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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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dann noch auf die Tür blicken, als Hermann von Naumburg schon längst hinter ihr verschwunden war.
    Noch vor Mitternacht verließen vier Reiter den Ballenstedter Burgberg, derweil der Verwalter seinen Rausch ausschlief. Da sie mit dem Karren, der an eines der vier Pferde Hermanns gebunden war, langsamer als auf der Hinreise vorankamen, erreichten sie Gernrode erst nach der Morgendämmerung. Hazecha dankte zuerst Arnold, der mit Ermüdungserscheinungen zu kämpfen hatte, für seine Unterstützung und wandte sich dann an Hermann, der dabei war, die Kiste vom Karren zu heben. »Stellt sie dort bei der Tanne ab, direkt neben das Seitenportal. Um diese frühe Zeit wird es noch nicht benutzt.«
    Mit den Worten: »Ich helfe Euch, Markgraf«, eilte Arnold zu Hermann, und gemeinsam trugen sie die Kiste bis zu der genannten Stelle.
    Dann war Hazecha bei Uta. »Ich bitte den Knecht, die Kiste mit meinen neuen Arzneien direkt in den Kräutergarten zu tragen.« Sie lächelte verwegen.
    Da ergriff Uta Hazechas Hände. »Deine Augen und deine Erinnerung werden Esiko seiner gerechten Strafe zuführen. Gleich nach meiner Rückkehr werde ich ein Schreiben an die Kaiserin aufsetzen und mit dir als Augenzeugin darum bitten, Anklage erheben zu dürfen. Sobald ich Rückantwort erhalten habe, schreibe ich dir und wir bringen es gemeinsam zu Ende.«
    »Sofern der Äbtissin meine Abwesenheit aufgefallen ist, wird sie mich vielleicht nicht mehr aus den Augen lassen«, gab Hazecha zu bedenken. »Deine Briefe aus Naumburg wird sie abfangen und in ihren Kamin werfen.«
    »Da magst du recht haben.« Angestrengt dachte Uta nach.
    »Ich habe einen Einfall! Sobald die Kaiserin mir geantwortet hat, sende ich einen Boten nach Gernrode, der als Kranker mit der Bitte um Heilung Einlass in deine Krankenstation wünschen wird. Ich schicke dir unseren jungen Stallburschen – er ist der schnellste Reiter, den ich je gesehen habe. Er wird nach Luft ringen und angeben, von der Tollkirsche gegessen zu haben!«
    »Oh ja. So machen wir es. Gemeinsam sorgen wir für Gerechtigkeit«, wiederholte Hazecha Utas Worte der vergangenen Nacht und lächelte. »Wenn dein Bote bei mir war, werde ich einen Weg finden, auch ein zweites Mal ungesehen zu entkommen, und zu dir eilen, damit wir die Anklage vortragen können.«
    »Das wünsche ich mir so sehr.« Uta bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. »Im Herzen gehören wir zusammen. Lass dir deshalb nie wieder etwas anderes einreden. Versprichst du mir das?«
    Hazecha nickte und griff in die Innentasche ihres Gewandes.
    »Mein Talisman«, flüsterte sie und streckte die flache Hand mit dem einzigen Erinnerungsstück, das sie aus Ballenstedt mit ins Kloster genommen hatte, vor der Schwester aus.
    Uta strahlte: »Meine Lieblingsspange!«
    »Ich habe sie damals im Burgsaal aufgehoben und wollte sie dir wiedergeben, sobald du wieder gesund wärst«, erklärte Hazecha.
    Nun flossen die Tränen doch. Uta ergriff die Spange und hielt sie gegen das Licht der aufgehenden Sonne, so dass die Steine in den vielfältigsten Grüntönen funkelten. »Mutter sagte immer«, begann sie und musste sich zusammenreißen, damit ihr die Stimme nicht versagte, »dass sie meine Augen zum Leuchten bringt, und strich mir dabei über das Gesicht.« Im nächsten Moment spürte sie Hazechas Hand auf ihrer Wange und schmiegte sich an sie.
    »Mutter wäre so stolz, wenn sie ›ihre Herrin der Kathedrale« jetzt sehen könnte‹, flüsterte Hazecha ihr ins Ohr. »Und ich bin es auch. Nimm die Spange mit und denke dabei an die Kraft, die Hidda von der Lausitz ihren Töchtern verliehen hat.«
    Uta umarmte die kleine Schwester. »Das will ich tun!«
    Mit dem einsetzenden Nieselregen lösten sich die Schwestern widerstrebend voneinander. Uta brachte Hazecha noch bis vor das steinerne Seitentor der Klostermauer. Dort drückte sie sie ein letztes Mal und winkte ihr zum Abschied.
    Nachdem Hazecha durch den Seiteneingang verschwunden war, betrachtete Uta das Schmuckstück mit den hellgrünen Vierkantsteinen erneut. Es sah wirklich wunderschön und ja: kraftvoll aus. Sie steckte sich die Spange über dem rechten Ohr an den Schleier – weit weg von der Klammer mit den Initialen E und U, die über ihrem linken Ohr den Schleier hielt – und ging zu ihren Begleitern zurück.
    Einen halben Tag ritten sie nun schon durch die düsteren Wälder des Harzes. Während Hermann und Arnold das Wetter anhand der Wolken zu deuten versuchten, wanderten Utas Gedanken zurück

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