Die Herrin der Flammen
herbeigedonnert war, und brachte einen Umhang mit, der monatelang am Boden herumgelegen hatte. Er war aus Samt, nicht ganz sauber, aber richtig für ein Pferd, das schweißig sein mußte, nachdem es durch ganz Freistatt galoppiert war. »Da«, sagte sie, als sie sich an der offenen Gartentür zu ihm gesellte. »Für das Pferd.« Das die Augen rollte, die Zunge heraushängen ließ und nach Krrf roch. Tempus löste den Gurt, nahm ihm den Sattel ab, riß ihr den Umhang aus der Hand und rieb den Tros ab.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, fluchte Tempus immer wieder.
»Gestattet«, sagte sie und trat heran, trotz der Unberechenbarkeit der beiden. Sie streckte die Hand aus und legte sie auf die gesenkte Stirn des Trospferds; es war anstrengend. Ihr Kopf pochte, und es forderte mehr von ihr, als sie angenommen hatte. Aber der Tros beruhigte sich und atmete regelmäßiger. »Na also.«
Tempus wischte und rieb und führte das Pferd im Kreis auf dem ebenen Boden, ohne ein einziges Wort zu sagen.
»Er ist völlig in Ordnung«, versicherte sie ihm. Er kannte ihre Magie, wußte, daß sie zu heilen vermochte – andere mit viel Geschick; sich selbst nicht so gut. Er hatte ihr schon einmal beim Heilen zugesehen.
Er blickte sie an. Sie verlangte keine Dankbarkeit, erwartete auch keine. Dieser Mißbrauch des Tieres verursachte einen bitteren Geschmack in ihrem Mund. Über ihren und Tempus’ Fehlschlag konnte sie ironisch lachen. Nicht über das!
Sie stand mit verschränkten Armen, während Tempus dem Tros behutsam die verschwitzte Decke und den Sattel auflegte. Das Tier senkte den Kopf und rieb mit dem Vorderbein die Wange, als ob es sich schämte.
Er schnallte den Gurt fest, griff nach den Zügeln, blickte einmal in ihre Richtung und saß auf.
Wortlos ritt er davon.
Sie seufzte und hüllte sich trotz der Schwüle der Nacht noch fester in ihren Umhang. Das Hufklappern auf dem Kopfsteinpflaster wurde leiser.
Der Weitblick war verschwunden, zusammen mit der Langeweile. Im Osten dämmerte es bereits. Sie schloß die Gartentür hinter sich und kehrte mit gesenktem Kopf und verschränkten Armen ins Haus zurück.
Ihr klarer Blick und ihre Langeweile waren seit dem Augenblick verschwunden, da sie sich in der Gasse getroffen hatten. Und seit dieser Zusammenkunft in den Ruinen nagte etwas an ihr, das auf Gefahr hinwies, eine, die nichts mit menschlicher Bosheit zu tun hatte, wohl aber etwas mit ihren Aktivitäten in der Oberstadt; irgendein Mißgeschick, das sie und vielleicht Tempus betraf.
Seit die nisibisischen Machtkugeln ihren Einfluß über die Stadt verstreut hatten, tat sich allerlei Überraschendes. Zauberer versagten manchmal, Magie wurde viel mehr vom Zufall beherrscht als früher, und die normalen Sterblichen hatten viel mehr Glück in ihrem Leben, als sie gewohnt waren, erstaunlich für Freistatt; aber bestürzend für die Stadt stellten Magier fest, daß ihre Kräfte beschnitten waren und die Ergebnisse ihres Wirkens oft ganz anders als geplant ausfielen.
Deshalb hatte sie Abstand von bedeutenderem Zauber genommen, bis sie sich zu dieser Austreibung hatte überreden lassen, hauptsächlich durch den Hasard Randal, dessen berufliche und persönliche Redlichkeit sie ohne jeden Tadel fand – ein Magier mit so wenig Eigennutz war selten.
Und nun quälte sie eine unaufhörliche Unruhe, die vermutlich durch den Umstand noch erhöht wurde, daß sie von einem Ende Freistatts zum anderen geschleudert worden war. Närrin! Daß sie sich auf so etwas eingelassen und blind diesen Fluch herausgefordert hatte, den sie lange Zeit, während der Blüte von Freistatts Zauberkräften, durchaus im Griff gehabt hatte.
Die Kopfschmerzen waren eine gerechte Strafe. Es hätte viel schlimmer kommen können.
Beispielsweise wäre es viel schlimmer gewesen, hätte sie Straton behalten, hätte ihn ihre Blindheit und unverzeihliche Fehleinschätzung in ihr Bett zurückgebracht und diese alte Wunde geöffnet.
Dann wäre er am Morgen so tot gewesen wie dieser besoffene Rüpel in einer Freistätter Gasse.
»Wir können nicht beide weg«, schloß Stilcho. Sie konnten keinen Schlaf finden. Heiser und erschöpft, mit trüben Augen saßen sie sich an dem wackligen Tischchen gegenüber. »Ich kann dich hier nicht alleinlassen mit diesem Ding.«
»Ich habe es gefunden, verdammt!« Moria wischte sich eine feuchte Strähne aus dem Gesicht und schlug auf den Tisch. »Behandle mich nicht wie eine verfluchte Närrin, Stilcho! Sag mir nicht, wie ich es
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