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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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rötliche Mond nur mit einem Angesicht.
    Was also quälst du deinen Verstand
    verbissen mit einem einzigen Plan?

Warum wollen wir nicht einfach unter der Platane liegen,
    unbeschwert und von Rosenduft berauscht?
    Was jagen wir denn so vielem hinterher,
    wechseln in Länder, die glühen von anderen Sonnen?
    Danach schwieg er, den Kopf an Ganymeds Schulter gelehnt.
    Es gab Augenblicke in Ganymeds Leben, Augenblicke wie diesen, in denen er anfing, Octavian zu mögen, mehr noch, zu lieben. Am Anfang war der junge Adlige nur ein Auftrag für ihn gewesen, dann, als die Beziehung sich hinzog, hinziehen musste, empfand er ihn als Schwächling und künstlerischen Schwärmer, aber in letzter Zeit war er sich seiner eigenen Gefühle nicht mehr sicher. Im Transtiberim hatte er ja nur kurzlebige Affären gehabt, die häufig nur eine Stunde, bestenfalls einen Monat dauerten. Zum ersten Mal überhaupt war Ganymed gezwungen, Jahre mit einem anderen Mann zusammenzubleiben, Jahre, die – ob er wollte oder nicht – ganz von selbst Tiefe mit sich brachten. Was hätte er sich noch vor nicht allzu langer Zeit aus einem Ritt zur Villa des Horaz gemacht, aus einem Fangspiel, einem Gedicht, einem Vogel, der nur wenige Schritte von ihnen entfernt ein Lied zwitscherte? Und jetzt erlebte er das alles als einen der schönsten Tage seines Lebens.
    Umso mehr hasste er sich für das, was er nun im Auftrag von Crescentius tun musste. Oh, hundert Mal schon hatte er hin und her überlegt, ob er sich nicht einfach weigern solle, ob er Octavian nicht alles gestehen und sich seinem Schutz unterstellen solle. Aber würde Octavian ihm vergeben? Und was, wenn Crescentius am Ende doch noch gewann? Er war nicht untätig geblieben, machte heimlich Propaganda gegen die Deutschen. Beim Adel stieß er damit zwar auf taube Ohren, denn die Pfründen des Kaisers waren erheblich, aber bei einem Teil des einfachen Volks sammelte er damit Sympathien, so viel bekam Ganymed mit.
    Im Zuge des vereinten Kaiserreiches kamen immer mehr deutsche Kaufleute nach Rom und in die Gregorstadt am Meer. Sie eröffneten Kontore, waren oft besser organisiert als die einheimischen Händler und bedeuteten eine ernst zu nehmende Konkurrenz für den Orienthandel. Die alten Vorurteile und Aversionen gegen die germanischen Völkerschaften wurden rasch wieder ausgegraben und machten die Runde: Sie seien kulturlos und von niederem Charakter, sie brächten nur verderbliches Blut in die Wiege der Zivilisation. Ganymed verstand von diesen Dingen nichts, aber eines spürte er deutlich, der Unmut wuchs, verborgen zwar, aber umso wuchtiger würde er eines Tages ausbrechen. Wenn er und Octavian sich gegen Crescentius stellen würden, könnte ihrer beider Leben schon bald nichts mehr wert sein.
    »Ich . . . muss dir etwas sagen«, hauchte Ganymed zögernd in die Idylle hinein. »Es hat mit dem Kaiser zu tun.«
    Octavian richtete sich aus seiner verträumten Ruhelage auf.
    »Mit Otto?«, fragte er erstaunt.
    »Ein . . . ein Freund von mir hat neulich eine Nacht im Hause des kaiserlichen Botschafters verbracht, du weißt schon, warum . . . das Übliche eben. Und dabei hat er ein Gespräch zwischen Suidger und dem Botschafter belauscht. Es scheint so, als ob der Kaiser dich beiseite schaffen will – wegen deiner Lebensweise und weil er lieber einen Deutschen als Papst hätte.«
    Octavians Mund stand weit offen. »Das ist ja unfassbar. Beiseite schaffen, sagst du? Aber wie? Und wann?«
    »Das hat mein Freund nicht hören können. Es kann jeden Tag passieren.«
    Octavian vergrub sein Gesicht in den zarten Händen, dann rieb er sich die Augen und fuhr sich anschließend durch seine glänzenden schwarzen Haare. »Ich muss Großmutter um Hilfe bitten.«
    »Besser nicht«, empfahl Ganymed.
    »Warum? Sie würde niemals zulassen, dass mir etwas geschieht.«
    »Nicht absichtlich«, schränkte Ganymed ein. »Aber ihre Neigung zu den Deutschen macht sie blind für einige Vorgänge. Sie würde meinem Bericht nicht glauben. Besser, du wendest dich an jemanden, der den Willen und die Mittel hat, dich vor den Deutschen zu schützen.«
    »Aber wer könnte das sein?«
    Ganymed täuschte ein Grübeln vor, bevor er sagte: »Mir fällt nur Crescentius ein.«
    Als er diesen Namen hörte, zuckte Octavian zusammen. Er mochte ja nichts von Politik verstehen, und er hatte sich selbst schon vor langer Zeit eingestanden, dass er die Winkelzüge und Rösselsprünge der Diplomatie nie würde durchschauen können, aber so viel

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