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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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etwas ist nicht jedem vergönnt.« Airmid hatte eine andere Flasche von dem Bord genommen und mischte jetzt verschiedene Zutaten in einem Trinkbecher zusammen, die sie über dem Feuer erwärmte. Bán roch Wermut und Honig, bitter und süß. Die bloße Erinnerung daran machte ihn schläfrig.
    »Aber sie wünscht sich eine. Sie hat sich schon immer eine Vision gewünscht. Aus diesem Grund...« Er brach abrupt ab und biss sich auf die Zunge. Er hatte sagen wollen: Aus diesem Grund ist sie mit dir befreundet, weil du gleich nach Macha und der Großmutter die mächtigsten Visionen hast. Gestern war er noch davon überzeugt gewesen. Heute war er sich nicht mehr so sicher, ob das wirklich der Grund war. Stattdessen sagte er: »Aus diesem Grund hat sie auch seit dem letzten Sommer so angestrengt nach dem richtigen Ort zum Träumen gesucht.«
    »So, so.« In ihrer Stimme schwang wieder diese Spur von Ironie mit, vor der er sich früher, bevor Hail krank geworden war, so gefürchtet hatte. Sie setzte sich neben ihn, den Becher in den Händen. »Hier. Das wird dir helfen, bis zum Morgen durchzuschlafen.« Er kannte den Geruch und wusste, dass es stimmte. Doch er wollte die Flüssigkeit nicht trinken.
    »Wenn ich schlafe, wirst du dann hinausgehen, um Breaca zu treffen?«
    »Schon möglich.«
    »Dann warte. Ich habe da etwas für sie, und ich möchte, dass du es ihr gibst.«
    Er hatte ein spezielles Versteck auf der gegenüberliegenden Seite der Hütte hinter dem Feuer, wo er besondere Dinge aufbewahrte. Er fand den Ort durch Tasten und griff in den geheimsten Winkel hinein, um den kleinen Gegenstand hervorzuholen, den er dort verborgen hatte. Er hielt ihn Airmid hin.
    »Das hier ist für Breaca. Hail hat es auf der anderen Seite der Pferdekoppeln gefunden, jenseits des Feldes, wo Camma und Nemma ihre Gerste angebaut haben. Ich glaube, es wird Breaca beim Träumen helfen.«
    »Meinst du?« Jetzt machte Airmid sich nicht mehr über ihn lustig. Das Ding glitt von seiner Handfläche in die ihre, und sie hielt es hoch, um es richtig erkennen zu können. Das Licht des Feuers tanzte über die glatte Oberfläche und ließ die Kanten weich und rund erscheinen. Airmid machte ein nachdenkliches Gesicht. Sie schürzte die Lippen und nickte langsam. »Weißt du, was das ist?«
    »Macha sagt, es ist eine Speerspitze, die noch von den Ahnen stammt. Sie fertigten ihre Speerspitzen aus Stein an und benutzten sie für die Jagd, weil sie damals noch kein Eisen kannten. Siehst du…« Er kniete jetzt neben Airmid, damit sie die Speerspitze gemeinsam begutachten konnten. »Wenn du sie von dieser Seite aus betrachtest, kannst du die Einkerbung erkennen, wo sie sie kreuzweise am Speerschaft festgebunden haben. Es war sicherlich kein großer Jagdspeer, nicht für einen Keiler oder einen Bären, aber möglicherweise konnten sie Hasen damit erlegen, oder, wenn sie Glück hatten, auch ein Reh.«
    »Oder auch einen Menschen?«
    Daran hatte er noch gar nicht gedacht. »Vielleicht.« Er lehnte sich auf die Fersen zurück. Plötzlich beschlichen ihn Zweifel, die er vorher noch nicht gehabt hatte, doch der erste Impuls war so stark gewesen, dass er nicht bereit war, so einfach davon zu lassen. »Ich glaube trotzdem, dass Breaca sie haben sollte«, erklärte er.
    Airmid schloss ihre Hand und schob die steinerne Speerspitze in ihre Tunika, so dass die Form eine kleine Ausbuchtung über ihrem Gürtel bildete. »In Ordnung. Wir beide werden eine Vereinbarung treffen. Wenn du den Becher ganz austrinkst, bis auf den Bodensatz, werde ich Breaca dein Geschenk geben. Falls du zufällig aufwachst, nachdem ich fortgegangen bin, wirst du nicht eher den Kopf zur Tür hinausstecken, bis die Sonnenstrahlen das Rundhaus berühren. Das ist mein Angebot. Nimmst du es an?«
    Es war eine lange Zeit, um in der Hütte vergraben zu bleiben, weit über den Zeitpunkt hinaus, an dem er normalerweise aufstand, aber Bán griff bereitwillig nach dem Becher; es kam ihm gar nicht in den Sinn, es nicht zu tun. Der Geschmack war bitterer, als er ihn von den Malen her in Erinnerung hatte, die seine Mutter den Schlaftrunk gemacht hatte, so als ob Airmid nicht mehr genügend Honig gehabt hätte. Dennoch breitete sich die Wärme von seiner Kehle und seinem Magen rasch durch seinen ganzen Körper aus und ließ alles prickeln. Als er die Flüssigkeit bis auf den Bodensatz getrunken hatte, hatte sich das Prickeln in eine schläfrige Benommenheit verwandelt, und in seinen Gliedern breitete sich ein

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