Die Herren von Everon
jeder Säule ein großer Maolot und sah auf Jef hinab. Und Jef brauchte nicht nach dem Namen des Tals zu fragen, das er endlich erreicht hatte.
18
Das Tal der Throne.
Auf gar keinen Fall konnte es ein Zufall gewesen sein, daß ein dem Schicksal preisgegebenes Maolot-Junges hier, an diesem Ort gefunden worden war, wo, das fühlte Jef ebenso deutlich wie seinen eigenen Atem, seit Tausenden von Everon-Jahren nichts dem Schicksal preisgegeben oder verlegt worden war. Dies war kein Ort des Zufalls oder der unvorhergesehenen Gelegenheit. Als der Nebel zurückrollte und Jef den Druck der Empathiestrahlungen von Hunderten oder vielleicht Tausenden erwachsener Maolots verspürte, wußte er dies so genau, daß es keines Beweises mehr bedurfte.
Es war ihm nicht möglich, die riesigen Tiere, die ihn umgaben, zu zählen. Er konnte mit Mikeys Hilfe oder durch eigene Anstrengung sein geistiges Auge bei jedem einzelnen an einen Punkt versetzen, daß er ihn aus nächster Nähe betrachten konnte. Aber es gab kein Mittel, durch das er sie einen nach dem andern hätte zählen oder einen Beobachtungspunkt hätte einnehmen können, der sie ihm alle auf einmal zeigte. Es war jedoch gleichgültig, wie viele von ihnen körperlich anwesend waren, denn jeder nicht anwesende Maolot konnte ihn durch die Augen derjenigen ansehen, die sich tatsächlich hier befanden. Immer noch drehten sich ihre massigen Köpfe zur Seite oder schlossen die Augen, wenn er ihnen ins Gesicht blickte. Aber auch das spielte keine Rolle. Tatsache war, daß sich im Tal der Throne alle erwachsenen Maolots von Everon versammelt hatten – und auch dieses Wissen wurde Jef durch die vereinigten Empathieströme übertragen, die er so deutlich spürte, als würden sie einen körperlichen Druck auf ihn ausüben.
Sie waren alle hier, und sie waren seinetwegen hier – um ihn zu beurteilen.
Jef war sich in all den Jahren seines Lebens nie so winzig, so unbedeutend vorgekommen. Physisch wich er vor der ihn musternden Menge nicht zurück, aber innerlich schwand sein Mut dahin. Hilflos und beinahe verzweifelt hielt er nach Mikey Ausschau.
Zwischen den Säulen zu seiner Linken bewegte sich etwas, und Mikey trat unter ihnen hervor. Seine Augen waren immer noch geschlossen, aber er war inzwischen so gewachsen, daß er an der Größe allein nicht mehr von den anderen Maolots zu unterscheiden war. Er schritt über die Ebene im Mittelpunkt des natürlichen Amphitheaters zu Jef hin.
„Mikey …“ stieß Jef dankbar hervor, als der Maolot vor ihm stehenblieb. Er streckte die Hand aus, um Mikeys Nacken zu berühren, aber seine Hand fiel herab. Auf seinen alten Freund paßte der Name Mikey überhaupt nicht mehr. Er war über den Diminutiv und die Rolle des Spielgefährten hinausgewachsen. Jetzt war Mikey ihm ebenbürtig, und mehr als das. Der Maolot, bei Jef angekommen, drehte sich um und setzte sich neben ihn, das Gesicht den sie umgebenden Beobachtern zugewandt.
Jef fühlte, daß Mikey von den Maolots auf den Säulen über irgendeine Angelegenheit befragt wurde. Er antwortete, indem er zurückwies, was es auch gewesen sein mochte, und blieb, wo er war.
„Was wollen sie, Mikey?“ fragte Jef.
Mikey ließ ihn wissen, er solle Geduld haben und warten. Es müsse erst noch anderes geschehen.
„Was?“ fragte Jef.
Mikey lenkte seine Aufmerksamkeit nach links zu den Säulen hart am Rand des offenen Platzes. Jef sah hin und erkannte Gestalten, die zwischen den Felsnadeln hervortraten und begannen, den freien Raum in Richtung auf ihn zu überqueren. Einige der Gestalten schienen sich bewußt zu sein, was sie taten. Andere bewegten sich wie benommen oder wie unter einem stummen Befehl, der ihnen keine andere Wahl ließ. Es waren sowohl Menschen als auch Tiere. Aber mit einer Ausnahme waren die Tiere sämtliche irdische Variformen.
An der Spitze gingen Martin und Jarji. Diese beiden gehörten zu denjenigen, deren Augen klar und bewußt blickten und die zu wissen schienen, was sie hier taten.
„Ist mit euch alles in Ordnung?“ fragte Jef, als sie in seine Nähe kamen.
„Natürlich“, antwortete Jarji.
„Wie seid ihr hierhergekommen?“
„Martin hat uns eingeflogen“, gab Jarji Auskunft. Sie waren bei Jef angekommen und blieben stehen. „Mit der Maschine, in der er aus Beaus Lager geflohen ist.“
„Ja“, bestätigte Martin. „Ich wußte, daß du letzten Endes hier auftauchen würdest.“
Jef blickte an Jarji vorbei zu Martin hin, und ihre Augen ließen sich
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