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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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denn betreten. »Die neue Bischofskirche«, sagte sie und tastete mit den Augen Balken für Balken und Stein für Stein ab. Wie wunderschön die Kathedrale doch wurde, an der Uta mitbaute. Mit klopfendem Herzen glitt ihr Blick vom Mauerwerk auf die gelbe Wachspuppe in ihren Händen. »Mutter ist stolz auf dich, Uta«, sagte sie lächelnd und strich der Puppe sanft über das Gesicht. »Wir sind eins. Wir sind die Töchter der Hidda von der Lausitz.«
    Fasziniert von dem Wunderwerk menschlicher Baukunst trat sie vor den Altar und erkannte den gläsernen Schrein. Ein neues Kästchen mit Edelsteinen sollte der Schleier zur Aufbewahrung erhalten, erinnerte sie sich an Ernas Worte, kniete nieder und faltete die Hände zum Gebet. »Lieber Herrgott«, begann sie. »Segne meine Familie. Und bitte sorge dafür, dass es Schwester Edda und den anderen Schwestern in Gernrode gutgehen möge.« So verharrte sie, bis die Sonne untergegangen war und der Vollmond begann, seine geheimnisvolle Schönheit zu offenbaren.
    Sie war in eine göttliche Welt eingetaucht.
    Seit nunmehr neun Mondumläufen sehnte er den Vollmond mehr herbei als den Frieden an der Ostgrenze. Und nun war beides da!
    Hermann blickte in den wolkenverhangenen Himmel. Dann betrat er die kleine Burgkirche. Die mit Baustellenstaub beschmutzten Hände wischte er sich unruhig an den Beinkleidern ab und wartete sehnsüchtig. Obwohl er gerade erst gekommen war, schien es ihm, als hätte er die Krypta schon vor einer Ewigkeit betreten.
    Sein Herz machte einen Satz, als er schließlich die bekannten Schritte über sich vernahm. Sie näherte sich stets derart leichtfüßig, dass er meinte, sie schwebe über den Steinboden zur Krypta hinweg. Erneut rieb er sich die Hände an den Beinkleidern ab und musste an sich halten, um Uta nicht entgegenzulaufen. Acht Stufen, zählte er, ihre acht Stufen auf der Treppe der Zärtlichkeit.
    Uta war die Erste, die sprach, nachdem sie sich in gewohnter Manier zwischen die Säulen vor dem steinernen Kreuz zum Gebet nebeneinandergestellt hatten. »Meine Anklage steht, und ich kann es kaum erwarten, am Christusfest meine Schwester wiederzusehen. Außerdem hat die Prüfung der Holzvorräte mit Meister Jan ergeben, dass wir spätestens in einem halben Jahr weitere Vorräte aufgetan haben sollten. Der Vogt erwähnte neulich noch zwei Höfe, die zuliefern könnten.« Sie war gerade erst aus Balgstädt zurückgekommen und so unauffällig wie möglich direkt in die kleine Burgkirche geeilt.
    »Das freut mich«, entgegnete Hermann und kämpfte gleichzeitig mit seinem Verlangen, das nichts mit Utas Anklage gegen Esiko zu tun hatte, aber sehr wohl mit Gerechtigkeit.
    »Ich, ich …«, begann er nervös und spürte den Schweiß zwischen seinen Fingern. Stumm sprach er sich Mut zu. Er musste es ihr einfach sagen, ansonsten verging er mit jedem Atemzug ein Stück mehr. »Ich möchte dich an meiner Seite wissen«, brachte er schließlich hervor und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Dann trat er vor sie und fühlte bereits seine Stimme beben, obwohl die Worte seinen Mund noch gar nicht verlassen hatten. »Ich liebe dich, Uta von Ballenstedt. Ich liebe dich für deine Zärtlichkeit, für deine Ängste und für deinen Mut. Ich spüre ein Vertrauensband zwischen uns, das ich in dieser Intensität noch nie zuvor gespürt habe.« Mit ihrem unvergleichlichen Willen, für eine Sache zu kämpfen, hatte sie ihm den Mut gegeben, das Wagnis einzugehen – zum zweiten Mal einer Frau seine Liebe zu schenken.
    Uta schaute ihn an und versuchte, seinen unruhigen Blick festzuhalten. Noch nie hatte ein Mann ihr so viel Geborgenheit gegeben, so viel Liebe und Respekt gezeigt. Sie dachte an ihren Kuss auf dem Bauernhof, ihre Zweisamkeit hier in der Krypta und seine Blicke in der Turmkammer, wenn er meinte, Meister Tassilo merke es nicht. Er war der Mann ihrer Wahl, sofern sie denn eine besäße. »Ich kann das Band auch spüren«, flüsterte sie überwältigt.
    Hermann, der verfolgt hatte, wie der Ausdruck in ihrem Gesicht von anfänglicher Überraschung zu Freude gewechselt war, küsste sie daraufhin forscher, als er es einst getan hatte.
    »Aber wie … ich meine … Ekkehard …«, wandte Uta ein, nachdem sie sich von seinen verlangenden Lippen gelöst hatte. Hermann legte seine Fingerkuppen auf ihren Hals und fuhr über die Haut ihres Dekolletés, sein Blick war voll zärtlichen Verlangens. Dann nahm er ihren Kopf zwischen die Hände.
    »Sobald er dich freigibt, möchte

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