Die Herrin der Kelten
gerade versorgt, so wie auch die anderen Verwundeten. Ich soll dir von ihm ausrichten, dass dies erst der Anfang ist. Er wird deiner Ehrengarde beitreten, wenn er wieder gesund ist, falls du ihn brauchst.«
»Ich werde ihn immer brauchen. Er trägt die Seele der Ahnen in sich.« Ein plötzliches Aufleuchten von Gelb erregte ihre Aufmerksamkeit, als ein Umhang in der Brise flatterte. Inmitten des ganzen Tumults und der Aufregung stand Gunovic und wartete, so ruhig und unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung, neben ihm Cerin, deren bloße Anwesenheit eine Erinnerung an den Tod des Sonnenhunds war.
Auch ohne sich umzudrehen wusste Breaca, dass Caradoc den Hinweis gesehen und seine Entscheidung getroffen hatte. Und sie spürte ebenso deutlich wie er, dass seine Entscheidung die richtige war. Zu ihm und zu Airmid, zu Braint und zu Gwyddhien und zu jedem anderen, der zuhörte, sagte sie: »In Anbetracht dessen, was kommen wird, werden wir euch alle brauchen, ganz gleich, auf welche Weise ihr dienen wollt.«
Die Fähre stieß gegen die Eichenpfosten des Anlegers und zerrte mit sanfter Beharrlichkeit an ihrer Vertäuung. Zwei Pferde standen bereit, gehalten von einem in den weißen Umhang der Ordovizer gehüllten Krieger, der die letzte Fähre des Abends genommen hatte, um eine dringende vertrauliche Nachricht zu überbringen. Breaca saß auf einem Felsen, eine Speerwurflänge entfernt, nicht ganz außer Sichtweite. In all der Hektik und der Aufregung um die Ernennung der neuen ranghöchsten Kriegerin, die Vereidigung der Ehrengarde und die Vorbereitungen für die Delegation, die zu der Bestattungsfeier des Sonnenhunds geschickt werden sollte, tat es gut, Hail mitzunehmen und für eine Weile fortzugehen, um allein zu sein. Die Abendsonne wärmte ihren Rücken, und die Beeren hingen reif von der Eberesche herab. Die Wassermassen der Meerenge wogten sanft gegen den Fels zu ihren Füßen. Wild wuchernde Weidenröschen verstreuten ihre Blütenblätter auf der Wasseroberfläche. Wenn Breaca die Augen zu Schlitzen verengte und auf das Wasser blickte - so wie jetzt -, bildeten die Strömung, die verstreuten Blütenblätter und das Spiegelbild der Ebereschenbeeren die Form eines Speeres, geschleudert gegen...
»Störe ich?«
»Nein. Ich habe auf dich gewartet.« Sie öffnete die Augen wieder. Caradoc stand ein paar Schritte von ihr entfernt, reisefertig. Sein Umhang war von dem Weiß der Ordovizer, so wie der des Kuriers, der auf dem Fähranleger wartete. Caradoc wirkte angespannt, ebenso angespannt und verkrampft, wie Venutios es gewesen war, ein Mann, der eine neue Bürde zu tragen hatte. Er hatte zwar kein Wort über die Natur der Nachricht verlauten lassen, die ihn fortrief, aber Breaca konnte sie erraten.
»Du reist zur Beisetzung deines Vaters?«, fragte sie. »Wollen die Ordovizer, dass du ihre Delegation anführst?«
Er nickte. »Ja, aber nicht sofort. Zuerst muss ich mich noch um etwas anderes kümmern.« Der Kurier auf dem Anleger wandte ihnen den Rücken zu, um sie nicht zu stören. Die Dringlichkeit der Lage zeigte sich aber dennoch in der Art, wie er dastand. Die Pferde tänzelten unruhig auf der Stelle, so dass ihr Geschirr in der Sonne aufblitzte. Caradoc blinzelte, geblendet von der plötzlichen Helligkeit. »Breaca, ich...«
»Du musst jetzt gehen, ich weiß. Wir scheinen uns immer an irgendwelchen Flussufern trennen zu müssen.« Sie lächelte. In all dem Chaos gab es doch einige Dinge, die einfach waren und wunderschön. »Vielleicht können wir das ja irgendwann mal korrigieren.«
Es war der Schmerz in seinen Augen, der sie warnte. Er war mehr als nur angespannt; er wirkte fast wieder so verstört und aus dem Gleichgewicht geworfen wie damals in den Eceni-Ländern, als sie am Tor zu den Pferdekoppeln gestanden hatten und sie sich geweigert hatte, ihre Brosche von ihm anzunehmen. Sie blickte ihm forschend ins Gesicht, suchte nach einem Grund und fand ihn doch nicht. Verwirrt fragte sie: »Habe ich mich so sehr verändert? Ich bin zwar jetzt ranghöchste Kriegerin, aber das habe ich wohl eher dem Zufall zu verdanken. Du hättest das Horn ebenfalls holen können, oder Gwyddhien hätte es tun können - sogar Braint, die das Zeug dazu hatte, blitzschnell zu schalten und loszurennen -, dann wäre ich jetzt in der Ehrengarde und würde einem von ihnen Treue schwören. Oder dir, wenn du bereit gewesen wärst, die Ordovizer zu Gunsten von Mona aufzugeben.«
Er war aber nicht dazu bereit gewesen; von
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