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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Türschwelle: Schweigend warteten die zwölf Eceni-Frauen im gebärfähigen Alter, und jede von ihnen trug eine Fackel, um mit dieser Geste symbolisch Breacas innere Finsternis zu erleuchten. Jede Einzelne von ihnen war auf die gleiche Art und Weise gekleidet und mit Federn behangen wie Macha, und die Sorgfalt, die sich in ihrer festlichen Aufmachung präsentierte, zeugte von einer langen Nacht der Vorbereitung. Tränen der Rührung stiegen in Breacas Augen auf.
    Am Kopf der Schlange stand die ältere Großmutter. Ein Fuchspelz hing einem Umhang gleich über ihren Rücken hinab, beschwert durch kleine Stückchen reinen Goldes und mit Adlerfedern geschmückt. Auf ihren Schultern ruhten die beiden Schwingen einer Krähe, deren Spitzen sich auf ihrem Brustbein trafen. Das war zugleich auch der Grund, weshalb sie die ältere Großmutter war und weshalb sie schon so lange lebte: Sie wurde in ihren Visionen sowohl von dem Fuchs und dem Adler als auch von der Krähe begleitet, wenngleich sie diese Tatsachen bei Uneinigkeiten nur selten in die Waagschale warf. Dennoch war es nicht ihr Werk gewesen, sich so festlich zu kleiden, hatte sie nicht eigenhändig die kleinen, abgerundeten Federn vom Rücken des Adlers mit dieser Präzision in ihr Haar geflochten, hatte sie nicht selbst ihre Tunika gewaschen und sie anschließend zum Trocknen in den heiligen Rauch gehängt. Über den Zeitraum von drei Jahren war Breaca diejenige gewesen, die die ältere Großmutter angekleidet hatte. Sie wusste, wo der Fuchspelz aufbewahrt wurde und wie die Krähenschwingen aufzulegen waren, wie sie auf den spitzen Schulterknochen der Großmutter ausbalanciert werden mussten, um damit zugleich das Gewicht des Pelzes, der den Rücken hinabfloss, auszugleichen; wie sie in der richtigen Position zu fixieren waren, damit sich die Spitzen der Krähenflügel genau in der Mitte ihrer Brust trafen. Mit einem Schlag verstand Breaca plötzlich, dass Airmid mit diesem Werk ein Geschenk an sie beide - die ältere Großmutter und sie, Breaca - erbracht hatte und dass schon sehr bald diese Pflicht auf wieder eine andere übergehen würde. Wieder einmal suchte der kalte Stich der Angst und des Kummers sich zwischen ihren Schultern hindurchzubohren, sich in ihr Innerstes hineinzuzwängen, ihr ihre Lebenswärme zu entziehen. Breaca streckte die Hand aus, um den mageren Arm der Großmutter zu berühren, der die Fackel hielt.
    »Wieso habe ich nicht gewusst, dass du hier sein würdest?«
    »Weil ich dafür gesorgt habe, dass du das nicht ahnen konntest. Keine Frau erwartet dies jemals, und es verlangt auch niemand von ihr. Es ist nicht wichtig. Das Einzige, was zählt, ist, dass du an diesem Morgen als ein Kind hinausziehst und in drei Tagen als Frau zurückkehren wirst.«
    Sie war sehr freundlich, was für gewöhnlich nicht die Art der älteren Großmutter war. Breaca trat noch ein wenig näher, zögernd und voller Angst, sie zu umarmen, und zugleich geängstigt von dem Gedanken, es nicht zu tun. Bei ihrer Bewegung flackerte die Fackel auf. Das Licht der Flammen spiegelte sich in den milchweißen Augen der alten Frau wider, die ruhig in Breacas Augen blickten und damit deren Seele bloßlegten. Der Schmerz war zu groß, und Breaca wandte hastig den Blick ab. Die Federbüschel, die auf Höhe der Schläfen in das Haar der Großmutter geflochten waren, hingen in perfekter Symmetrie zu beiden Seiten der runzligen alten Wangen herab. Die Bänder, die sie zusammenhielten, waren rot, schwarz und golden und zu Mustern geflochten, die der Federzeichnung des Adlers entsprachen. Breaca nahm sich die Freiheit heraus, eines dieser geflochtenen Bänder ganz zart zu berühren. Es wirbelte herum, als hätte sie dagegengepustet.
    »Das alles hätte ich für dich tun sollen.«
    »Nein.« Die Gesichtshaut der Großmutter spannte sich zu einem Lächeln. »Du hattest wichtigere Dinge zu tun. Und Airmid ebenfalls. Sie hat sich um deinen Bruder gekümmert.«
    »Wie bitte?« Breaca starrte die Großmutter verdutzt an und fragte sich, ob diese nun endgültig den Verstand verlor. Sie konnte sich einfach keinen Grund vorstellen, weshalb Bán sich in die Nähe von Airmid begeben sollte, wenn er es nicht unbedingt musste. Plötzlich aber fiel ihr die Antwort ein. »Hail?«, fragte sie. »Ist Hail krank?«
    »Er wird am Leben bleiben. Und vielleicht gerade deshalb wurde dir ein Geschenk gesandt.« Sie drückte Breaca einen kleinen Gegenstand in die Hand. »Dies ist von deinem Bruder und seinem

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