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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Quedlinburger Stift als Schreiberin mitgenommen«, entgegnete Uta und schaute zu Esiko auf, der sie um zwei Köpfe überragte. »Du bist noch weiter gewachsen«, vermaß sie ihn mit den Augen und nahm seine Hand.
    »Du eher nicht«, grinste er und baute sich, die freie Hand in die Hüfte gestemmt, vor ihr auf. »Die Kämpfe stählen, weißt du. Ich wüsste niemanden, der mir derzeit mit der Axt und dem Schild das Wasser reichen könnte.«
    Uta trat darauf einen Schritt zurück und betrachtete ihn eindringlich, ließ seine Hand dabei aber nicht los. Den Bart trug er kurz gestutzt, das weizenblonde Haar der Mutter reichte ihm bis zur Brust. Seine ganze Erscheinung strotzte vor Kraft und Tatendrang. »Du hast sicherlich meinen Brief erhalten«, sagte sie.
    Esiko betrachtete die Schwester nun aufmerksamer, schwieg aber.
    »Konntest du beim sächsischen Herzog für meine Anklage eintreten? Sag es mir«, bat sie und trat wieder vor ihn, um ihre Hände vertrauensvoll auf seine Brust zu legen. »Ich möchte Gerechtigkeit. Der Vater hat die Mutter umgebracht!«
    Esiko löste sich von ihr und ging schweigend auf die Bettstatt zu. Unter den ungeduldigen Blicken seiner Schwester ließ er sich darauf nieder. Erst dann antwortete er: »Das soll unter Eheleuten so vorkommen … du verstehst!«
    Fassungslos betrachtete Uta den Bruder von oben bis unten.
    »So etwas soll vorkommen?«, ereiferte sie sich.
    »Sie war nur ein Weib«, sagte er und legte die Füße auf das hölzerne Kopfteil der Bettstatt.
    »Der Vater hat doch aber unsere Mutter umgebracht«, entrüstete sich Uta. »Sie in einem Moment, in dem sie schwächer nicht hätte sein können, getötet!«
    »Weil sie hinter seinem Rücken Machenschaften betrieb, Schwesterlein.« Mit diesen Worten begann Esiko, sich den harten Schlamm von der rechten Schuhsohle zu kratzen. Verständnislos starrte Uta den Bruder an.
    »Die Mutter hat ihn hintergangen mit ihren Machenschaften«, erklärte Esiko mit einem Blick auf die fassungslose Schwester und dachte dabei, dass ihre feinen Gesichtszüge und der kühne Blick in all den Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hatten. »Aus eigener Kraft hast du dich damals sicherlich nicht vom Krankenlager erhoben.«
    »Ma… Ma… Machenschaften, nennst du das? Sie brachte mich ins Kloster, weil das meine einzige Überlebenschance war!« Nervös streifte Uta den silbernen Armreif ab, den ihr Königin Gisela während des Umritts geschenkt hatte, und drehte ihn zwischen den Fingern. »Zu To… To… Tode hätte er mich geprügelt!«
    »Wie konntest du dich diesem Halbwüchsigen auch nur so feilbieten, Schwesterlein«, sagte Esiko, wobei sich sein Blick im Nichts der Kammer verlor.
    Uta hob verzweifelt die Hände, so dass der Armreif auf den Boden fiel. »Er war es, der mich überfiel, und nicht andersherum!«
    »Schwesterlein!« Je aufgeregter sie wurde, desto leiser sprach er. »Das spielt dabei überhaupt keine Rolle. Du hattest der Zweisamkeit zugestimmt, indem du zusammen mit ihm die Burg verließest.«
    »A… a… aber«, setzte Uta erneut an.
    Esiko sprang von der Bettstatt auf. »Wann verstehst du endlich, dass du einen Fehler begangen hast und dafür bestraft worden bist!«
    »Beinahe mit dem To… To… Tode bestraft für einen Ausritt?«
    Augenscheinlich fürsorglich legte er seine Hand auf ihre Schulter. »Schwesterlein, so funktioniert unsere kleine Welt nun mal.«
    Uta schüttelte seine Hand ab und wich vor ihm zurück. »In deinen Augen vielleicht, nicht in meinen!«, erwiderte sie mit fester Stimme und deutete mit dem Kinn zur Tür. Sie war nicht mehr die kleine Schwester, die es nicht wagte, dem Bruder entgegenzutreten.
    An den Armen zog Esiko sie wieder zu sich heran. »Auch in deiner Welt gelten Regeln. Hat dich das die schöne Königin noch nicht gelehrt?« Dabei sah er ihr tief in die Augen – und genoss es.
    Doch Uta unterbrach den intensiven Blickkontakt: »Aber wir müssen doch für Gerechtigkeit sorgen, Esiko! Das bist auch du der Mutter schuldig!«
    »Gerechtigkeit muss nur dann hergestellt werden, wenn zuvor Unrecht geschah«, entgegnete Esiko trocken.
    »Esiko!«, fuhr Uta auf. »Was redest du denn da?«
    »Unser Vater hat nichts Verwerfliches getan«, sagte Esiko in ruhigem Ton. »Ich kann dein Ansinnen daher nicht unterstützen. Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren – demnächst sogar als kaiserlicher Heerführer. Und der Mutter schulde ich gar nichts. Im Gegenteil. Sie schuldet mir etwas!«
    »Erna

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