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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nicht?«
    »Gewiss«, lächelte sie ihn süßlich an. »Sie sind ständig im Fluss, Euer Gnaden. Niemand weiß, was morgen kommt.«
    »Ich bin immer der Stärkere«, knurrte Berengar, woraufhin Marocia erneut einen perfekten Knicks vollführte, von dem sie sich erst wieder aufrichtete, als der König endlich in Richtung der Pforte weitergegangen war.
    »
Confitebor tibi domine in toto corde meo . . .«
Feiern will ich den Herrn aus ganzem Herzen, schmetterte der Mönchschor durch die Gewölbe der Basilika, und so hörte niemand außer Marocia selbst, dass Lando ihr im Vorbeigehen fünf Worte zuraunte: »Morgen Nachmittag, auf dem Pincius.«

    Der antike Patrizier Lucullus hatte auf dem pincischen Hügel einst seine berühmten Gärten angelegt, die so schön waren, dass eine Kaiserin sie unbedingt besitzen wollte – und Lucullus daher umbringen ließ. Heute war die frühere Pracht nur zu ahnen. Einige verknöcherte Eichen mochten noch von den Gärtnern des Lucullus gepflanzt worden sein, aber aus den geometrischen Beeten waren bunt blühende Wiesen geworden und aus einzelnen Büschen undurchdringliche Hecken.
    Marocia trauerte der geordneten Strenge nicht nach, für sie war der Hügel, über den sie heute zum ersten Mal spazierte, ein Zaubergarten, ja ein Garten Eden. Sie streifte mit den Händen über die orange und gelb erblühten Wildrosen und fing ihren schweren Duft ein. Um sie herum war Stille. Die Vögel waren unter der Last der Sommerhitze verstummt, nur die Zikaden sangen unermüdlich ihr Lied.
    Sie ging weiter durch das kniehohe Gras. Plötzlich lag Lando vor ihr auf der Wiese, nur wenige Schritte entfernt, und blickte in den wolkenlosen Himmel. Er hatte sich in diesen Jahren nicht verändert, überhaupt nicht. Seine dunklen Haare fielen ihm noch immer frech in die Stirn, seine Augen leuchteten wie geschliffener grüner Marmor, seine Haut war glatt und braun und sein Körper schlank und doch kraftvoll. Durch die enge Kleidung zeichneten sich Muskeln und Sehnen ab. Die jugendliche Weichheit, die er mit neunzehn Jahren noch ausgestrahlt hatte, war einem entschlossenen Ausdruck gewichen.
    »Was überlegst du?«, fragte sie und blickte auf ihn herunter. Ihre Begrüßung erweckte den Anschein, sie seien Vertraute und hätten erst vor wenigen Momenten miteinander gesprochen. Tatsächlich war seit ihrer letzten Begegnung im Lateran ungeheuer viel geschehen, und sie kannten sich nicht besser als damals.
    Ihm jedoch schien ihre intime Ansprache zu gefallen, denn er streckte die Arme über den Kopf und lächelte. »Ein Vögelchen hat mir schon vor einigen Jahren gezwitschert, dass du gerne dem Zirpen der Zikaden lauschst, und ich habe gerade festgestellt, dass es mir auch gefällt.«
    »Du spionierst mir nach?«
    »Unentwegt«, gestand er. »Ich will wissen, wie es dir geht.«
    »Ich hasse es, überwacht zu werden.« Sie nahm eine Hand voll Gras und warf es auf Landos Gesicht.
    Er pustete es weg und lachte. »Du wirst mir deswegen nicht böse sein.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es einfach.«
    »Steh auf«, bat sie. »So kann ich nicht mit dir reden.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es sich nicht gehört. Wie dieses ganze Treffen.«
    »Du hast eine sehr eigene Vorstellung davon, was sich gehört und was nicht. Ich erinnere mich an eine junge Dame, die mitten in der Nacht zu meinem Gemach gekommen ist . . .«
    »Stehst du nun endlich auf?«
    Er knickte einen langen Grashalm um und strich sich mit der Ähre die eigene Brust auf und ab. Sein Hemd stand bis zum Bauchnabel offen. Er grinste: »Nein.«
    Marocia zögerte einen Moment, dann wandte sie sich ab, um davonzugehen. Doch Lando ergriff einen ihrer Fußknöchel und brachte sie zum Straucheln. Dann warf er sich mit einem langen Satz neben sie ins Gras. Erneut bewarf sie ihn mit dem nächstbesten Grün, das ihr gerade in die Finger kam. »Was fällt dir ein?«
    »Gib es zu, du bist froh, dass wir jetzt nebeneinander liegen. Ich habe die Dinge also nur ein wenig beschleunigt.«
    »Deine Eitelkeit ist wohl dein großer Fehler, nicht wahr?«
    »Und übermäßiger Stolz der deine. Aber es gibt angenehmere Gesprächsstoffe als unsere Schwächen.« Er sah sie an, und Marocia fühlte, dass er keinen anderen Menschen je so angeblickt hatte. Er legte seine Hände schützend um ihr Gesicht, und sie ließ es geschehen, dass er wie ein Blinder jeden ihrer Züge ertastete. Langsam und zärtlich strichen seine Finger über ihre Haut, dann öffnete er seine Lippen, um

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