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Die Herrin der Flammen

Titel: Die Herrin der Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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leise. »Halt’s Maul!«
    »Also gut«, sagte Zip am anderen Ende des Schankbretts. Er verbarg die kratzende Hand mit der anderen. Schließlich warf er sein Messer nervös hoch und fing es wieder.
    »Zweiundvierzig«, sagte Chenaya. »Betrüger!«
    Zip starrte auf die Zahl, die er ins Holz gekratzt hatte, auf sein Messer, auf seinen Mann, auf sie. Wortlos ging er zu Chenaya und bezahlte seine Wettschuld.
    Die glühende Sonne war längst hinter dem westlichen Rand der Welt verschwunden, und die schöne Sabellia, prächtig als volle Scheibe, streute die Bruchstücke eines Diamanten über das Meer. Chenaya ließ die Beine über den Kaiserpier baumeln, starrte auf das glitzernde Wasser und lauschte den gedämpften Lauten der beinahe stillen Diebeswelt. Der alte Pier knarrte sanft in der Brandung, Takelung und Gei der Fischerboote summten und sangen im Nachtwind. Viele andere Geräusche gab es nicht.
    Hier war eines der Fleckchen, an die sie sich zurückzog, wenn sie Sorgen hatte. Sie hätte nicht zu sagen vermocht, was sie so beunruhigte, aber es fühlte sich an, als ob ein düsterer Schatten auf ihre Seele fiel. Sie bemühte sich, dieses Gefühl zu verdrängen. Das Meer machte sie oft melancholisch. Aber das ungute Gefühl blieb.
    Sie tastete nach dem Beutel, den sie an den Gürtel gebunden hatte. Er enthielt eine Mischung aus Zucker und dem hochwertigen Krrf, den Gestus für sie besorgt hatte. Sie drückte den Beutel in der Hand und grinste. Nein, das war bestimmt nicht der Grund ihrer Unruhe. Sie hatte vor, den kleinen Streich, den sie Tempus spielen würde, so richtig zu genießen.
    Und dann?
    Weit draußen auf dem Wasser blitzte etwas im Mondschein. Ein gedämpftes Platschen war zu hören. Sie strengte die Augen an und sah das Silberschimmern einer Finne, die durch die Wellen schnitt. Sie war nur flüchtig zu sehen, ehe sie untertauchte. Ein Delphin? fragte sie sich. Oder ein Hai?
    Die Welt, vor allem die Diebeswelt, war voll von Haien. Sie dachte an Kadakithis und Shupansea, die sich im ihrem Palast verkrochen, und sie dachte an Zip und an den Verrat, den sie plante. Da erkannte sie plötzlich, was der Grund ihrer düsteren Stimmung war.
    Aber es muß getan werden! sagte sie sich fluchend. Früher oder später würde es ohnehin geschehen.
    Chenaya streckte den Arm aus. Die Metallringe ihrer Manica glänzten in Sabellias Pracht. Sie spitzte die Lippen und pfiff dünn und schrill.
    Es war unmöglich, Reyk in der Dunkelheit zu sehen. Sie hörte nicht einmal seinen Flügelschlag. Wahrscheinlich hatte er unmittelbar über ihr gekreist und war auf ihren Pfiff hin heruntergestoßen. Sie spürte nur den plötzlichen Luftzug seines Flügelschlags an ihrer Wange, dann sein Gewicht auf ihrem Handgelenk.
    Sie strich dem Falken sanft über den Rücken. »Hallo, kleiner Freund. Hast du gut gespeist?« Sie hatte Spuren von Beyarlfedern zwischen seinen Krallen erwartet. Einige der heiligen Vögel waren vor einer Weile über das Wasser geflogen. Aber Reyks Krallen waren sauber. Sie holte seinen Riemen aus ihrem Gürtel und schlang ihn um sein Bein.
    Gemeinsam saßen sie still da und sahen zu, wie der silberne Prunkwagen der Göttin über das Meer segelte. Es störte Chenaya auch gar nicht, daß die Mondgöttin sie ebenfalls zu beobachten schien. Ihr Licht beruhigte sie, und Auge in Auge dankte sie Sabellia für diese kleine Erleichterung.
    Reyk spreizte plötzlich die Flügel. Die Krallen spannten sich um ihren Arm; er stieß einen knappen, durchdringenden Ton aus.
    Die scharfen Augen des Falken hatte Dismas entdeckt, ehe Chenaya seine Schritte auf dem Pier vernahm. Reyk beruhigte sich sofort, als er den Gladiator erkannte, der sich leise wie ein Dieb seiner Herrin näherte. »Jetzt, Lady«, flüsterte Dismas aufgeregt. »Zeit und Ort sind perfekt. Eine bessere Gelegenheit bekommen wir so schnell nicht wieder.«
    Chenaya drückte den Beutel mit Krrf und Zucker erneut und spürte, wie ihr Puls plötzlich raste. Sie hatte hier auf dem Pier lange auf Dismas’ Meldung gewartet. »Was ist mit Walegrin und Rashan?« fragte sie und erhob sich.
    »Sie müßten inzwischen bereits unterwegs nach Landende sein. Gestus hat Eure Botschaft abgegeben und ist zurückgekehrt, um aufzupassen, während ich Euch hole.«
    Sie nahm Reyks Riemen wieder ab und steckte ihn mit einer Hand in ihren Gürtel. »Wo ist er?«
    Der riesige Gladiator zögerte einen Moment und schluckte. »Bei der Vampirfrau Ischade.« Er wischte sich Schweiß von der Stirn. »Es

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