt. Es ist kein Raum für Nachbarschaftshilfe, selbst wenn jemand den Wunsch hätte, sie zu praktizieren.“
    Er sah zu Jarji hinüber.
    „Erinnerst du dich, daß du zu mir sagtest: ,Hier nennen wir es Nachbarschaftshilfe’ oder so ähnlich, als ich dich fragte, warum du mit mir zu Beaus Lager gehen wolltest? Du weißt, daß ich nicht richtig verstand, was du mit diesem Wort meintest. Mir ist niemals von irgendwelchen Nachbarn geholfen worden. Ich habe nie echte Freundlichkeit zwischen Fremden kennengelernt. Um dir die Wahrheit zu sagen, jetzt, da ich mir die Zeit nehme, darüber nachzudenken, erkenne ich, daß ich unter gar keinen Umständen zwischen verschiedenen Einzelpersonen echte Freundlichkeit beobachtet habe, ausgenommen innerhalb meiner eigenen Familie. Es ist nicht so, daß die Leute absichtlich unfreundlich wären, es liegt einfach daran, daß jeder seine Kraft im Kampf um das Überleben und Verdienen so erschöpft, daß ihm für Freundlichkeit keine mehr übrigbleibt.“
    Er machte eine Pause und lauschte auf den Widerhall seiner eigenen Worte in seinem Kopf.
    „Du hast ganz recht, es ist kein sehr glückliches Leben auf der Erde“, sprach er weiter. „Oh, vielleicht ist es recht angenehm für die Leute an der Spitze – die

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