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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Geistliche und trat einige Schritte vom Grab zurück. Er nickte den vier Frauen zu, die am Fußende des Sarges auf einem Mailänder Feld in einer Reihe standen und darauf warteten, sich von der Toten zu verabschieden. Die Königin hatte sich bereits zurückgezogen und ihnen als den engsten Vertrauten der Verstorbenen diesen letzten gemeinsamen Augenblick zugestanden. Während Elisabeth laut schluchzend ein klagendes Abschiedslied auf der Laute spielte, beugte sich Adriana über die Kiste und streichelte der toten Mechthild das Gesicht. Grete hatte einige Astern gesammelt, die sie nun vor dem Sarg ablegte.
    In den Händen eine hastig gefertigte Abschrift der Marienlegende der Roswitha von Gandersheim, trat Uta schließlich an die Grabstätte. »Die Gandersheimer Erzählungen waren dir und uns immer die liebsten«, sagte sie, legte das Buch in den Sarg und blickte mit geröteten Augen auf die Tote. Wie hatte es nur dazu kommen können? Zuletzt war sie doch auf dem Weg der Besserung gewesen. Dann, ganz plötzlich über Nacht, so hatte die Trossheilerin berichtet, hatte Mechthild wie am Spieß geschrien, war zuckend von der Bettstatt gesackt und augenblicklich erkaltet.
    Grete, Elisabeth, Adriana und Uta fassten sich am Kopfende des Sarges bei den Händen. »Herrgott im Himmel und auf Erden«, begann Uta, und die anderen Hofdamen sprachen ihr nach. »Nimm unsere Mechthild in dein seliges Reich auf. Versprich uns, sie zu beschützen, damit wir sie bei unserem Eintritt ins Jenseits genauso antreffen, wie wir sie hergeben mussten.« Leiser fuhr sie fort: »Geliebte Mutter, bitte nehmt Euch Mechthilds an. Erzählt ihr Geschichten, wie Ihr sie auch mir erzählt habt. Arm in Arm vor dem wärmenden Feuer des himmlischen Kamins.«
    »Amen«, schlossen die Hofdamen und nahmen sich nach dem Kreuzzeichen erneut an den Händen.
    Als die ersten welken Blätter von den Bäumen fielen, erklärte König Konrad das Mailänder Sommerlager für beendet, und man zog wieder in das lombardische Tiefland. Die Geburt des Heilsbringers feierte der Hof in der Stadt Ivrea, die am Eintritt in das Aostatal lag. Dort hatte man sich zum gemeinsamen Mahl mit dem durchaus munteren König Rudolf III . getroffen und sich der im Burgund herrschenden Ruhe versichert. Nur wenige Tage darauf war das Heer wieder aufgebrochen und durch die Toskana gezogen. Der kraftlose Widerstand des Markgrafen Rainer von Tuszien war aufgrund der königlichen Diplomatie und der Übermacht des Heeres gebrochen, und er hatte sich Konrad unterworfen. Daraufhin hatte der König Boten nach Rom geschickt, um seine baldige Ankunft zu verkünden.
    »Wir sind am Ziel«, erklärte der König am Tage des heiligen Benedikt, nachdem er auf einem der Hügel Roms zum Stehen gekommen war. An seiner rechten Seite befanden sich ebenfalls hoch zu Ross Königin Gisela und Erzbischof Aribo. Konrad deutete auf die Silhouette der Stadt vor sich und meinte stolz: »Rom liegt uns zu Füßen.« Dabei blickte er die Linie seiner Heerführer zu seiner Linken entlang, fünf an der Zahl. Direkt neben ihm stand der Herzog von Oberlothringen, ein Mann mit mehr als zwanzig Jahren Kampferfahrung, der Konrads besondere Gunst genoss. Neben diesem blickte der Markgraf von Meißen mit melancholischem Blick auf die Stadt vor ihnen. Rom wird alles verändern, ging es Hermann durch den Kopf. Seit der Entscheidung, die er in Ivrea gefällt und der Königin mitgeteilt hatte, schien der Schmerz ihn wie ein viel zu enges Gewand zu ersticken.
    Ekkehard von Naumburg, nur wenige Schritte neben seinem Bruder, malte sich dagegen schon den triumphalen Einzug in die Stadt an der Spitze des Heeres aus und sah vor sich, wie der Heilige Vater ihn als Kämpfer segnete. Dabei spürte er Kraft in sich aufsteigen. Er würde weiterhin an der Spitze des Heeres kämpfen, so viel stand fest, in Zukunft aber wollte er wahrhaft große Siege erringen. Doch dafür würde er strategisch weitaus aktiver werden müssen als bisher. Den ersten Schritt dazu hatte er mit den Gesprächen in Mailand schon gemacht. Er musste sich politisch stärker einbringen und dabei wohl das eine oder andere aufgeben. Ein Opfer hatte er bereits gebracht. Per mündlichem Versprechen. In Ivrea. Ekkehard blickte zu Esiko von Ballenstedt, der neben ihm hoch zu Ross thronte.
    Esiko schaute in den Himmel über der heiligen Stadt. Seine entschlossenen Gesichtszüge verloren an Kraft, als sich das Bild der Schwester in den wolkenlosen Himmel schob. Wie sie in sein Zelt

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