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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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den Geruch von Mutters Gewändern.« Gebannt folgte Uta dem Bericht der Schwester.
    »Auf einmal betrat Esiko die Kemenate der Mutter«, berichtete Hazecha weiter und fühlte sich in diesem Moment in jenen Nachmittag zurückversetzt. »Ich wollte den Deckel der Truhe gerade aufschlagen und Esiko zuwinken, weil Gertrud mich ein weiteres Mal nicht hatte finden können, als er schimpfend ein Kissen auf das Gesicht der Mutter drückte.« Hazecha sackte in die Knie und schlang ihre Arme schützend um den Kopf – so wie sie es auch damals getan hatte. »Ich wagte lediglich, den Deckel der Truhe einen Spalt aufzustemmen, als ich die Schreie der Mutter hörte.«
    Zu Tode erschrocken presste sich Uta an die Wand und starrte auf die zusammengekrümmte Schwester zu ihren Füßen.
    »Er bemerkte mich nicht und schimpfte, dass sie eine Ungehorsame sei, bis die Kraft aus ihren Armen wich und sie sich nicht mehr wehrte«, schilderte Hazecha mit zitternder Stimme. Schließlich löste sie ihre Arme wieder vom Kopf und schaute zu Uta hinauf. »Danach ließ er sich auf der Truhe nieder, bis kein einziger Laut mehr von der Bettstatt zu hören war. Ich spürte, dass etwas Schlimmes mit der Mutter geschehen sein musste, war aber in der Dunkelheit der Truhe gefangen, die nach dem Narzissenduft der Mutter und meinem Urin roch. Ich hatte solche Angst, Uta. Ich wagte kaum noch zu atmen. Am nächsten Morgen fand Gertrud mich in der Truhe. Keinen halben Tag später sah ich die Mutter im Sarg zum allerletzten Mal.«
    »Gott, erbarme dich unserer Familie«, murmelte Uta und sank neben Hazecha in die Knie. Zu wissen, dass die Mutter erstickt worden war und sie selbst während der vergangenen dreizehn Jahre einem Trugschluss aufgesessen war, zog ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie hatte den Vater verachtet und dabei stets versucht, den tatsächlichen Mörder der Mutter für sich zu gewinnen, ihn zuletzt sogar um Eideshilfe bitten wollen. »Unser Bruder ist des Teufels«, sagte sie tonlos. Dann schaute sie auf das zerbrechliche und doch so starke Wesen vor sich, das sie vorsichtig am Arm berührte. »Von einem M-Ö-R-D-E-R«, sagte Uta langsam und beide zuckten bei diesem Wort zusammen, »lassen wir uns nicht unterkriegen.«
    »Aber er kommt immer wieder her und macht mir Angst«, erwiderte Hazecha weinerlich. »Vor eintausendfünfhundertsiebenunddreißig Tagen verbot er mir den Kontakt zu dir, und als Schwester Margit mich ermutigte, dir wieder zu schreiben, kam plötzlich diese schreckliche Krankheit über Gernrode. Ich bin mir sicher, Gott wollte mich bestrafen, weil ich im Begriff war, mein Versprechen an Esiko zu brechen.«
    Jetzt verstand Uta alles. Esiko war zu Hazecha geritten und hatte ihr jeden Kontakt mit ihr verboten, und deshalb war keine Rückantwort mehr von der Schwester gekommen, während der Bruder ihr selbst nichts anderes als Lügenmärchen über die angeblich stumme Schwester aufgetischt hatte.
    »Wir dürfen keine Angst vor ihm haben.« Uta erhob sich.
    »Schließlich sind wir die Töchter der Hidda von der Lausitz!« Hazecha stand nun ebenfalls auf, und Uta tupfte ihr mit der Fingerspitze eine Träne von dem kleinen braunen Fleck. »Er will uns einschüchtern, weil wir stark sind. Gemeinsam noch mehr als jede für sich allein. Und seine einzige Chance, unsere Stärke zu brechen, besteht darin, uns voneinander fernzuhalten.«
    Vorsichtig wagte Hazecha, das Lächeln der Schwester zu erwidern. »Schließlich sind wir die Töchter der Hidda von der Lausitz«, wiederholte sie mit zarter Stimme und spürte neuen Mut in sich aufsteigen.
    »Ich werde in Ballenstedt am Grab der Mutter beten und sie um Verzeihung für ihren von Gott verlassenen Sohn bitten«, sagte Uta schließlich.
    »Ich werde dich begleiten.« Hazecha straffte die Schultern.
    »Ich möchte mit dir gemeinsam am Grab der Mutter beten.
    Wir machen es genauso wie in deinem Traum, von dem du mir einst geschrieben hast.«
    Uta strich der Schwester liebevoll über den Schleier. »Und Äbtissin Adelheid?«
    »Ich finde eine Entschuldigung, außerdem beachtet sie mich sowieso nur, wenn sie ein Leiden hat, von dem ich sie kurieren soll«, entgegnete Hazecha. »Die Krankenstube ist leer, und der neuen Patienten kann sich Schwester Domenica annehmen.«
    Uta sah, dass die Tränen in den Augen der Schwester getrocknet waren. »Dann reiten wir gemeinsam nach Ballenstedt?« Mit der Schwester an der Seite wäre sie stärker und würde auch Beweise finden, die die Anklage gegen

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