Die Herrin der Kelten
war, und er hatte sich, ohne die anderen zu fragen, ganz am linken Ende der Kette postiert, am Platz des Schildes, der bei jedem Überfall am leichtesten angreifbar war. Er war nicht Teil des Fadengeflechts, das sie zu einer Einheit verband, ebenso wenig wie die Geister, die in seinem Schatten liefen. Breaca dachte, dass Caradoc derjenige sein könnte, der beschließen würde, allein zu jagen, und wartete ab, um zu sehen, ob er das tat.
Ganz gleich, welche Maßstäbe man anlegte, es war keine erfolgreiche Jagd. Die dreißig kämmten den ganzen Morgen hindurch und bis in den Spätnachmittag hinein gemeinsam die Insel ab und fanden doch keinerlei jagbares Wild. Keiner von ihnen hatte schon jemals zuvor erlebt, dass das Land so leer und unergiebig gewesen war, doch die bloße Tatsache ihrer Frustration verband sie noch enger miteinander, so dass - als dann doch endlich die Hunde anschlugen, um zu signalisieren, dass sie Beute witterten - niemand mehr daran dachte, allein zu jagen.
Sie waren in der Nähe einer Felsnase in Sichtweite des Meeres an der westlichen Spitze der Insel, als es geschah. Hinter der Biegung der Felsen erhob sich ein kleiner Hügel, von dessen Kuppe Gwyddhien hinunterrief, um den anderen zu sagen, dass sie Irland sehen konnte, jene Insel am äußersten westlichen Rand der Welt, die nur an ganz besonderen, von den Göttern gesegneten Tagen sichtbar war. Venutios fasste dies als ein von den Göttern gesandtes Zeichen auf und rief Breaca und den anderen zu, die Hunde von der Leine zu lassen. Sie waren gute Hunde, alle überaus eifrig und mit großer Jagderfahrung, und dem unergiebigen Morgen zum Trotz fand jeder von ihnen eine andere Fährte und stürmte mit einer zielstrebigen Entschlossenheit vorwärts, die zumindest auf Rotwild hindeutete, wenn nicht sogar auf einen Keiler. Venutios stieß einen Schlachtruf aus, möglicherweise war es auch Gwyddhien, und nun begann die Jagd ernsthaft.
Die dreißig waren weit verteilt, und Breaca sprintete dicht auf Hails Fersen einen mit Gestrüpp bewachsenen Abhang hinunter, begleitet von ein paar anderen. Caradoc rannte mit ihr und blieb dabei stets in Höhe ihrer linken Schulter, wie er es seit dem Morgen getan hatte. Seine Gegenwart beeinträchtigte zwar ihre plötzliche freudige Erregung angesichts der Verfolgungsjagd, doch nicht in einem solchen Maße, dass sie sie nicht ignorieren konnte; es stand einfach zu viel auf dem Spiel.
»Nach Süden! Dort unten in dem Dornendickicht!«
Gwyddhien rief von der Spitze der Felsnase aus und zeigte hinunter auf die Bäume. Es war später Nachmittag, und Gwyddhiens Silhouette hob sich scharf gegen das Licht der tief am Horizont stehenden Sonne ab. Ihr Haar hatte sich aus dem Band gelöst, das es im Nacken zusammenhielt, und flatterte wild im Wind, so schwarz wie die Krähe, die Brigas Vogel war. Bei dieser Jagd, mehr noch als bei jeder anderen, waren die Zeichen der Götter ein Omen. Breaca rief nach Hail, während sie in die Richtung abbog, in die Gwyddhien zeigte, und in den breiten Streifen verwilderten Waldes hineinstürmte, der sich um den Fuß der Klippe herum ausdehnte. Dornen kratzten über ihre Haut, und tief hängende Buchenzweige peitschten ihr Gesicht. Caradoc verließ sie und rannte in eine andere Richtung. Sie fühlte sich plötzlich nackt und schutzlos auf der Seite, wo er gerade eben noch gewesen war. Sein Verlust, ihr Gewinn, wenn sie das Tier ohne ihn erlegte. Noch immer rennend, duckte sie sich unter den tief hängenden Ästen einer Esche hindurch und sah Hail ein Stück weiter vor ihr auf dem Pfad stehen, stocksteif und grimmig knurrend. Langsam und vorsichtig schlich sie zu ihm, ihren Speer fest in der Hand, und sah dorthin, wo er hinspähte, in die Tiefen eines Schwarzdorndickichts.
Winzige, von Fleischwülsten umrahmte Augen glühten rot vor Abscheu. Hitze und ein stechender Geruch nach Wildschwein erfüllten die Höhle. Ein Hauer schimmerte weiß. Ein Grunzen warnte vor dem sicheren Tod.
Breaca erstarrte, überwältigt von dem alarmierenden Gefühl akuter Gefahr. Ein Keiler konnte einen ausgewachsenen Bären töten, indem er ihn mit seinen Hauern vom Bauch bis zur Kehle aufschlitzte. Es wurden Lieder von einzelnen Jägern gesungen, die, mit nichts als einem Speer bewaffnet, gegen einen Keiler gekämpft und das Tier ohne fremde Hilfe erlegt hatten. Sie waren durch diese Tat zu Helden geworden, doch keiner wusste, ob das wirklich passiert war. Breaca hatte von einem Sänger, dem sie vertraute,
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