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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sämtlichen Feldern im Umkreis von einem Tagesritt benötigt worden. Die Dachdecker hatten drei Monate ohne Unterbrechung daran gearbeitet, während unter ihnen ganze Kolonnen von Holzschnitzern damit beschäftigt gewesen waren, den Traumerscheinungen der Menschen Gestalt zu verleihen und die Bilder von Pferd und Hase, Bär und Keiler, Krähe, Adler und Zaunkönig in die Stützbalken und die dicken Türpfosten aus Eiche einzuschnitzen.
    Die Wirkung war geradezu märchenhaft. Als Bán jetzt hinter Macha das Haus betrat, erhellt von drei Feuern, die ihr Licht bis in die fernsten Ecken und Winkel warfen, hatte er das Gefühl, von den zum Leben erwachten Traumbildern seines Volkes umgeben zu sein. Dann sah er die Wandbehänge, und diese übertrafen sogar noch seine kühnsten Träume. Auf jeder Oberfläche rannten Wölfe mit Hasen, flogen Habichte mit Schwänen, sprangen Rehe und Hirsche hoch über Schlangen hinweg. Und es gab so unendlich viele Pferde; wohin er auch blickte, überall sah Bán prachtvolle, täuschend lebendig wirkende Pferde - Pferde, die an ihm vorbeigaloppierten, Pferde, die neben ihm herliefen, Pferde, die direkt auf ihn zugestürmt kamen. Er blieb abrupt stehen, völlig verwirrt und unfähig, den überwältigenden Anblick in sich aufzunehmen.
    Macha ließ ihr Bündel neben dem ersten der Feuer auf den Boden fallen und kam zurück, um sich neben ihn zu knien. Sie legte ihm eine Hand auf die Stirn und blickte ihm forschend in die Augen. »Bán? Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja.« Er holte tief Luft und zwang sich, seine Mutter anzusehen und nicht die Bilder. »Es ist nur der Geruch. Das Kiefernholz und die Binsen und der Rauch riechen so intensiv, dass mir plötzlich ganz schwindelig davon wurde.«
    Auch das stimmte. Er ging auf einer Schicht frischer Binsen, so dick auf dem Boden ausgestreut, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Das Gefühl des weichen Binsenteppichs unter den Füßen zeugte von Luxus und der Nähe der Geweihten. Der Geruch von frisch geschlagenem Kiefernholz war zwar nicht neu für ihn, aber er hatte ihn nie mit der Tätigkeit der Träumer assoziiert und auch noch nie zuvor so stark wahrgenommen.
    »Es ist das Harz für die Fackeln«, erklärte Macha. Sie stand auf und nahm Bán bei der Hand. »Wir mischen es mit Talg und Kiefernnadeln, um eine Paste daraus zu machen, und dann streichen wir sie auf die Kiefernäste. Auf diese Weise brennen sie besser und länger und halten bis zum Morgen. Es ist eines der Geheimnisse der Versammlung. Komm mit und sieh es dir an.« Sie führte ihn zum nächsten Feuer. Auf einem Gestell über den Flammen stand ein Topf, in dem ein rotblonder Träumer rührte. Die Luft war so stark von dem Dampf durchtränkt, dass Bán alles vor den Augen verschwamm.
    Macha sagte: »Bán, dies ist Efnís, der zu den Eceni gehört, die oben im Norden am Wash leben. Er ist dafür zuständig, das Harz zu mischen. Efnís, dies ist mein Sohn Bán. Er ist gekommen, um dir mit den Fackeln zu helfen.«
    Der Träumer blickte flüchtig auf. Er war ein ziemlich junger Mann, nicht viel älter als Breaca, mit einem angespannten, besorgten Gesichtsausdruck und Augen, die in den äußeren Winkeln schräg nach unten verliefen. »Danke.« Er nickte abgelenkt, mit seinen Gedanken offensichtlich ganz woanders. Nach einem Moment fragte er Bán: »Hast du ein Messer?«
    »Natürlich.« Das Messer, das er in seinem Gürtel trug, war klein, kürzer als Breacas, aber genauso scharf.
    »Gut. Von den Kiefernästen, die deine Mutter mitgebracht hat, müssen die Seitenzweige sauber abgeschnitten werden, damit wir Fackeln daraus machen können. Kannst du das übernehmen?«
    »Ja.« Bán sagte es hastig, weil er gerne bleiben wollte. Er war noch nie am Wash gewesen, aber er hatte gehört, dass es an dem Meerbusen oben im Norden nur sehr mageres Weideland gab und kaum jagdbares Wild und dass sich die Menschen den Winter über von getrocknetem Seetang und Algen ernährten. Während der ganzen drei Tage des Pferdemarktes hatte er versucht, jemanden zu finden, den er über all das ausfragen konnte, ohne kränkend zu sein, aber bisher war seine Suche vergeblich gewesen. Die Götter hatten ihn ganz zweifellos hierher geschickt, damit er endlich die Antworten auf seine Fragen fand. Er ließ sich auf der anderen Seite des Feuers nieder und blickte fragend zu Macha auf. Sie zog eine Braue hoch und nickte dann zustimmend. Er fühlte, wie sie ihm flüchtig ihre Hand auf die Schulter legte und ihm einen

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