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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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niederlassen. Der Schleier soll von heute an für jedes Kämpferherz sichtbar sein.«
    Esiko von Ballenstedt trat einen Schritt schneller vor als sein Schwager Ekkehard, während Bischof Hildeward fassungslos auf den in die Kryptadecke eingelassenen gläsernen Schrein blickte, dessen Glas fußdick war und von einer schmiedeeisernen Umfassung geschützt wurde. Er reflektierte das Licht der Kienspäne in unzähligen Strahlen.
    Hildeward presste das heilige Kästchen fest vor die Brust und sprach leise vor sich hin: »Und Ihr werdet die Ersten sein.« Auf den erzbischöflichen Wink hin öffnete einer der Domherren die zehn Schlösser des Schreins. Zwei weitere schlugen den gläsernen Deckel zurück und hielten ihn vorsichtig fest.
    »Bitte reicht uns das Kästchen, Exzellenz«, bat Humfried, als er bemerkte, dass Bischof Hildeward regungslos auf den eingelassenen Schrein starrte.
    Unsicher blickte Hildeward sich daraufhin um. Zu seiner Rechten stand die Kaiserfamilie, zu seiner Linken die Naumburger, die blinden Sünder, und ganz nah an seiner Brust befand sich die heilige Plantilla, deren Seele sich in ihrem Schleier verbarg. »Ich bete«, murmelte er. »Ich bete zu Euch und erbitte Euren weiteren Schutz, Plantilla.«
    Da war Erzbischof Humfried auch schon neben ihm, nahm ihm das Kästchen aus den Händen und reichte es den beiden Heerführern. Mittels zweier Seile ließen Esiko und Ekkehard die Reliquie in den Schrein hinab.
    »Dies hier ist Euer Chor!«, rief Humfried den Kämpfern zu.
    »Und nun lasst uns im Angesicht des heiligen Schleiers ein Gebet für diesen Chor sprechen, den wir damit zum Leben erwecken.«
    Uta presste die Handflächen gegeneinander und fiel in das Gebet mit ein. Dieser Chor war etwas ganz Besonderes, und die Menschen, die ihn erbauten, nicht minder. Mit der frühzeitigen Weihe durften von nun an Messen in der Kathedrale gelesen werden. Bedeutete dies auch, dass das kaiserliche Gericht in den unfertigen Mauern bereits angerufen werden durfte? Uta blinzelte in Richtung des Kaiserpaares. Sie würde sich weiterhin für Gerechtigkeit einsetzen und sich Gottes Unterstützung erarbeiten, indem sie den Bau der Kathedrale unterstützte, auf welche Weise es ihr nur immer möglich war. Ihr Weg war der richtige, das spürte sie. Gott würde ihr die Möglichkeit geben, sich seines Beistands zu versichern.
    Mit geschlossenen Augen stand Hermann neben Uta. Einzig dadurch, dass er sich ihr bis zur Weihe nicht mehr genähert hatte, war es ihm gelungen, ihr wie auch ihrem betörenden Duft, einer Mischung aus Pergament, Tinte und Gänseblümchen, der ihm heute besonders intensiv erschien, zu entsagen. Umsonst, denn nun, da er neben ihr stand, musste er sich Bilder von der Baustelle vor Augen zwingen, um der Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, nicht nachzugeben.
    Doch selbst dabei kehrten seine Gedanken zu ihr zurück, denn auch wenn er die Barschheit Ekkehards, der Uta sogar das Betreten der Baustelle verboten hatte, zutiefst missbilligte, war er dennoch froh, dass der Bruder ihr wenigstens die organisatorische Unterstützung der neuen Kathedrale weiterhin zugestand.
    Nach dem Gebet ließen die Domherren den Glasdeckel auf den Schrein nieder, versiegelten und verschlossen ihn. Die zehn Schlüssel händigten sie in großer Geste ihrem Bischof aus. »Wir werden König Mieszko endgültig unterwerfen«, erklärte Kaiser Konrad.
    Im rötlichen Licht der Kienspäne vereint nickten die Kämpfer. »Die heilige Plantilla hat uns nicht vergessen.«
    »Wir laden Euch ein, Euch zu stärken«, verkündete Markgraf Hermann daraufhin. »In zwei Tagen, dem Tag Eurer Abreise, werden wir eine Frühmesse hier im Chor feiern. Danach werden die Bauarbeiten wieder aufgenommen.«
    Ekkehard trat vom Altar neben den Bruder. »Für alle werden helles Brot, Wachteln und Dammwild gereicht.«
    Begleitet vom Gesang der Benediktinerinnen schritten zuerst die Kaiserlichen, die Burgherren und Geistlichen und danach die Kämpfer aus der Kathedrale über den Kiesweg in die Vorburg. Konrad und Gisela nahmen an einer Tafel Platz, die parallel zum Langhaus des neuen Gotteshauses stand und so lang war, dass sie vom Ost- bis zum Westchor reichte.
    Gisela hatte dafür gesorgt, dass Uta und Ekkehard ihr gegenübersaßen. An ihre Tafel wurden zudem Esiko von Ballenstedt, Markgraf Hermann, Abt und Äbtissin der beiden Naumburger Klöster, der Magdeburger Erzbischof und einige der verdientesten Kämpfer und Missionsbischöfe geladen. Das

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