Die Herrin der Kelten
das graubraune Hengstfohlen, um hinter Breaca herzureiten. Mit einem schüchternen Lächeln fiel die Frau zurück, um ihn zu begrüßen oder vielleicht auch, um ihn in eine Unterhaltung zu verwickeln. Sie sprach hastig, ihre Worte viel zu schnell, als dass Breaca ihnen hätte folgen können, aber sie klangen irgendwie ermahnend oder möglicherweise auch warnend. Ihr Akzent ließ erkennen, dass sie von hoher Geburt war, und er stimmte so gar nicht mit der schmucklosen Schlichtheit ihrer Kleidung überein. Breaca hörte Caradocs amüsierte Antwort und das dumpfe Geräusch von Bronze, die gegen Eisen schlägt. Drei Schritte weiter, und der Krieger war wieder an ihrer Seite; er hielt sein Geschenk in der Hand, doch ihm fehlte der Armreif, den er vorhin noch getragen hatte.
»Kanntest du die Frau?« fragte Breaca. Der Armreifen war ein Geschenk ihres Vaters gewesen. Er war sehr viel mehr wert als jeder Welpe.
»Ein bisschen.« Sein Grinsen glitzerte jetzt gefährlich, Ausdruck eines plötzlichen Zorns, der dicht unter der Oberfläche brodelte. Breaca hatte zwar von Anfang an damit gerechnet, dass es hier Unterströmungen geben würde - Feindschaften, alte Fehden und Treuepflichten, über die sie nichts wusste -, aber es beunruhigte sie doch etwas, diese Spannungen jetzt so bereitwillig enthüllt zu sehen. Sie hätte Caradoc gerne um eine Erklärung gebeten, doch die Art seines Lächelns ließ das nicht zu. Er verschloss sich vor ihr, genauso wie er es damals auf der Landspitze getan hatte, noch nass von der See.
Caradoc bettete den Welpen in seine Armbeuge und hüllte ihn in eine Falte seines Umhangs. Nach der morgendlichen Kälte jetzt endlich wieder warm und geborgen, beruhigte sich das Tierchen denn auch sofort und hörte zu winseln auf. »Es ist ein guter Welpe«, erklärte Caradoc. »Odras ist die Letzte aus der alten Königsfamilie der Trinovanter. Sie ist eine Nichte von Togodubnos’ Mutter, durch die mein Vater herrscht. Sie ist im ganzen Land für die Qualität ihrer Jagdhunde bekannt. Dein Bruder wird diesen hier bestimmt mögen, wenn er größer wird. Erwarte nur nicht von mir, dass ich mich um das Tier kümmere, wenn es zu einem Kampf kommt.«
»Es wird keinen Kampf geben. Das werde ich nicht zulassen.«
Irgendwo hinter ihr fluchte jemand auf Lateinisch, und Breaca drehte sich gerade rechtzeitig im Sattel um, um zu sehen, wie Báns Stute auf den Bullen traf. Die beiden Händler hatten die Seiten gewechselt, und das Tier stand jetzt mitten auf dem Weg, den Kopf drohend gesenkt. Der Römer war glücklicherweise heil an dem Bullen vorbeigekommen. Er wartete auf der anderen Seite und erteilte dabei Ratschläge in gebrochenem Gallisch, die aber sowohl von den Männern als auch von dem Jungen ignoriert wurden. Die beiden Männer, die zuvor noch so getan hatten, als ob sie um den Preis des Tieres feilschten, hatten ihre Verstellung jetzt gänzlich aufgegeben; der bevorstehende Spaß war einfach zu schön. Auf einen anspornenden Knuff von dem größeren der beiden Händler hin machte der Bulle einen Schritt vorwärts und scharrte angriffslustig mit seinen Hörnern über den Boden. Die Silberkappen auf den Spitzen verbogen sich und drehten sich nach innen.
»Bán...« Breaca griff nach ihrem Schwert. Sie hatte es noch nie im Zorn gezogen. Bei dem Gedanken juckte es ihr förmlich in den Fingern.
»Nein. Sieh doch! Er kann es schaffen.«
Ihr Bruder lachte hellauf und rief dem Römer etwas zu, das Breaca nicht verstehen konnte. Die rotbraune Stute wirbelte plötzlich auf der Hinterhand herum und sprang leichtfüßig wie ein Reh über das brüllende Kalb hinweg und mitten in den Schweinepferch hinein. Pferd und Reiter hielten noch nicht einmal für die Zeitspanne eines Herzschlags inne, nur gerade lange genug, um ein schrilles, empörtes Gequieke unter den Insassen des Pferchs auszulösen, das selbst in den entlegensten Ecken und Winkeln des Marktes noch Aufmerksamkeit erregte, und dann war die Stute auch schon wieder draußen auf freiem Gelände, und Bán ritt sie gewandt im Handgalopp, um sich wieder seiner Schwester anzuschließen. Die weniger Zurückhaltenden oder auch weniger Taktvollen unter den Händlern spendeten ihm begeistert Beifall.
»Ist sie nicht fantastisch?« Bán ritt an Breacas rechte Seite heran, die Seite der Träumer. Airmid hielt sich zurück, um ihn durchzulassen. »Glaubst du, sie haben die Sache mit dem Bullen speziell für uns arrangiert, damit wir zeigen können, was die Stute alles
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