Die Herrin der Kelten
Rotschopf mit fahler, teigiger Haut und wässrigen Augen - stammt von einer Gallierin von hoher Geburt. Er hat seine Kindheit und Jugend zum größten Teil in Gallien verbracht und sich so sehr den Gepflogenheiten der Römer angepasst, dass er sogar beim Essen die Toga trägt und sich zweimal im Monat die Haare aus den Nasenlöchern auszupft, um sich hübsch zu machen - das ist wahr, glaubt mir!« Gunovic erhob ungehalten die Stimme, als er die kritisch hochgezogenen Brauen und das spöttische Grinsen auf den Gesichtern um sich herum sah. »Ihr könnt euch ruhig darüber lustig machen, aber Amminios hat den Segen seines Vaters und verbringt seine Tage damit, mit den Gouverneuren in Gallien Wein zu trinken. Er ist bereits Eigentümer von drei großen Gestüten, besitzt die Handelsrechte für Wein und Glas und feines Tafelgeschirr, und ist dabei, sein eigenes Privatvermögen anzuhäufen.«
»Und Sklaven.« Die ältere Großmutter spuckte erbittert ins Feuer. »Der Kerl erwirbt sein Vermögen doch in erster Linie mit dem Handel von Sklaven. Sein Reichtum ist auf Blutvergießen gegründet, genau wie der seines Vaters.«
»In der Tat, das mag wohl sein.« Gunovic nickte bedächtig. »Caradoc jedoch ist von einem ganz anderen Schlag. Er ist wahrhaft außergewöhnlich. Er ist genau der Krieger, den man an seiner Seite haben möchte, wenn man in einer Schlacht kämpft. Seine Mutter führt die Kriegerverbände der Ordovizer an, und wie ihr alle wisst, werden die Ordovizer nur noch von den Silurern übertroffen, was den Mut und die Kraft ihrer Krieger angeht.« Sein Blick ruhte auf Eburovic, dessen entfernte Vorfahren Silurer gewesen waren.
Eburovic streckte die Arme und schob seine Füße näher ans Feuer. »Das ist eine Lüge«, sagte er liebenswürdig, »und das weißt du auch.«
Gunovic grinste. Der Schmied der Eceni war sein engster Freund. Doch was ist das Leben, wenn man einen Freund nicht mal ein bisschen aufziehen kann? Die anderen grinsten mit ihm, und die Spannung löste sich wieder.
Eburovic rückte ein wenig herum, so dass das Licht des Feuers auf sein Gesicht fiel. »Du solltest schon die Wahrheit sagen, wenn du ein Sänger sein möchtest, Schmied. Die Silurer sind gute Krieger, einige von uns mögen vielleicht sogar Helden sein, aber die Ordovizer sind außergewöhnlich. Es heißt, dass sie bereits mit dem Kampffieber in den Augen geboren werden, und dass dieses Feuer niemals erlischt. Diejenigen, die gegen sie in den Kampf ziehen, machen sich von vornherein darauf gefasst, dass sie diesen Kampf nicht überleben werden. Die meisten von ihnen finden dann auch tatsächlich den Tod.«
Gunovic neigte den Kopf. »Das mag durchaus so sein. Ich beuge mich deiner größeren Erfahrung. Caradocs Mutter ist ganz sicherlich eine Kriegerin von überragendem Können und großer Tapferkeit. Ihr Name ist Ellin nic Conia.« Seine Stimme nahm wieder jenen speziellen Tonfall an, den er sich für die Heldengeschichten aufsparte. »Sie ist hoch gewachsen und bildschön, mit Haar von der Farbe reifen Getreides und grüngrauen Augen, die sämtliche Farbnuancen des Meeres annehmen. Sie trägt eine Tunika in der Farbe ihrer Augen und ist überall im Land für ihren Heldenmut in der Schlacht bekannt. Ihre Pferde sind die prächtigsten und edelsten derjenigen Rasse, die im Westen gezüchtet wird, ihr Schwert versetzt die härtesten Hiebe, ihr Speer fliegt am weitesten. Oder zumindest...« Seine Stimme veränderte sich abermals und nahm einen Tonfall an, in dem unverhohlene Bewunderung mitschwang, »... zumindest war dem so bis zum letzten Winter, als ihr Sohn Caradoc im Alter von elf Jahren die ordovizische Kriegerprüfung ablegte und seinen Speer errang. Jetzt übertrifft der Sohn die Mutter sogar schon im Speerwurf.«
»Mit elf Jahren? Er hat schon als Elfjähriger seine Kriegerprüfung bei den Ordovizern bestanden?« Es war Tagos, der Neffe von Sinochos, der diese Frage stellte. Tagos war zwölf, fast dreizehn, und er sollte seine Prüfung bei der Stammesversammlung im kommenden Winter ablegen. Es galt als ein gutes Alter, um einen ersten Versuch zu wagen, ein Alter, in dem sich der Prüfling nicht zu schämen brauchte, falls er beim ersten Mal durchfiel. Um die Prüfung zu bestehen, musste er einen Speer schleudern und dabei aus einer Entfernung von fünfzig Schritten neun von neun Malen ins Schwarze treffen. Weniger als einer von zehn Jungen, die das versuchten, bestand die Prüfung gleich beim ersten Mal.
»Das hat er,
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