Die Herrin der Kelten
fühlte, wie er unter dem durchdringenden Blick dieser Augen federleicht wurde. Die geschminkten Lippen lächelten dünn. »Auch Wir wurden in genau diesem Land als Geisel gehalten, und zwar von Männern der Ersten und der Zwanzigsten. Mit der Zeit werden sie für ihre Kühnheit bezahlen, aber es hat immerhin einen Krieger aus Uns gemacht. Somit betrachten Wir deinen weiteren Weg mit Wohlwollen, denn im Gegensatz zu dir wissen Wir, dass der Dienst in den Armeen Roms die größte Ehre ist, die einem Mann überhaupt nur zuteil werden kann, und dass die Chancen, im Kampf Lob zu ernten, bald mannigfaltig sein werden. Diejenigen, die kämpfen, um Uns zu schützen, sind bereits für ihren Einsatz belohnt worden. Ich nehme an, du hast von dem gestrigen Geplänkel gehört...« Gaius legte eine Pause ein, um Bán Zeit zum Nicken zu lassen und um den anderen um ihn herum Gelegenheit zu geben, Gebärden der Ehrfurcht zu machen und milden Tadel darüber zu äußern, dass ihr Souverän zu bescheiden sei, wenn er einen solch großartigen Sieg auf ein Geplänkel reduzierte. Überall im Raum erhob sich zustimmendes Gemurmel von Männern, die ihr Leben in echten Schlachten aufs Spiel gesetzt hatten.
Der Kaiser hob eine Hand, um ihnen Schweigen zu gebieten. »Die Männer Unserer Leibgarde, die mit Uns von Rom hierher gereist sind, haben auf diese Weise ihren Mut bewiesen. Unsere germanische Gardekavalleriebrigade jedoch hat bisher noch keine Chance gehabt, das Gleiche zu tun, und ihre Enttäuschung lastet schwer auf Uns. Wir haben daher beschlossen, das wieder gutzumachen und dir die gleiche Chance zu geben.«
Er krümmte einen Finger. Der größere der beiden Gardekavalleristen trat vor. Er war einen Kopf größer als Bán, ein stämmiger Mann mit muskelbepackten Armen, die so dick waren wie die Schenkel des Jungen. Sein Schwert war doppelt so lang wie Báns Rumpf, die Klinge breiter als jede, die er je zuvor gesehen hatte. Der Mann stank nach Schweiß und Pferd und Haarfett, und wenn er grinste, so wie jetzt, waren seine Eckzähne zu sehen und die Lücke in seinem rechten Oberkiefer, wo ihm ein Backenzahn fehlte.
Der Kaiser nickte gnädig. Sein Blick war stechend, wie der einer Schlange. »Wir heißen bereits Germanicus, nach Unserem verehrten Vater«, sagte er zu Bán gewandt. »Es würde Uns außerordentlich freuen, wenn Wir auch noch Britannicus zu Unserem Namen hinzusetzen und dieses Gebiet dem Kaiserreich hinzufügen könnten, um auf diese Weise die Vision des vergötterten Julius, Unseres hoch geschätzten Vorfahren, wahr werden zu lassen. Unser Kommandant, Galba, ist der Überzeugung, dass Wir Unsere kampferprobten Legionen nicht eher vom Rhein zurückziehen dürfen, bis die feindlichen Stämme Großgermaniens unterjocht worden sind, und das bereitet mir großen Kummer, denn ohne die Legionen können Wir nicht hoffen, die noch wilderen Stämme auf der anderen Seite des Meeres zu besiegen. Deine Anwesenheit ist jedoch ein Geschenk des Schicksals, denn nun können Wir diese beiden Länder gegeneinander antreten lassen und sehen, welches von beiden als Sieger aus dem Kampf hervorgeht. Somit werden Wir die Götter und deine Tapferkeit über Unser weiteres Vorgehen bestimmen lassen. Wenn Unsere Kavalleriebrigade siegt, werden Wir wissen, dass Galba den Mut der germanischen Stämme richtig beurteilt hat, und Wir werden seine Entscheidung akzeptieren. Wenn aber du siegst, werden Wir das als Zeichen dafür ansehen, dass Uns das Glück bei unserem Bestreben hold ist, indem es Uns gezeigt hat, dass Britannien der Stärkere ist. In diesem Fall werden Wir Unsere Armeen in den Norden führen, um sie gegen den Ozean auszuspielen und gegen die barbarischen Stämme jenseits davon.«
Er sagte dies für die Schreiber, damit sie seine Worte für die Nachwelt festhalten konnten. Bán bemühte sich angestrengt, die Bedeutung hinter Gaius’ Worten zu erkennen; dann sah er Galba an und fühlte die Wogen kochenden Zorns, die von dem Mann ausstrahlten, und da wusste er, dass sich keine tiefere Bedeutung dahinter verbarg, sondern dass das, was er gehört hatte, auch genauso gemeint war.
Galba sagte: »Eure Majestät wollt einen halbwüchsigen Jungen gegen einen erwachsenen Mann antreten lassen? Einen Rekruten auf Probe gegen einen Offizier der Gardekavalleriebrigade?«
Er war ein überaus mutiger Mann. Andere hatten dafür sterben müssen, dass sie weitaus unbedeutendere Entscheidungen als diese anzuzweifeln gewagt hatten. Bán sah, wie die
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