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Die Herrin der Flammen

Titel: Die Herrin der Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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hätte.
    Stilcho war geflohen, verschwunden. Sie dachte, daß sie ihn finden könnte.
    Der Gedanke, während sie mit dem Besen in der Hand innehielt, wurde verlockend. Stilcho hatte das Bett mit ihr geteilt – in vielen Nächten.
    Und war gestorben und wiederauferstanden. Doch das war, als ihre Magie unnatürlich mächtig gewesen war. Es jetzt zu tun könnte sein Ende sein. Und er war loyal gewesen, er hatte Strat das Leben gerettet. Er hatte es sich verdient, sein Schicksal selbst zu entscheiden. Offenbar hatte er beschlossen, nicht zu ihr zurückzukommen.
    Eine Wesenheit näherte sich ihrer Gartentür. Freudige Erregung durchfuhr sie. Sie kannte sie aus dem ganzen Mittagsverkehr auf der Straße heraus.
    Sie wußte urplötzlich, wer es war, noch ehe sie das Pferd deutlich hörte, oder spürte, wie jemand das Schmiedeeisen berührte. Sie stellte den Besen zur Seite, riß die Tür auf und trat entgegen ihrer Gewohnheit im vollen Sommertageslicht hinaus auf die Stufen.
    »Geh weg«, sagte sie zu Strat und hielt den Schutzzauber gegen ihn aufrecht.
    »Ich muß mit dir reden. Geschäftlich.«
    »Ich habe keine Geschäfte mit dir.«
    Er hob beide Hände, daß sie sie sehen mußte. »Keine Waffen!«
    »Führ mich nicht in Versuchung. Ich habe dich gewarnt. Ich habe dir gesagt, daß du nicht anders sein würdest als die anderen.«
    »Gut. Öffne jetzt die Gartentür. Ich möchte nicht von der Straße aus brüllen müssen. Es geht um Unannehmlichkeiten. Hörst du?«
    Sie schwankte. Die Tür gab unter seinem Druck nach und öffnete sich knarrend. Er kam bis zu den Eingangsstufen, mit mürrischem Gesicht und schmalen Lippen.
    »Nun?« fragte sie.
    »Es hat ein Gemetzel gegeben, in der Oberstadt.«
    »Ich habe mich heute noch nicht umgehört.«
    »Sechs Vobfs. Du verstehst.«
    Sie verstand. Der Faktionskrieg war wieder ausgebrochen. Und das, obwohl die Hand des Reichs bereits schwer auf der Stadt lastete.
    »Darf ich reinkommen?«
    Es war nicht ratsam. Aber es war auch nicht ratsam, die Neuigkeit zu mißachten. Sie drehte sich um und ging ins Haus. Die Tür ließ sie offen, und er folgte ihr.
    Es war wieder Nacht. Eine Gestalt stolperte durch das Gestrüpp und Röhricht am Ufer. Sie schniefte manchmal und schlug nach den Mücken und anderen Insekten, die hier in riesigen Schwärmen schwirrten. Jemand, der Zip kannte, hätte ihn vermutlich nicht wiedererkannt: Ein Auge war so stark geschwollen, daß er es nicht öffnen konnte, und das andere tränte; seine Nase war geschwollen und lief. Vielleicht weinte er aber auch. Er selbst wußte es nicht. Er schniefte und wischte sich die Nase an einem schlammigen Ärmel – er war ausgerutscht und hatte sich im Morast hochgestemmt –, der Schlamm an der Hand dieses Arms verkrustete bereits.
    »Lauf!« hatte seine Stiefsohneskorte ihm geraten, als sie sich in der Dämmerung der Brücke genähert hatten. Er erwartete einen Pfeil im Rücken, aber er hatte keine Wahl: Walegrin hatte gesagt, daß sie ihn laufenlassen würden. Also rannte er um sein Leben, als sie ihm die Chance gaben, stürmte durch Dickicht und zerkratzte sich sein Gesicht an Dornengestrüpp und Zweigen. Er war gelaufen, bis er ausrutschte und auf dem schlammigen Ufer lag, dann war er wieder gerannt, bis seine Seite so stark stach, daß er langsam durch die Dunkelheit kriechen mußte.
    Mann, sagte etwas zu ihm, nur dieses Wort, immer und immer wieder, und die Richtung, die er nahm, so daß er das gute Auge kaum offenzuhalten brauchte und nur die Zweige mit den Händen abwehren und auf die Stimme zugehen mußte, die ihn leitete. Rache, sagte sie da.
    Er wußte nicht, wo er war, bis er über die herumliegenden Steine eines uralten Altars stolperte. Er erkannte ihn nicht gleich, sondern stand schniefend da und schluckte das unaufhörliche dünne Rinnsal seines eigenen Blutes im Mund, blinzelte in den Dunst und versuchte, sich zu konzentrieren. Es war der Altar, zu dem er seine Opfergaben gebracht und um Erfüllung seiner Rache gebetet hatte, weil er ein Ilsiger war und weil die alten Götter, die die Rankaner in ihren Tempeln duldeten, allesamt Kollaborateure waren. Ilsig hatte einst einen Kriegsgott gehabt. Einen Rachegott. Und wenn sie alle tot und ihre Statuen nur noch Statuen waren, hatte er doch ein ganz besonderes Gefühl gehabt, hier an diesem alten geweihten Ort, den kein Rankaner je berührt hatte, wo keine andere Kraft als ein Erdbeben den Altar zum Einsturz gebracht hatte – und kein Rankaner hatte je den Namen

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