Die Herrin der Kelten
Reifen, die seine Arme schmückten, waren mit rosa Korallen besetzt und mit Emaileinlegearbeit verziert, in Farben, wie Breaca sie noch nie zuvor gesehen hatte; doch abgesehen davon hatte er sich nicht sonderlich prunkvoll für diesen Empfang gekleidet und auch kein besonderes Pferd gewählt. Dubornos hatte ihn mit seinem protzigen Schmuck und der auffallenden Tunika mühelos übertroffen, und Bán hatte das weitaus bessere Pferd. Was Cunobelin jedoch hatte, war eine starke persönliche Ausstrahlung, die keinen Platz für Listen oder Manöver ließ, die nicht so sehr Furcht erweckte als vielmehr die Gewissheit, dass sein Wille Gesetz war und nicht bestritten werden konnte, dass Breaca ein Nichts war und er ein Herrscher mit ungeheurer Macht. Genau wie seine Festung, so war auch er alles das, was man ihr über ihn erzählt hatte, und noch mehr. Sie wird größer sein als alles, was du dir jemals vorgestellt hast. Wie hätte der Mann, der diese Festung kraft seiner Charakterstärke erobert hatte und seit dreißig Jahren hielt, ohne zu kriegerischen Mitteln greifen zu müssen, auch irgendetwas anderes sein können? Und er hatte Breaca Prinzessin genannt.
Sie begrüßte ihn auf die Art und Weise, wie es unter den Angehörigen von Königshäusern üblich war. »Cunobelin. Vater und Herrscher der Catuvellauner und Beschützer der Trinovanter. Deine Anwesenheit ehrt uns.« Es war die förmlichste Begrüßung, die sie kannte. Sie sprach in dem neutralen Dialekt, mit dem Togodubnos das Gespräch eröffnet hatte, und verzichtete auf die gedehnteren Vokale und weicheren Konsonanten ihrer heimatlichen Mundart.
»Nicht mehr, als eure Anwesenheit uns ehrt.« Cunobelin lächelte jetzt nicht mehr nur mit den Augen. Genau wie es bei Caradoc der Fall war, wenn er lächelte, schien das Lächeln auch Cunobelins ganzes Wesen zu verändern und sogar die Luft um ihn herum, so dass die Sonne, die Breacas Haut streifte, plötzlich wärmer erschien. »Wir haben im Südhafen ein Schiff im Dock liegen. Es ist zwar weder so schnell noch so groß wie die Greylag , aber es gilt trotzdem als ein gutes Schiff. Wir würden uns geehrt fühlen, wenn eure Seeleute es als Geschenk von uns annehmen würden.«
Er will ihnen ein Schiff geben? Als Geschenk? Ein komplettes Schiff?
Breaca war sprachlos vor Überraschung, und genau das war zweifellos auch Cunobelins Absicht gewesen. Segoventos war in Hörweite; die halbe Wiese war in Hörweite. Breaca hörte das Stampfen und Klirren von Pferden und das Schnauben eines unruhigen Tieres irgendwo am rechten Ende ihrer Linie, wo der Gallier auf seinem kleinen, gedrungenen Schecken saß. Ihr gegenüber und außerhalb des Blickfelds seines Vaters neigte Togodubnos den Kopf und hob ihn dann wieder in einem unmissverständlichen Nicken der Bestätigung. Sie hätte ihn dafür umarmen können.
Mit lauter, fester Stimme sagte sie: »Ich bin überzeugt, dass der Kapitän der Greylag überwältigt vor Dankbarkeit für ein solch großzügiges Geschenk sein würde.«
Es war offenbar genau die richtige Antwort. Die angespannte, feindselige Atmosphäre des Morgens löste sich auf. Neben sich hörte Breaca Caradocs leises Schnauben der Belustigung. Sein Vater nickte nur schlicht.
»Gut.« Noch immer lächelnd, wenn auch jetzt eher nachdenklich, zog der Sonnenhund sein Pferd herum. »Das Schiff hat bisher noch keinen Namen. Es liegt in dem tiefen Hafenbecken am Fluss. Wir werden ihm später einen Besuch abstatten, um uns zu vergewissern, dass es für diejenigen, die es segeln werden, passend ist. Vielleicht möchten sie es dann taufen. Aber vorher sollten wir uns erst einmal stärken. Meine Leute haben eine Mahlzeit zubereitet. Ihr nehmt unsere Gastfreundschaft an und leistet uns Gesellschaft?«
Auch das war keine Frage. Breaca neigte den Kopf. Mit vollendeter Würde erklärte sie: »Wir würden uns geehrt fühlen.«
Sie hatte eine Imitation Roms oder auch Galliens erwartet. Sie hatte sich innerlich darauf vorbereitet, mit Wein bewirtet zu werden und ihn abzulehnen, Fisch und Wassergeflügel und andere von Nemains Tieren vorgesetzt zu bekommen und auch diese abzulehnen, von Sklaven bedient zu werden und ihre Dienste ebenfalls zurückzuweisen. Unterstützt von Caradoc, Luain mac Calma und, in letzter Zeit, auch von dem Römer, hatte sie getan, was sie konnte, um zu verstehen, wie es war, von einem einzelnen Teller zu essen und dabei seitlich auf einer Bank zu lehnen, und sie war bereit gewesen, mit scheinbarem Genuss
Weitere Kostenlose Bücher