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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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sie. Irritiert schauten sie sich an: Die Kammer war leer. Keine Möbel, keine Gewänder. Nichts, was auf ihre ehemaligen Vorbesitzerinnen hingewiesen hätte. »Hier können wir nicht schlafen.
    Es gibt ja nicht einmal ein Bett«, stellte Uta fest und trat vor das Fenster, an dem das Fensterleder in Fetzen vom Rahmen herabhing. Sie blickte in den Burghof hinunter und beobachtete, wie mehrere Saufbolde zwei nackten, beleibten Weibern hinterherliefen. Verständnislos schüttelte sie den Kopf.
    »Und in der Kammer der Mutter kann ich nicht schlafen«, sagte Hazecha.
    Uta nickte. »Und im Ehegemach der Eltern wage ich auch kein Auge zuzumachen.«
    »Dann lass uns schauen, ob wir in Esikos Kammer vielleicht einen Strohsack oder eine Decke finden, die wir hierherschaffen können.« Esikos Kammer hatte sich einst im oberen Geschoss gleich neben dem Gemach der Eltern befunden.
    Doch die Tür zur Kammer des Bruders ließ sich nicht öffnen.
    »Tritt kurz zurück, Hazecha«, bat Uta und stemmte sich dann mit ihrer ganzen Körperkraft gegen die Tür. Doch erst als Hazecha mithalf, sprang die Tür auf und sie traten ein. Esikos Kammer war aufgeräumt, der Kamin reinlich gefegt, der lederne Stuhl neben dem Bett poliert, das Schlafmöbel ordentlich mit einem seidenen Tuch bedeckt. Das gleiche seidene Tuch war auch noch über ein seltsam aufragendes Bündel zu Füßen der Bettstatt gezogen worden.
    »Warte hier«, bat Uta die jüngere Schwester, ging ans Fußende der Bettstatt und schlug das Tuch über dem Bündel zur Seite.
    »Nein!« Es war Hazecha, die als Erste aufgeschrien hatte und nun neben Uta sprang.
    »Das war einmal ein Mensch«, sagte Uta entsetzt.
    Von Neugier getrieben, beugte sich Hazecha zu den knochigen Überresten hinab, an dem auf den ersten Blick weder Fleisch noch Haut oder Haare auszumachen waren – an der einen oder anderen Stelle jedoch noch Stoffreste. Sie konnten die Bein- und Fußknochen, die Rippen und den Schädel deutlich erkennen. »Da stecken Nägel in den Knochen«, flüsterte sie, als sei es allein schon eine Sünde, das Erblickte mit Worten zu beschreiben.
    Nur mit aller Anstrengung gelang es Uta, ihren Würgereiz zu unterdrücken. »S… s… sieh doch, die Person muss gekniet haben.«
    Vorsichtig stieg Hazecha auf die Bettstatt und betrachtete das daran lehnende Knochengerüst von vorne. »Diesem Menschen wurden die Hände zum Gebet zusammengenagelt.« Fassungslos schüttelte Uta sich. »Du meinst wie zu einer Anbetung?«
    »Ich erkenne die Beckenknochen einer Frau.« Hazecha zitterte, während sie nickte. »Die Person schaut aber nicht zum Herrn oder demütig zu Boden. Sie hat ihren Blick geradeaus aufs Bett gerichtet oder auf denjenigen, der hier oben liegt.« Mit entsetztem Gesichtsausdruck stieg Hazecha von der Bettstatt und stellte sich wieder an Utas Seite.
    Nun trat auch Uta an das Skelett heran und erkannte im nächsten Moment den Stoff wieder, der in Fetzen über einem der Knochen hing. »Das war unsere Mutter«, sagte sie mit bebender Stimme und erinnerte sich an die lockere Grabplatte in der Kapelle. »Die Mutter wurde nie umgebettet.« Erschüttert klammerte Hazecha sich an die Schwester. »Wer kann so etwas nur tun?«
    Uta antwortete ihr nicht, obwohl sie ahnte, wer dazu imstande war.
    »Wir müssen jetzt stark sein, Hazecha«, sagte Uta stattdessen und hob Hazechas Kinn an. »Für unsere Mutter.«
    Hazecha nickte und biss sich auf die Lippen, um die Tränen zurückzuhalten. Dann aber fielen sich die Schwestern schluchzend in die Arme. So standen sie lange, bis Uta sich jäh aus der Umarmung löste. »Hol Arnold«, bat sie. »Er soll eine große Kiste mitbringen. Schnell!«
    Hazecha folgte der Bitte.
    Unterdessen wickelte Uta das Betttuch um die sterblichen Überreste der Mutter. Kurz darauf erschienen auch schon Hazecha und Arnold mit einer Holzkiste.
    »Sagt nichts«, wandte sich Uta ihrem Reisebegleiter zu.
    »Helft uns nur, sie in die Kiste zu legen. Aber vorsichtig.«
    »Was hast du mit unserer Mutter vor?«, wollte Hazecha wissen, worauf Arnold sofort entsetzt das Kreuzzeichen machte. Konzentriert hob Uta das Knochenbündel mit Arnolds Hilfe, der sich inzwischen wieder gefangen hatte, in die Kiste. »Wir können sie doch nicht hier an diesem Ort zurücklassen«, erklärte Uta und schloss den Deckel. »Sie hat ein würdiges Grab verdient!«
    Hazecha pflichtete ihr bei.
    »Dann brauchen wir einen Karren für den Transport«, sagte Arnold. »Zu dritt auf zwei Pferden und dann

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