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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Trinkers abzuschaben. »Ich hatte dir doch ausdrücklich befohlen, hier niemanden heraufzulassen!«
    Unter den kratzenden Geräuschen des Messers verzog von Spungnitz schmerzverzerrt das Gesicht. »Habt Erbarmen, Herr. Wolfgang und ich, wir hatten nichts mehr zu essen und brauchten die Münzen.«
    »Waren während meiner Abwesenheit noch andere Pilger oder Reisende da?« Esiko erinnerte sich, die Burg zuletzt vor mehr als zwei Jahren besucht zu haben.
    »Nein, Herr«, jammerte von Spungnitz und krümmte sich zusammen, als ihm Esiko das Knie in den Schritt rammte. Der durchdringende Schmerz ließ ihn sein blutiges, brennendes Gesicht vergessen. »Bitte Herr, seid gnädig!«, flehte er zitternd mit verzerrtem Gesicht. »Ich will auch alles tun, was Ihr verlangt.«
    »Beschreib sie mir!«, herrschte Esiko ihn an und nahm unter den angstvollen Blicken des Verwalters das Blut von dessen Wangen mit der warmen Klinge auf, um es im nächsten Moment genüsslich abzulecken. »Spuck endlich aus, wer die Pilger waren, du elender Säufer!«
    »Drei waren es«, versicherte von Spungnitz und atmete heftiger. »Zwei Weiber, ein Mann.«
    »Geht es etwas genauer?«, setzte Esiko nach und wischte seine blutbefleckte Hand abschätzig am zerschlissenen Wams des Verwalters ab.
    »Der Kerl war breitschultrig«, beeilte sich von Spungnitz zu sagen. »Die Weiber klein und zierlich. Später kam noch ein vierter dazu, ein wahrhaft stattliches Mannsbild. Alle waren ziemlich gut gekleidet.«
    »Zwei Weiber?«, fragte Esiko und horchte auf.
    »Die sahen sich ähnlich.« Von Spungnitz’ Stimme gewann an Kraft. »Waren sehr schön. Sie erinnerten mich an …« Er stockte.
    »An wen?«, fragte Esiko ungeduldig und zerrte erneut an seinem Opfer. Ihm fielen nur zwei Weiber ein, die es nach Ballenstedt ziehen konnte.
    »Sie erinnerten mich an Euch, Herr«, entgegnete von Spungnitz und schaute Esiko, der sich wieder auf ihn gesetzt hatte, mit ängstlichen Augen an.
    »Verdammt!«, spie Esiko aus und ließ vom Körper seines Opfers ab. Sollten seine Schwestern ihm die Mutter gestohlen haben, während er in diesem verdammten Grenzland bis zu den Oberschenkeln im Morast versunken war? Der faulige Geruch der dortigen Wälder hing ihm noch immer in der Nase! Nachdenklich trat er vor das Fußende der Bettstatt. Er sah Hazecha vor sich und wie er sie einst im Speisesaal des Stifts zum Schweigen gebracht hatte. Danach erschien ihm Uta und ihr angsterfülltes Gesicht vor beinahe zwei Jahren, als er ihr zur Chorweihe den Tod der Mutter angelastet hatte.
    »Das, meine lieben Schwestern, werde ich euch heimzahlen!«, sprach er zu sich selbst und zog ruckartig den verwunderten Verwalter nach oben. »Hazecha soll als Erste erfahren, was es heißt, ein an Esiko von Ballenstedt gegebenes Versprechen zu brechen! Denn wer Zusagen an einen Esiko von Ballenstedt nicht einhält, wird …!« Im nächsten Moment rammte er von Spungnitz seine Klinge tief in die Brust, so dass dieser taumelte und nach ihm griff. Angewidert stieß Esiko ihn von sich. Als der Kopf des Verletzten mit einem dumpfen Laut auf dem Boden aufschlug, machte Esiko einen großen Schritt über ihn hinweg und stieg die Treppe zum Burghof wieder hinab.
    »Kaiserliche Hoheiten, Ihr müsst einige Tage auf meine Dienste verzichten. Ich habe noch eine dringende Familienangelegenheit zu klären!« Mit einem Satz sprang er auf sein Pferd und gab ihm die Sporen.
    »Geliebte Mutter, auch heute finde ich den Weg zu Euch.« Hazecha kniete vor einem Beet und zupfte einige Unkräuter, die sich zwischen den gepflanzten Sträuchern auszubreiten drohten. Noch am Tag ihrer Rückkehr aus Ballenstedt hatte sie die Gebeine der Mutter mit Hilfe eines schweigsamen Knechtes unbemerkt im Stiftsgarten begraben können. Um nur ja kein Aufsehen zu erregen, hatte sie die Erde über der Grabstatt mit Andorn bepflanzt, der ihr bei der Behandlung von Kranken gute Dienste leistete. Seitdem bot sich ihr bei der täglichen Arbeit, zu der auch die Pflege und das Ernten von Kräutern gehörten, die Möglichkeit, der Mutter nahe zu sein. »Er ist nicht, wie er scheint, der Andorn«, sprach sie leise, als sie sich an die Zeilen im Hortulus erinnerte. »Sein Geschmack, scharf und brennend im Munde, unterscheidet sich von seinem süß duftenden Geruch. Besonders hilft er, wenn man ihn heiß vom Feuer trinkt. Und wenn einmal feindselige Stiefmütter Gifte zusammensuchen und sie dir ins Getränk mischen, so unterdrückt ein sogleich genommener

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