Die Herrin der Kelten
langsamer und länger brennend, zehrten an ihren Füßen und Fingern. Sie ignorierte sie und sah sich um. Die Götter in ihrer unendlichen Barmherzigkeit hatten die Gesichter derjenigen angenommen, die sie liebte. Airmid und Macha beugten sich über sie, beide in Tränen aufgelöst. Bán hielt die Zügel der grauen Stute, sein Gesicht vor Gram verzerrt; selbst Hail konnte ihn nicht trösten. Caradoc kniete neben ihr, triefend nass so wie damals, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war, und der Römer stand ganz in der Nähe. Luain mac Calma, den sie zwar nicht liebte, aber zu achten gelernt hatte, blickte in ihr Herz und rammte seine Faust zum zweiten Mal in die weiche Stelle unterhalb ihres Zwerchfells. Greller, weiß glühender Schmerz explodierte in ihrem Inneren. Sie hustete, und aus dem Husten wurde ein krampfartiger Würgeanfall. Sie fluchte voller Qual, verwünschte sie alle. Viele Hände halfen ihr, sich aufzurichten, und zogen sie auf die Knie. Sie erbrach sich heftig und schmeckte den kalten Schlamm des Flusses. Eine kräftige Hand schlug ihr auf den Rücken, und schon ergoss sich mehr Wasser aus ihrem Mund und immer noch mehr; sie erbrach sich schier endlos lange. Danach war das Atmen leichter, wenn auch nicht weniger schmerzhaft. Eine Hand packte ihr Kinn und hielt ihren Kopf fest. Schwarzes Haar, von dem Birkenrindenband der Träumer zusammengehalten, schob sich in ihr Blickfeld. Das dazugehörige Gesicht war eines, das sie kannte, aber es war nicht Airmids. Sie runzelte die Stirn, versuchte angestrengt, sich zu konzentrieren. Eine Reiherfeder tanzte in der Brise und fesselte ihre Aufmerksamkeit.
Luain mac Calma sagte: »Willkommen zurück im Land der Lebenden, Kriegerin. Wirst du jetzt unter uns bleiben, oder möchtest du deine Reise fortsetzen?«
Es war mehr als nur eine Frage. Welten hingen in der Schwebe, während sie auf ihre Entscheidung warteten. Irgendwo in der Ferne lachte die ältere Großmutter - ihre ältere Großmutter - spitz. Airmid, mehr in ihrer Nähe, drückte ihre Hand. Bán ließ die graue Stute los; ein weiches, samtiges Maul berührte sanft ihr Haar, und eine Woge warmen Atems hüllte sie ein. Sie dachte an ein Fohlen, das bald geboren werden sollte, und wie viel es ihr bedeutet hatte. Die Augen vor ihr wurden klarer erkennbar und erwiesen sich als braun. Sie sahen geradewegs in ihre Seele hinein und durch sie hindurch zu den Göttern jenseits davon. Sie berücksichtigten weder Selbstmitleid noch Selbsttäuschung.
Breaca zog sich an den Händen hoch, die die ihren umschlossen hielten, und setzte sich richtig auf. »Ist der Teich unversehrt?«, fragte sie. »Oder ist er durch irgendjemanden entweiht worden?«
»Der Teich ist unversehrt«, versicherte Airmid ihr. »Der Römer hatte sich bereits in die Felsspalte geschoben. Er hat dich aufgefangen. Caradoc hat Dubornos festgehalten und ans Ufer gebracht. Er wird am Leben bleiben, obwohl sein Stolz schwer angeknackst ist. Wenn du nun auch noch zu uns zurückkehrst, ist niemand gestorben.« Ihre Stimme war ruhig und fest, die Stimme einer Träumerin, die im Traum das Schlimmste gesehen hat und deren Schreckensvision gerade noch verhütet wurde. Ihre Augen sagten jedoch ganz andere Dinge. Breaca blickte in ihre dunklen Tiefen und lächelte.
»Ich bin ja schon zurückgekehrt«, sagte sie. »Ich könnte jetzt nicht zu den Göttern gehen. Ich werde immerhin gebraucht, um bei der morgigen Ratsversammlung mit abzustimmen.«
Sie blickte sich nach dem Römer um und sah ihn hinter mac Calma im Schlamm knien, während er sie gelassen beobachtete. Caradoc stand neben dem Römer, eine Hand auf seinen Arm gelegt; auch hier war eine trennende Grenze überwunden worden. Breaca zog ihre Brauen in einer Frage hoch, die sowohl an ihn als auch an Macha gerichtet war: »Wenn es denn nach dieser Sache überhaupt noch notwendig ist, die Ratssitzung abzuhalten.«
XI
Sie hielten die Ratssitzung dennoch ab. Die Ältesten hatten extra zu diesem Zweck die weite Reise auf sich genommen, und es hätte sich nicht geziemt, sie nun unverrichteter Dinge wieder fortzuschicken. Und dann waren da schließlich auch noch diejenigen, ganz besonders in Dubornos’ Anhängerschaft, die behaupteten, der Römer hätte alles das, was passiert war, ausschließlich im Hinblick auf die Entscheidung des Rates hin arrangiert. Dieser Ansicht wurde zwar von anderen und weniger tollkühn Veranlagten entgegengehalten, dass er lediglich die Gunst der Stunde genutzt habe und dass die
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