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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sich unmöglich feststellen, warum der Junghengst so in Zorn geraten war, aber mit der Zeit und mit gutem Zureden und ohne Leute um ihn herum, die ihn schikanierten, hatte sich das Tier wieder beruhigt. Bán riskierte es, einen Hinterhuf des Pferdes hochzuheben, der ihm am Morgen heiß und entzündet erschienen war. An der Fußsohle in der Nähe der Gabel war ein Bluterguss zu erkennen. Bán zog das Hufmesser aus seinem Gürtel und schälte ein kleines Stückchen Horn ab. Rufus redete unentwegt weiter, erzählte irgendwelchen Unsinn über die Chatti, die Gardekavalleriebrigade und über Civilis, der jetzt anscheinend zum Befehlshaber über seine eigene batavische Kohorte ernannt werden sollte, und zwar auf Grund seiner »Dienste für den Kaiser«.
    Bán spuckte auf Krähes Fußsohle und rieb die Hornschicht mit seinem Daumen sauber. Der Bluterguss war älteren Datums und hatte sich schon fast aufgelöst, und von der heißen Stelle, die er am Morgen ertastet hatte, war jetzt nichts mehr zu spüren. Er ließ den Huf des Tieres los, richtete sich wieder auf und reckte sich, um seine verspannten Rückenmuskeln zu lockern. Krähe keilte prompt nach ihm aus, und er wich mit einem raschen Sprung zur Seite aus, ohne darüber nachzudenken. Es gehörte ganz einfach zu der Art hinzu, wie sie miteinander standen. Er sammelte das Hufmesser und die Kardätschen ein und machte sich dann zusammen mit Rufus wieder auf den Weg zurück zum Lager. Er war den Winter über noch ein Stück gewachsen und war jetzt fast so groß wie der Gallier. Als er nun neben ihm herging, freute er sich über den geringen Größenunterschied. Falls Rufus etwas davon bemerkte, so sagte er jedenfalls nichts, und sie überquerten den leeren Exerzierplatz in freundschaftlichem Schweigen.
     
    Es war noch nicht Abend. Die Sonne schien von Westen her und warf lange Schatten auf den festgestampften Erdboden. Bán drückte das Tor zum Lager auf und trat dann wieder einen Schritt zurück, um den Gallier als Ersten hineingehen zu lassen und um ihm dabei die Frage zu stellen, die ihm schon seit Beginn des kaiserlichen Inspektionsbesuchs unter den Nägeln brannte. »Glaubst du, wir werden in den Krieg ziehen? Perulla hat gesagt, er glaubt, es könnte diesen Sommer passieren; er hat gesagt, wenn Galba versprechen könnte, die Grenze gegen die Chatti zu sichern, dann würde Gaius eine Flotte bauen und nach Britannien seg...«
    Er hielt abrupt inne, weil Rufus stehen geblieben war, und dieser wiederum hatte angehalten, weil Perulla auf der anderen Seite des Tores wartete, zusammen mit Civilis und drei Mitgliedern der Kaiserlichen Gardekavalleriebrigade. Bán spürte Gereiztheit in sich aufsteigen.
    Perulla trat vor. Er hob seine rechte Hand in einer Ehrenbezeigung, aus der Bán nicht so recht schlau wurde.
    »Bán, Sohn von Eburovic? Geisel von den Eceni?«
    Bán fühlte, wie ihm vor Überraschung die Luft wegblieb. Keiner hatte ihn mehr so angeredet, seit er Cunobelins Residenz verlassen hatte, und schon gar nicht auf Lateinisch. Rufus stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Bán nickte stumm. Seine Stimme wollte ihm nicht mehr gehorchen.
    »Du sollst vor dem Kaiser erscheinen.«
    »Jetzt?«
    »Sofort.«
    Die Gardekavalleristen flankierten ihn. Jetzt kam er sich plötzlich gar nicht mehr so groß vor.
    Bis zu diesem Moment hatte er immer geglaubt, Amminios’ neues Badehaus sei der Inbegriff römischen Gepränges gewesen. Dann trat er durch die Tür von Galbas Hauptquartier in Moguntiacum, und seine Erinnerungen zerfielen zu Staub. Er marschierte breite, luftige Korridore entlang, vorbei an makellosem Marmor und seidig glattem Verputz, die Böden mit schwungvollen, lyrisch anmutenden Mosaiken geschmückt. Amminios hatte sein Möglichstes getan, um die Kultur seiner Wahlheimat nachzuahmen, und hatte dabei doch so kläglich versagt. Er hatte danach gestrebt, seinen Reichtum zur Schau zu stellen, und hatte mit seiner Protzerei stattdessen seinen Mangel an Geschmack offenbart. Hier, in Galbas Villa, war Zurückhaltung alles, geprägt von einem grenzenlosen Reichtum. Er zeigte sich in jeder perfekten Linie und jedem anmutigen Bogen, in den Marmorbüsten der Vorfahren, die in ihren Nischen standen, und in der einzelnen Bronzestatue eines springenden Athleten. Farbe war mit unaufdringlicher Eleganz eingesetzt worden; die Mosaiken auf den Fußböden bestanden aus einem ineinander fließenden Gemisch von Blau- und Grautönen und verschiedenen Nuancen von Türkisgrün, so dass Bán

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