Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
Frage nicht lauten könne, ob er ein guter Krieger mit einem scharfen Verstand sei oder nicht, sondern vielmehr erwogen werden müsse, ob er nicht vielleicht ein Mann war, der, wenn man ihn am Leben ließ, wieder in die Reihen des Feindes zurückkehren würde, und das mit einem Herzen voller Rachegelüste und den Kopf vollgestopft mit Wissen über die Eceni. Die Erinnerung an die Invasion war, wenngleich sie schon drei Generationen zurücklag, in ihren Gemütern eben noch sehr lebendig, und das Verhalten des Römers hatte nicht unbedingt dazu beigetragen, ihre Ängste zu zerstreuen.
    Der neue Tag dämmerte hell und wolkenlos herauf. Der Frühling stand in voller Blüte. Und da dies eine Ratsversammlung war, bei der sämtliche Mitglieder anwesend waren, hatten sich die Teilnehmer angemessen und den Göttern gebührend gekleidet. Breaca trug ihre neue Tunika, ein Geschenk von Airmid. Die Tunika war von einem dunklen Rostrot, nur eine Nuance dunkler als ihr Haar, und mit einer moosgrünen Borte eingefasst. Der Flussschlamm war aus Breacas Haar herausgewaschen worden, und anschließend hatte sie es gekämmt und geflochten und die einzelne Krähenfeder mit dem rot gefärbten Kiel in den Zopf geschoben, Symbol für einen getöteten Feind. Es war noch zu früh im Jahr, als dass sie bereits eine neue Tierhaut für ihren Schild hätte finden können, doch die ältere Großmutter - die neue ältere Großmutter - hatte ihr die Pigmente gegeben, die notwendig waren, damit sie den Schlangenspeer noch einmal neu auf den alten Schild aufmalen konnte, und er leuchtete nun in jenem tiefen Rot von frischem Ochsenblut, das, auch wenn es trocken war, nicht nachdunkeln und sich bräunlich verfärben würde.
    Schon bald nach Sonnenaufgang saß sie vor dem Eingang der Schmiede ihres Vaters auf einer Bank und rieb mit einem feuchten Strang Schafswolle, den sie zuvor in Flusssand getaucht hatte, über die gesamte Länge ihres Schwerts. Ihr ganzer Körper schmerzte; schwarze, rotgeränderte Blutergüsse verteilten sich über ihre Schultern und ihren Rücken, ihre Hand war steif und verkrampfte sich zunehmend. Airmid hatte Breaca, bevor sie am Abend zuvor schlafen gegangen waren, einen Trank gereicht, der die schlimmsten Schmerzen lindern konnte, aber er hatte sie auch schläfrig gemacht und merkwürdig weinerlich, und diesen Zustand wollte Breaca am Tag der Ratsversammlung nicht noch einmal riskieren. Folglich saß sie im Sonnenschein, polierte ihr Schwert und tat ihr Bestes, um den Schmerz zu ignorieren.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Breaca hob mit einem Ruck den Kopf. Der Römer lehnte entspannt an der Ecke der Schmiedewerkstatt. Nach den Geschehnissen am Fluss hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen. Caradoc hatte ihn damals bereits fortgeführt, als sie noch immer darum gekämpft hatte, aufrecht zu stehen, ohne zu husten. Die anderen Männer hatten die beiden bald eingeholt, und hinsichtlich der Sicherheit des Römers hatte man es für das Beste erachtet, wenn er vor der Ratsversammlung nicht mehr mit Dubornos’ Anhängern zusammentraf. Doch selbst ohne diese Maßnahme hätte Breaca ihn nicht von sich aus aufgesucht. Schon seit dem Schiffsunglück war sie ihm nach Möglichkeit aus dem Weg gegangen und hatte sich, wenn ein Zusammentreffen einmal nicht vermeidbar war, auf ein Minimum an Höflichkeit beschränkt. Denn Breaca hatte keinen Zweifel daran, dass der Rat ihn verurteilen würde, und sie hatte nicht vor, ihn vor diesem Urteil noch in ihr Herz zu schließen. Dennoch, sie konnte ihm jetzt auf seine klare Frage eine Antwort nicht verwehren.
    »Es geht mir gut, danke. Und dir?« Ihr Gallisch war nicht sehr gut, und dieser Umstand machte ihre Unterhaltung noch unbeholfener.
    »Angeschlagen, aber nicht gebrochen.« Nachdenklich ließ er seine Schultern kreisen und betastete die alte Speerwunde an seiner Seite. Diese Geste erinnerte Breaca so deutlich, als ob er es in Worten formuliert hätte, an die Tatsache, dass er nicht immer ein unbewaffneter Mann gewesen war, der nun seinem eigenen Tod ins Auge blicken musste. Sein Handeln am Fluss war eben doch kein Zufall gewesen.
    Breaca zog einen frischen Strang Wolle aus dem Beutel an ihrer Seite und rieb damit geistesabwesend an ihrer Schwertklinge entlang, bis die Muster, die sich über die Schmiedearbeit ihres Vaters schlängelten, bläulichgrau glitzerten, wie ein Fisch unter der Wasseroberfläche. Der Römer tastete in dem noch taunassen Gras nach einem Platz, den die Sonne bereits

Weitere Kostenlose Bücher