Die Herrin der Kelten
Pferdelänge von den Brettern entfernt teilte sich die Gruppe in der Mitte und schwenkte scharf herum - die eine Hälfte nach links, die andere nach rechts -, um sich dann zu zwei Kolonnen zu formieren, die parallel zu den Tribünen durch die gesamte Länge der Arena rasten. Vier Phalanxen von Vierjährigen - insgesamt achtzig Pferde - hatten diese Übung perfekt gemeistert. Die anführende Gruppe der Dreijährigen schaffte gerade noch vier Schritte, bevor das widerspenstige schwarz-weiß gescheckte Hengstfohlen völlig außer Kontrolle geriet.
Das Ergebnis war ein chaotisches Durcheinander. Pferde aus den beiden vorderen Reihen krachten gegen die Bretterverschalung. Andere scheuten, bäumten sich angstvoll auf oder wirbelten urplötzlich auf der Hinterhand herum, um der Gefahr zu entrinnen. Größere Pferde prallten gegen kleinere und rissen sie von den Füßen. Ein junges kastanienbraunes Stutenfohlen mit dünnen Beinen stürzte schrill wiehernd zu Boden. Bán sah, wie der Reiter der jungen Stute sich abmühte, den Fuß aus dem Steigbügel zu ziehen und sich aus dem Sattel zu werfen, bevor sein Bein unter dem Gewicht des Tieres zerquetscht wurde. Kurz darauf rappelten sich Pferd und Reiter wieder vom Boden auf, beide unverletzt, doch zu diesem Zeitpunkt beachtete sie schon niemand mehr. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer - und Báns - war auf die Mitte der Arena konzentriert, wo ein geschecktes Hengstfohlen mit einem Fell wie milchweiß gestreifte Pechkohle gegen einen blonden Hünen mit harten Händen, einem noch härteren Griff und einer schmerzhaft zuschlagenden Peitsche kämpfte; und jedem, der auch nur die geringste Ahnung von Pferden hatte, war klar, dass das Fohlen eher bei dem Kampf sterben würde als sich ergeben.
Die Menge lechzte nach dem Geruch von Blut. Die Magistratsbeamten, die in Rom gewesen waren und die Spiele gesehen hatten, spürten, wie die Stimmung unter den Zuschauern umschlug, und erteilten in aller Eile Befehle. Sklaven und freigelassene Männer rannten von der Magistratsloge in die Arena und riefen den anderen Reitern Anweisungen zu. Einige von ihnen - diejenigen, die in diversen Schlachten gekämpft hatten und denken konnten - waren bereits mit Stricken herbeigeeilt, um das Hengstfohlen zu bändigen, wurden jedoch wieder zurückgewinkt. Die übrigen Dreijährigen wurden rasch aus der Arena geführt, so dass nur noch das Hengstfohlen und der Mann auf der kreisrunden Sandfläche zurückblieben. Über ihm in den Sitzreihen hörte Bán, wie Männer und Frauen auf den Gewinner zu wetten begannen und wie lange der Kampf dauern würde und ob es erlaubt sein würde, aufs Ganze zu gehen und den Kampf bis zum blutigen Ende auszutragen, bis das Pferd den Mann tötete, oder ob der Magistrat vorher einschreiten und das Tier schlachten lassen würde.
Bán hörte nur Bruchstücke der Wetten. Er bahnte sich wieder einen Weg zurück unter den Sitzreihen hindurch und kroch weitaus schneller, als er hineingekommen war, durch den Futterspeicher nach draußen. Seine Furcht von zuvor schwand dahin wie Tau unter einer heißen Sonne. Er wusste, wie Iccius sich jedes Mal gefühlt hatte, wenn er nach einer Nacht mit Braxus in den Schlafsaal zurückgekehrt war; das Schlimmste war passiert, und nichts anderes konnte ihm noch etwas anhaben. Und besser noch als das: Nun, da Iccius tot war, stand es ihm, Bán, frei zu sterben, wenn er es so einrichten konnte, dass es ein ehrenvoller Tod sein würde, und er glaubte jetzt, dass dies möglich wäre. Er kroch hinaus ins Tageslicht, kauerte sich einen Moment hin, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, und rannte dann auf die Arena zu.
Niemand hielt ihn auf. Der Lärm auf den Tribünen verebbte, als ob er sich die Ohren mit loser Wolle zugestopft hätte. Die Menschen schienen sich auf der anderen Seite eines Gazevorhangs zu befinden, durch den langsam Luft und Licht hindurchsickerten, während die Geräusche und Anblicke dahinter stark gedämpft wurden - außer an jener einen Stelle in der Mitte der Sandfläche, wo ein Hengstfohlen, das Bán gekannt hatte, bis zum letzten Atemzug kämpfte und ihn mit sich in den Tod nehmen würde. Ein graubraunes Stutenfohlen trabte am Rande seines Blickfelds, das schon seit langer Zeit tot war und sich jetzt plötzlich unter die Geister gemischt hatte als eine Verheißung dessen, was kommen sollte.
Bán gelangte zur Vorderseite der Tribünen. Noch immer hatte ihn niemand gesehen oder versuchte, ihn zurückzuhalten. Er
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