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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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flüsterte Hazecha zu:
    »Können wir uns ungestört unterhalten? Heute noch?«
    Doch schon schob sich Schwester Edda in Utas Blickfeld.
    »Euer Gemahl sorgt sich um Euch!«, meinte sie und an Hazecha gewandt fragte sie: »Wie geht es ihr?«
    Hazecha war wie versteinert.
    »Ist Euch nicht gut, Schwester Hazecha? Ihr seid so bleich wie die Wände dieser Kammer!«, meinte Edda besorgt und betrachtete gleichzeitig die Patientin auf dem Bett vor sich. Da kam Domenica wieder unter dem Bett hervor. »Wir mussten die Gräte mit den Fingern herausziehen«, erklärte sie der Klostervorsteherin und ließ augenblicklich die Pinzette hinter ihrem Rücken verschwinden. »Die Frau ist davon noch ganz erschöpft.«
    Zur Bestätigung dieser Schwindelei schloss Uta sofort die Augen und hüstelte etwas.
    »Dann lassen wir sie diese Nacht besser hier schlafen, oder was meint Ihr, Schwester Hazecha?«, fragte Edda.
    Geistesabwesend nickte Hazecha.
    »Wir werden ein Gebet für sie sprechen«, bestimmte Edda und faltete die Hände. »Dann wird sie bald weiterreisen können. Lasst uns ihren Gatten verständigen, dass er sie morgen früh hier abholen kann. Schwester Hazecha, übernehmt Ihr die Nachtwache?«
    »Ja, Schwester Edda«, murmelte Hazecha und vermochte den Blick nicht von Uta zu lösen, die mit geschlossenen Augen scheinbar ruhig dalag. Nur am heftigen Auf und Ab des Brustkorbs erkannte sie, wie aufgeregt Uta war. Und auch mir ist so, als wolle sich mein Herz überschlagen, dachte Hazecha. Gemeinsam mit den beiden Schwestern verließ sie die Krankenkammer. Auf dem Weg in den Speisesaal nahm sie Domenica zur Seite. »Du brauchst nicht für mich zu lügen.« Enttäuscht senkte Domenica daraufhin den Kopf.
    »Dennoch danke«, fügte Hazecha hinzu und strich der Lernschwester mit zitternden Händen über den Arm.
    Als die Schritte der Gernroder Schwestern verklungen waren, öffnete Uta die Augen. Zumindest war es ihr gelungen, die Schwester wiederzusehen. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass Hazecha, nachdem sie so erschrocken auf ihr Wiedersehen reagiert hatte, auch mit ihr sprechen würde. »Ich halte es nicht so lange aus.« Uta erhob sich. »Ich muss mich ablenken.« Sie zog das zweite der Medizinbücher des Dioskurides vom Regal, das sie einst auf dem Umritt Kaiser Konrads für Hazecha abgeschrieben hatte, und blätterte die ersten Seiten durch. Mit einem Federkiel in der Hand hatte sie damals auf einem Höckerchen vor dem kurzbeinigen Pult in ihrem Wagen gesessen und hatte, wann immer es ihr möglich gewesen war, geschrieben. Uta lächelte angesichts dieser Erinnerung und schlug das Buch zu. Dann sank sie erschöpft auf das Lager und schlief mit dem Dioskurides auf dem Bauch ein.
    Als im Traum ein riesiges helles Licht auf sie zuraste, öffnete sie die Augen und erkannte nun auch am Ende der Krankenkammer ein Licht. Dahinter Hazecha, die nun ganze vier Betten entfernt von Uta stehen blieb.
    Uta musste sich räuspern, um überhaupt einige Worte herauszubringen: »Sch… sch… schön, dass du gekommen bist.« Hazecha blickte auf das Buch in Utas Schoß und flüsterte:
    »Ich kann es auswendig.«
    Uta legte das Buch beiseite und fasste Mut. »Ist es so, dass du den Text nur ein einziges Mal laut lesen musst und ihn danach in deinem Kopf immer wieder hören kannst?« Außer der Mutter und sich selbst hatte Uta bislang niemanden gekannt, der diese Fähigkeit besaß.
    Hazecha nickte vorsichtig.
    »Diese Gabe hat die Mutter uns beiden geschenkt.« Zuversichtlich rutschte Uta auf der Bettkante nach vorne und nahm erfreut wahr, dass Hazecha nun langsamen Schrittes näher kam. Mit aller Kraft versuchte sie, sich auf ihre Worte zu konzentrieren, sie ohne Haspeln und Stottern liebevoll vorzutragen, um die Schwester nicht weiter zu verschrecken. »Im vergangenen Jahr haben wir in Naumburg den Schleier der heiligen Plantilla in den Chor eingebettet«, begann sie deswegen mit einem unverfänglichen Thema. Es war das Erste, was ihr eingefallen war. »Die Mauern des Ostchores sind schon dreißig Fuß hoch«, fuhr Uta ruhig fort, obwohl ihr Herz jeden Moment auszusetzen drohte, so heftig schlug es. »Sogar Vitruvs Polyspastos ist schon hinter ihnen verschwunden. Als Nächstes fertigen wir das Lehrgerüst für das Dach über dem Ostchor.«
    »Du baust wirklich an einer echten Kathedrale mit«, hauchte Hazecha und legte während dieser Worte die letzten Schritte bis zu Utas Lager zurück. »Wie du es mir geschrieben hast.«
    Sie erinnerte sich

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