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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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auf einigen von ihnen und fragte danach.
    »Pech«, antwortete einer. »Sie füllen es in die Mulden der Katapulte und schleudern es auf die Burg. Und dann schießen sie Brandpfeile.«
    Marocia schüttelte bestürzt den Kopf. Doch der Soldat lächelte sie mit weißen Zähnen im dunkel verschmierten Gesicht an. »Keine Sorge, wir halten stand. Die sind zwar hinterhältig, aber nicht sehr geschickt, ein kopfloser Haufen, bei dem die einen nicht wissen, was die anderen tun. Aber wir – wir haben Fürst Lando.«
    Marocia nickte dem Soldaten stolz und dankbar zu. Dann nahm sie Suidger zur Seite und flüsterte: »Bei Gott, ich wünschte, ich wäre ein Mann und könnte an der Seite Landos und dieser Soldaten kämpfen.«
    Ihr langjähriger Weggefährte und Freund wiegte bedächtig den Kopf. »Bedenkt bitte – wärt Ihr ein Mann, würde Fürst Lando Euch wohl kaum geehelicht haben.« Suidger schmunzelte, und Marocia antwortete ihm ebenso. Er wollte sie aufheitern. Es war seine Art, sich nützlich zu machen, und sie war ihm dankbar dafür.
    In diesem Moment kam eine weitere Gruppe Soldaten herein. Sie trugen einen Kameraden in ihrer Mitte, und gerade als Marocia helfend herantreten wollte, blickte einer der Männer sie an und sagte: »Es ist der Fürst. Er ist . . .« Er unterbrach sich.
    Ohne noch etwas zu sagen, legte er Lando vor Marocia ab. Landos Augen waren geschlossen, sein Mund leicht geöffnet, so als habe er eben noch etwas geflüstert. Marocia sackte neben ihm zusammen. Sie presste die zitternde Hand vor den Mund, ließ sie wieder sinken, berührte Lando. Mehrmals zuckte sie leicht zusammen, dann hob sie seinen Kopf ein wenig an, um ihn auf ihre Schenkel zu betten. Die Haare klebten vom Blut, sie bedeckten eine klaffende Wunde am Hinterkopf. »Liebster«, hauchte Marocia. »Liebster, steh auf.«
    Lando sah aus, als würde er im nächsten Moment die Augen aufschlagen und wieder auf die Mauern steigen. Aber er stand nicht auf. Regungslos wie eine Puppe lag er in ihren Armen.
    »Ich bin es, deine Katze. Du spürst mich doch, nicht wahr? Bitte, steh jetzt auf. Wir . . . wir brauchen dich doch und . . . Ich brauche dich. Bitte Liebster, denk . . . an unsere erste Begegnung, an den pincischen Hügel, an unsere Ausritte in Capua . . . Du musst doch wissen, wie sehr ich dich liebe, wie sehr ich . . .« Ihre Worte vergingen im Schluchzen, das lauter wurde und jeden in der Kapelle berührte. Alle schwiegen, keiner regte sich.
    Suidger gab den Männern ein Zeichen, nach und nach verließen alle mit gesenkten Köpfen die Kapelle, bis nur noch Blanca übrig blieb. Sie umarmte Marocia, wiegte sie wie ein Kind.
    »Blanca«, weinte Marocia. »Blanca, er hat mich verlassen, er hat . . . o mein Gott.« Nun brachen alle Wälle und Mauern, die Marocia in ihrem Leben um sich errichtet hatte. Jede Hemmung, jede Beherrschung war fortgespült von ihrer Verzweiflung, und sie schrie und weinte, immer wieder und wieder, als ließe sie den Schmerz von Jahrzehnten aus sich heraus, als weinte sie um ihr ganzes Leben.
    Irgendwann war sie so kraftlos, dass sie nicht mehr weinen konnte. Sie sah Blanca an. »Das Letzte, was wir zusammen getan haben«, hauchte sie, »war zu streiten. Ist das nicht verrückt? Wir haben sonst nie gestritten, nie. Und nun . . .« Sie stockte, beugte sich über den Geliebten und streichelte sein Gesicht. »Nun habe ich nicht einmal die Gelegenheit, ihn um Verzeihung zu bitten.«
    Blanca schwieg. Auch sie schickte sich jetzt an, die Kapelle zu verlassen, um Marocia eine letzte stille Stunde mit ihrem Geliebten zu schenken. Doch an der Tür holte sie der Ruf ihrer Schwester ein, die von einer neuen, unheimlichen Kraft erfüllt war.
    »Bei Gott, dafür wird er zahlen!«, hallte es zu dem heiligen Gewölbe hinauf. »Wenn Crescentius überhaupt je mein Sohn war – von heute an ist er es nicht mehr.«

43
    Zwei Wochen lang rannten die Aufständischen in unregelmäßigen Abständen gegen die Engelsburg an. Mal schmetterten Tage und Nächte hindurch Gesteinsbrocken gegen die Mauern, und Pfeile schwirrten bis zur Terrasse hinauf. Dann wieder blieb es ruhig. Doch der nächste Ansturm ließ nie lange auf sich warten.
    Keine einzige Nachricht drang in dieser Zeit in das Kastell hinein. Waren die Byzantiner vorgerückt? Standen sie vielleicht schon kurz vor Rom? Und wo blieb Kaiser Otto? Marocia gestand es sich nicht gern ein, aber so manches Mal in diesen Tagen gingen ihre Gedanken auch zu Octavian, und sie hoffte, dass ihm in

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