Die Herrin der Kelten
eine sehr viel glaubwürdigere Geschichte gehört, die Geschichte von zwei Jägern, die es gemeinsam mit einem Keiler aufgenommen und ihn mit dem ersten Speerwurf sauber erlegt hatten. Sie sah sich suchend nach Gwyddhien um und fand stattdessen Ardacos, der zu ihrer Rechten kauerte, so reglos wie ein Stein. Sein Speer hing senkrecht an seiner Schulter, und das Jagdmesser in seiner linken Hand war mit Schlamm beschmiert, damit die Klinge nicht in der Sonne glänzte und ihn verriet. Er war nackt, abgesehen von einem Lendenschurz aus Fuchspelz, und seine Haut war so braun, dass er ein Teil des Schattens hätte sein können. So hatten die Ahnen gejagt, das konnte Breaca spüren.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange Ardacos schon dort war, aber es war lange genug, und er war die zweitbeste Wahl als Venutios’ Nachfolger. Sie öffnete den Mund, um ihn um Anweisungen zu bitten. Er legte einen Finger an die Lippen, um ihr zu bedeuten, dass sie keinen Laut von sich geben sollte, und streckte den Arm aus, um ihr zu zeigen, wohin sie und Hail gehen sollten. Sie nickte und war verschwunden, dicht gefolgt von Hail.
Die Geräusche der anderen, die einer anderen Fährte folgten, hallten durch die Wälder. Der Keiler grunzte abermals warnend. Der Ruf eines Wiesels ertönte: Ardacos’ Zeichen zum Angriff. Breaca machte Hail von der Leine los und folgte ihm mit wurfbereit erhobenem Speer durch das Gebüsch - und wich dann abrupt wieder zurück, während sie laut rief: »Nein! Nicht! Es ist eine Sau mit Jungen. Lass sie in Ruhe!« Sie kam gerade noch rechtzeitig, um Hail zurückzuhalten, nicht aber Ardacos, der ebenso schnell war wie das Tier, das ihm im Traum erschienen war, und bereits seinen Speer geschleudert hatte.
Die Götter lächelten auf sie herab. Der Speer des dunkelhäutigen Mannes traf zwar sein Ziel, tötete aber nicht. Die Sau stürmte wutschnaubend vorwärts und ging zum Angriff über, um ihre Jungen zu verteidigen. Breaca stellte plötzlich fest, dass sie Wunder vollbringen konnte, und kletterte in Windeseile an der steilen Stirnseite der Felsnase hinauf, ihren Speer in der Hand, während sie Hail hinter sich hochzog. Sie hörte Ardacos’ schmerzerfülltes Stöhnen.
Sie jagten in den Wäldern der Götter auf der Insel der Götter, und die Götter ließen denjenigen, der ihre Gesetze missachtet und ein Muttertier mit Jungen verletzt hatte, augenblicklich für seine Tat büßen. Breacas Speer hatte keine Wunde hinterlassen, und deshalb wurde sie auch nicht verwundet. Ardacos’ Speer hingegen hatte der Sau eine tiefe Schnittwunde an der Schulter beigebracht, und er wurde auf die gleiche Weise verletzt, an genau der gleichen Stelle, doch er hatte das Tier nicht getötet, und deshalb starb er nicht. Er rollte sich blitzschnell zur Seite, fort von den gefährlichen Hauern, und sprang dann wieder auf die Füße, um den unteren Ast einer Eiche zu packen und sich hinaufzuschwingen, bevor die Sau herumwirbeln und erneut auf ihn losgehen konnte. Ein ausgewachsenes männliches Tier hätte den Baum unentwegt umkreist und nötigenfalls drei Monde lang darauf gewartet, dass seine Beute wieder herunterkam, doch die Sau hatte Junge zu ernähren, und sie hatte die frische Witterung von Jagdhunden in der Nase. So ließ sie schließlich von Ardacos ab und trollte sich murrend, um wieder im Dickicht zu verschwinden.
Nach einer Weile, als nichts darauf hindeutete, dass die Sau noch einmal zurückkehren würde, kletterte Breaca wieder von dem Felsen herunter und fand einen anderen Weg aus dem Wald heraus, der in einem weiten Bogen um das Versteck der Sau herumführte. Die Gefahr war zwar ausgestanden, aber die Erregung des Kampfes pulsierte noch immer durch ihre Adern, so stark wie Winter-Ale. Hail lief neben ihr her, und er brannte darauf, erneut zu jagen. Ardacos hatte in der Zwischenzeit einen anderen, kürzeren Weg aus dem Wald gefunden. Sie traf an der Stelle mit ihm zusammen, wo die Wälder aufhörten und die Klippen anfingen. Er kauerte im Heidekraut, damit beschäftigt, Moos von einem Felsen abzuschälen, um es auf seine Wunde zu legen. Sie hielt das Moospolster für ihn und schnitt einen Streifen Stoff vom Saum ihrer Tunika ab, um es auf seiner Schulter zu befestigen. Er ließ sich Zeit mit dem Verbinden, als ob der Tag noch jung wäre und der Ausgang völlig ungewiss.
»Du hast deinen Speer verloren«, sagte sie. »Ich könnte zurückgehen und ihn holen.«
»Nein. Es ist zu gefährlich, noch einmal zurückzugehen. Ich kann
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