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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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gnadenlos auf Heer und Hofstaat herabbrannte, tatenlos verronnen. Seit dem Sonnenaufgang saß sie auf einer Decke im Schatten eines großen Baumes und blickte nachdenklich in die Ferne.
    »Seinen Traum« hatte er den Bau des Gotteshauses genannt. Was war der ihre? Gerechtigkeit für die Mutter? Oder die hölzernen Bücherregale in der bischöflichen Bibliothek in Vercelli? Oder Hazecha und Wigbert wiederzusehen? Die Wiedervereinigung der Familie? Ob Esiko inzwischen von den Kämpfen in Ravenna genesen war? Von der Königin erfuhr sie, dass er das Sommerlager nicht verlassen hatte, sondern als Leibwache an der Seite des Königs weilte. Ich werde ihn aufsuchen, beschloss sie bei sich und stand auf. Als Erstes werde ich ihn nach seinem Befinden fragen, nahm sie sich vor. Nein!, korrigierte sie sich. Ich werde ihm für seinen mutigen Einsatz danken. Solch eine Begrüßung wird sicherlich mehr nach seinem Geschmack sein.
    Vor dem Zelt des Bruders hielten zwei Knappen Wache.
    Uta erklärte: »Ich muss mit Graf Esiko reden.«
    Der kleinere der beiden trat vor. »Es tut uns leid, aber der Graf ist gerade nicht abkömmlich.«
    »Er ist mein Bruder, und es ist sehr wichtig«, insistierte sie und trat an dem Knappen vorbei.
    Der größere Knappe, der sie wegen ihrer kostbaren Gewänder nicht zu berühren wagte, folgte ihr und schob sich zwischen sie und den Eingang. »Aber er wies uns streng an, niemanden zu ihm zu lassen, außer den König höchstpersönlich.«
    »Ich gehöre zur Familie des Grafen«, entgegnete Uta ruhig und lächelte freundlich. Dabei strich sie sich eine feuchte, an ihrem Hals klebende Haarsträhne zurück.
    Der Knappe betrachtete sie fasziniert und trat schließlich zur Seite. Auch die zweite Wache vermochte sie nur anzustarren. Daraufhin nickte Uta dankbar und schob das Eingangsleder beiseite. Im Zelt schaute sie sich um und erkannte das Ende einer erhöhten Bettstatt hinter einem Paravent. Von dort drang nur ein Raunen zu ihr herüber. »Esiko? Geht es dir gut?«, fragte sie leise, um den Kranken nicht zu erschrecken, während sie um den leinenen Sichtschutz vor die Bettstatt trat. Entsetzt wich sie im nächsten Moment aber wieder zurück.
    »Du hier, Schwesterlein?«, meinte Esiko, ohne von dem Mädchen abzulassen, das unter ihm lag und wonniglich keuchte.
    »Gott beschütze sie«, sagte Uta leise und starrte dabei auf Esikos Gespielin, in der sie die junge Helferin der Heilerin wiederzuerkennen glaubte, die ihr nach der Schlammlawine einen Kräutersud zubereitet hatte. »I… i… ich«, stotterte sie verwirrt, »ich war besorgt um deine Gesundheit.«
    Nach einem heftigen Kuss ließ Esiko von dem Mädchen ab. Uta vernahm plötzliche eine Stimme: Rote Haare, Sommersprossen sind des Teufels Artgenossen und meinte ihre Handgelenke brennen zu spüren. Schützend hob sie die Hände vor das Gesicht.
    Esiko strich ihr über den Kopf. »Ich war niemals etwas anderes als gesund, Schwesterlein«, sagte er und baute sich in seiner ganzen Männlichkeit vor ihr auf.
    Zögerlich nahm Uta die Hände vom Gesicht und besann sich wieder des eigentlichen Grundes, der sie in Esikos Zelt geführt hatte. »Aber dein Ohr war doch …«, begann sie, stockte aber, als ihr Blick auf sein aufragendes Glied fiel.
    »Meinem Ohr geht es bestens. Das war nicht mal ein Kratzer«, entgegnete Esiko und genoss dabei ihren unsicher umherirrenden Blick. »Aber nun lass mich allein«, meinte er dann und deutete auf den Eingang. »Ich habe gerade Wichtigeres zu tun.«
    »A… aber…«, begann Uta und spürte ihr Kinn ob der harschen Zurückweisung beben. »Die Mutter benötigt unsere vereinte Hilfe.«
    »Unsere Mutter«, sagte Esiko und musterte Uta, die sich die Handgelenke rieb, scharf. »Unsere Mutter hat von mir schon mehr Hilfe zur Erlösung erhalten, als du ihr jemals geben wirst, Schwesterlein!«
    »Wir benötigen Beweise, Esiko!«, sagte Uta eindringlich.
    »Sag mir, hast du vielleicht etwas gesehen, das du vor Gericht bezeugen kannst? Hast du gesehen, wie der Vater die Mutter zu Tode geprügelt hat?«
    Esiko versteifte sich. »Ich habe nichts dergleichen gesehen! Und nun entschuldige mich. Der Graf von Ballenstedt muss wieder zu Kräften kommen.« Mit einem Satz sprang er zurück auf sein Lager und schob die Beine seiner Gespielin auseinander.
    »Habt Dank für Euren mutigen Einsatz, Graf von Ballenstedt.« Erschüttert wandte Uta sich ab und verließ fluchtartig das Zelt.
    »Der Herr gibt es, der Herr nimmt es!«, sprach der

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