Die Herrin der Flammen
ausfächerte – das Gesicht, das im sanften Schein von Feuer und Kerzen nachdenklich über ihm lächelte…
… er vermochte es nicht an der zu sehen, die durch die Straßen wanderte; die wahllos einen Liebhaber nach dem anderen in den verkommensten Gassen Freistatts nahm – der Mörderin.
Er folgte ihr. Er hatte Dinge gesehen, die er nicht vergessen konnte. Er hatte sich für die Vernunft entschieden, für Crit, dafür, sie zu verlassen, wenn die Stiefsöhne aus der Stadt abzogen. Er würde nicht zurückblicken und allmählich diese Träume verlieren. Der Arm würde heilen, und er würde wieder zu sich finden, irgendwo, irgendwann.
Aber an diesen Betrug hätte er nie gedacht, diesen doppelten Betrug – sie mit seinem Befehlshaber.
Er wünschte die Verdammnis auf sie beide herab. Er hatte sich eingebildet, er hätte alle Gefühle gekostet, die es nur gab. Er hatte bisher nicht daran gedacht, daß er eine wirkliche Macht in Freistatt gewesen war, noch ehe sie ihn in ihr Bett mitgenommen hatte. Daß sie ihn fast zu einem wirklich Mächtigen gemacht hatte. Aber das hatte sich geändert. Er war nutzlos für sie. Also warf sie ihre Netze aus und fing sich einen, der geeigneter für ihre Zwecke war.
Er stürmte um die Ecke, den Bürgersteig entlang, und zuckte zusammen. Es war dieselbe Straße. Es war die gleiche blinde Wut. Wiederholung, ein neues Mal. Der Braune wartete auf ihn: er wartete immer, eine Farce der Treue, ihr Geschenk, das ihn nie verlassen würde. Er brachte ihn in die Stallung, und dann hörte er mitten in der Nacht seinen Hufschlag auf den Kopfsteinen unter seinem Fenster. Im Traum hörte er ihn trotten, hörte seinen Atem, hörte, wie er von einem Huf auf den anderen trat. Und da war diese kleine Stelle auf seiner Hinterbacke, die – nicht da war. Sie hatte keine Farbe, war nur ein Schönheitsfehler, und wenn man auf diesen münzengroßen Fleck starrte, bildete man sich ein, daß gar kein Pferd da war, nur das Kopfsteinpflaster oder die Mauer dahinter, oder ein Schimmer, hinter dem vielleicht die Wahrheit sichtbar wurde. Im Licht seines verlorenen Selbstvertrauens waren diese Treue und Beharrlichkeit beängstigend.
Er ging zu ihm, griff nach den herunterhängenden Zügeln und legte den linken Arm um seinen Hals, den linken wieder, um festzustellen, ob er weh tun würde; er drückte den warmen Pferdehals fest an sich, tätschelte ihn, um festzustellen, ob der Braune nach ihm schnappen und sich als eine Kreatur der Hölle erweisen würde. Ja, nun quälte ihn Schmerz, aber mit Ärger vermischt; und er war wieder ein verdammter Narr, auf derselben Straße, wo ihn schon einmal ein Heckenschütze erwischt hatte.
»Strat!«
Er wirbelte herum, von eisiger Furcht getrieben, die sich in Zorn verwandelte. »Verdammt! Was machst du hier?«
Sein Partner Crit stand einen Augenblick lang nur stumm da und fixierte ihn. Er hatte Crit am Ende des Blocks, bei den niedergebrannten Häusern zurückgelassen.
»Wie bin ich unbemerkt so nahe herangekommen?« fragte Crit scharf. »Du weißt es nicht. Das mache ich hier!«
»Ich will den Hundesohn finden, der auf mich geschossen hat«, brummte Strat. »Ich muß Genaueres wissen!« Es gab da eine Verbindung! Crit konnte fast alle Stücke richtig aneinanderlegen. Das war es, was Crit auf der Welt tat, kleine Stücke zu einem großen Bild zusammenfügen. Crit hatte so ein Bild gemacht, das zeigte, was Strat doch für ein Narr war. Und diesen Mann sah Crit jetzt in ihm. Er aber wollte ihm den alten Straton wieder zeigen, die Sache bereinigen, den Schmerz bewältigen und nicht zulassen, daß die Schmerzen ihn noch länger bei der Arbeit behinderten.
Ja, die Sache abschließen, damit er, wenn die Stiefsöhne abzogen, diese mörderische Stadt verlassen konnte, ohne das Gefühl, daß er getrieben wurde.
Raus aus dieser Stadt, unter Tempus’ Kommando, ohne ein weiteres Wort und ohne daß etwas unerledigt blieb. Mehr wollte er nicht.
Der Braune stupste ihn sanft in die Rippen, streifte mit samtigen Lippen über seine Hand, zeigte ihm beharrlich seine Zuneigung.
Nichts milderte die dumpfe Schwüle, kein Windhauch strich durch das schmale Fenster, durch das nichts weiter als ein Luftschacht zu dem kahlen Hof zu sehen war. Irgendwo schrie ein Baby, und eine Ratte stieß ihren Todesschrei in den Fängen eines nächtlichen Jägers aus. Auf dem Dachboden unmittelbar darüber raschelten Flügel. Irgend etwas hatte wohl die Vögel geweckt, die nun ihrem Unmut Luft machten, da
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