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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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hatte auch die letzte Dame Name, Herkunft und Vorlieben geäußert.
    Uta hatte vernommen, dass bis auf Schwester Alwine, ein Waisenkind, alle Sanctimonialen adlig waren. Die meisten waren einige Jahre älter als Uta und bereits nach Gernrode gegeben worden, als sie selbst noch lange Jahre mit der Mutter auf den Wiesen um Ballenstedt herum Narzissenkränze geflochten hatte.
    »Und nun möchten wir etwas über Euch erfahren, Schwester«, richtete die Äbtissin das Wort an Uta.
    Zögerlich trat Uta einige Schritte vor. »Vom Burgberg in Ballenstedt schickte man mich hierher«, begann sie und wusste nicht recht, was sie den Sanctimonialen, die einander in ihrer schwarz-weißen Eintönigkeit alle glichen, mitteilen sollte.
    »Ihr müsst lauter sprechen«, forderte ein hochgewachsenes Mädchen in schnippischem Ton. »Wir verstehen Euch nicht.« Irritiert blickte Uta zum ersten Mal bewusst einer der Sanctimonialen in die Augen. Es waren kalte Augen in einem Gesicht auf einem unendlich dürren Hals, an dem die Adern hervortraten.
    »Das wird sie noch lernen, Schwester Notburga«, besänftigte die Äbtissin und warf dem Mädchen einen mahnenden Blick zu. Daraufhin grinste besagte Notburga das Mädchen hinter sich verschwörerisch an und senkte erst danach den Kopf.
    »Ich bin Uta von Ballenstedt«, fuhr Uta etwas lauter fort.
    »Meine Mutter war …« Sie zögerte. »Meine Mutter war …« Sie spürte, wie der Boden unter ihren Füßen zu wanken begann. Der Name der toten Mutter wollte ihr nicht über die Lippen kommen. »Sie ist … sie war«, setzte sie erneut an, wandte sich dann völlig aufgelöst um und rannte aus dem Garten.
    In ihrer Zelle angekommen, riss sich Uta den Schleier vom Kopf und kauerte sich an die Wand neben der Liege. Sie ertrug das irdische Leben ohne die Wärme der Mutter und ihrer Geschwister nicht. Sie spürte eine tiefe Schwärze in sich, die ihr alle Kraft und allen Willen raubte.
    Da klopfte es an der Zellentür.
    »Ich will niemanden sehen«, schluchzte sie.
    »Das braucht Ihr auch nicht.«
    Uta erkannte die Stimme der Krankenschwester.
    »Ich wollte Euch nur warnen.«
    Uta tupfte sich die Augen mit dem Schleier trocken.
    »Auf jeden Fall solltet Ihr Euch vor den Hildesheimer Geschwistern in Acht nehmen«, hörte sie Alwine auf der anderen Seite der Tür sagen. »Notburga und Bebette halten sich für edler und geistreicher als alle, die wir hier im Kloster zusammen sind. In jeder Messe beten sie nur darum, die bestmöglichste Heiratspartie zu machen.«
    Uta horchte auf. Hochgewachsen waren die beiden Mädchen gewesen und ungefähr in ihrem Alter, schätzte sie.
    »Bitte kommt unbedingt zum Nachmittagsgebet. Sonst liefert Ihr ihnen nur Grund zum Spott.« Nach diesen Worten entfernte sich Alwine von der Zellentür.
    Ein durchdringend blauer Himmel, der an die Altarwand gemalt war und dessen leuchtende goldene Sterne das Licht im Kircheninneren auffingen, stellte den beeindruckendsten Anblick in der Stiftskirche dar; seine nähere Betrachtung war jedoch ausschließlich den männlichen Geistlichen vorbehalten. Die Empore war hingegen jener Bereich, der ausschließlich den weiblichen Bewohnerinnen des Klosters für die Erfüllung ihrer Dienste an Gott zugestanden worden war. Die Steine des Geländers an beiden Seiten der Empore waren von der Hitze des Sommers gewärmt, obwohl an diesen fensterlosen Ort kaum Helligkeit drang.
    Uta verharrte ganz außen in der hinteren der beiden Reihen, in der die Sanctimonialen Aufstellung genommen hatten. Der erste Mondumlauf war seit ihrer Ankunft inzwischen verstrichen. Jeden Tag verrichteten die Schwestern im Rahmen des Nachmittagsgebets gemeinsam die Memoria, die aus Gebeten für die Lebenden und Toten bestand und zum Ziel hatte, göttlichen Beistand und die Vergebung der Sünden zu bewirken. Schwester Radegunde, ein reiferes Mädchen mit wächsernem Teint, hatte gerade den Gesang zu Ende dirigiert und schlug nun das Gedächtnisbuch auf. »Schwestern des Stifts Gernrode, erbittet am heutigen Tage, dem Fest des heiligen Kilian, göttlichen Beistand für folgende Seelen«, begann sie und forderte dann ruhig:
    »Schwester Bebette, bitte konzentriert Euch auf die Memoria.«
    Bebette löste ihren Blick vom fernen Chor, in dem Pater Wolfhag gerade für einige männliche Gäste des Klosters die Messe las, und fixierte die Schwester mit hochgezogenen Brauen. »Was habt Ihr uns schon vorzuschreiben?«, mischte sich auch schon Notburga ein. »Ihr seid nicht die Oberin

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